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Sylvia Pantel: "Ungeborenes Leben hat einen Anspruch auf Schutz"

Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sichern, reproduktive Gerechtigkeit

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Linkspartei ruft heute mit ihrem Antrag wieder das Them1a Schwangerschaftsabbrüche auf den Plan, nicht etwa das, worüber Sie hier gerade philosophiert haben. Ihre Politik ist auch in diesem Bereich von skandalisierenden und undifferenzierten Anträgen geprägt.

(Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Das müssen Sie sagen!)

Im Februar 2018 brachte Die Linke einen Gesetzentwurf ein, mit dem das Werbeverbot für Abtreibungen aufgehoben werden sollte und in dem die Streichung von § 219a Strafgesetzbuch gefordert wurde.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Längst überfällig! Längst überfällig!)

– Ich habe Ihnen eben zugehört. Tun Sie das doch auch einfach!

Dann folgte im April 2020 ein Antrag der Linkspartei, der Schwangerschaftskonfliktberatungen während der Coronapandemie gesetzlich aussetzen und damit überflüssig machen wollte. Die Linke forderte dann die vollständige Streichung des § 218 – § 218a, b und c – und die Streichung von § 219 – § 219a und b – Strafgesetzbuch.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die CDU/CSU steht aber ganz klar fest: Ungeborenes Leben hat wie alle Menschen einen Anspruch auf Schutz. Das Recht auf Leben steht für uns zu keiner Zeit zur Disposition.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb haben wir auch die Abschaffung des § 219a Strafgesetzbuch im Koalitionsvertrag mit der SPD nicht vereinbart. Das war und ist mit uns auch in Zukunft nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ungeborenes Leben, ungeborene Kinder sind durch das Grundgesetz – direkt zu Beginn – in Artikel 1 und 2 geschützt. Das Grundgesetz untersagt dem Staat erstens unmittelbare Eingriffe in das menschliche Leben. Zweitens wird der Staat dazu verpflichtet, sich schützend und fördernd vor jedes menschliche Leben zu stellen. Jeder ungeborene Mensch ist bereits Träger von Grundrechten. Eine Verletzung seiner Menschenwürde aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz kann verfassungsrechtlich mit uns nicht gemacht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Linkspartei stellt sich mit ihrem heutigen Antrag wieder einmal gegen unsere Verfassungsordnung und kündigt die Fristenlösung auf. Sie fordert einen völlig deregulierten Abtreibungsmarkt, diesmal unter dem Etikett „körperliche und sexuelle Selbstbestimmung“. Selbstbestimmung ist kein bloßes Recht zur Durchsetzung von Eigeninteressen, sondern Selbstbestimmung findet ihre Grenzen dort, wo das vermeintliche Recht des einen die Würde des anderen verletzt. Die Achtung der Menschenwürde des anderen gehört zu den grundlegenden Werten unseres Menschenbildes und ganz grundlegend zu unserer liberalen Rechtskultur.

Die Linkspartei aber will Schwangerschaftsabbrüche verharmlosend wie jede andere medizinische Leistung behandeln und anbieten. Dabei verkennen Sie vollkommen, was hinter einer so weitreichenden und tiefgreifenden Entscheidung steht. Sie verkennen die Sorgen und Nöte der Frauen und den Druck, den mitunter und nicht selten Eltern oder Partner auf die Frauen ausüben.

Gerade in dieser schwierigen familiären und persönlichen Ausnahmesituation hilft die Schwangerschaftskonfliktberatung. Hier werden schwangere Frauen in ihren persönlichen Entscheidungsfindungen unterstützt – ohne Druck in die eine oder andere Richtung. Alle Fragen, ob zu Gesundheit, Arbeitssituation, Familie, oder auch persönlichen Problemen können hier besprochen und erklärt werden. So können Frauen ihre persönlichen Entscheidungen überlegt für sich und ihr Kind treffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In Deutschland gibt es offiziell derzeit jährlich etwa 100 000 Schwangerschaftsabbrüche. Im Jahr 2001 gab es noch einen Höchststand von 135 000 Abbrüchen. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche hat sich damit in den letzten 20 Jahren kontinuierlich um rund 30 000 reduziert. Besonders stark ist der Rückgang bei den jüngeren Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren. Es ist auch so, dass die Kosten für Verhütungsmittel bis zum vollendeten 22. Lebensjahr der Frauen von der Kasse übernommen werden. Hartz-IV-Empfänger müssen Verhütungsmittel, wenn sie sie verordnet bekommen, nicht bezahlen.

40 Prozent der Frauen, die abtreiben, sind verheiratet, und über die Hälfte aller Frauen, die abtreiben, haben schon ein Kind. Wir haben in dieser Legislatur die familienpolitischen Leistungen für Familien und Alleinerziehende stark verbessert. Wir sollten weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, dass gesellschaftliche und finanzielle Nachteile keine Gründe für eine Abtreibung darstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach langen Diskussionen in der Gesellschaft gab es den Kompromiss: Ein Schwangerschaftsabbruch ist nicht strafbar, wenn die betroffene Frau dem § 218a StGB folgt und die Beratung gemäß § 219 annimmt. Es ist deshalb richtig, dass der Beratungsnachweis nach § 219 Absatz 2 eine zwingende Voraussetzung für den straffreien Schwangerschaftsabbruch darstellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte Ihnen deshalb zum Abschluss noch den Wortlaut des § 219 Absatz 1 StGB in Erinnerung rufen, den Sie ohne Not abschaffen wollen:

Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen.

Meine Damen und Herren, damit ist zusammengefasst, was uns in dieser Frage leitet: Der Schwangerschaftsabbruch darf nicht zu einem leichtfertigen Entschluss werden, der dann als ein zusätzliches Instrument der Schwangerschaftsverhütung gesehen werden kann. Unsere Gesetze orientieren sich an der Menschenwürde, dem Schutz des ungeborenen Lebens oder eben auch des ungeborenen Kindes und der Selbstbestimmung der Frau und nicht an dem Wunsch nach medialer Aufmerksamkeit durch radikal lebensfeindliche Forderungen, die auch noch das Grundgesetz infrage stellen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)