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Stephan Stracke: Mit dem vorliegenden Gesetzespaket wollen wir nicht spalten, sondern zusammenführen

Rede zu Sozialen Maßnahmen in der COVID-19-Pandemie

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Coronakrise hat weltweit massive Auswirkungen. Um die wirtschaftlichen Folgen so gering wie möglich zu halten, haben wir in den letzten Wochen – sowohl im Umfang als auch bei der Geschwindigkeit der Umsetzung – mit einem beispiellosen Schutzschirm von deutlich über 1 Billion Euro dagegengehalten. Auch mit dem vorliegenden Gesetzespaket wollen wir nicht spalten, sondern zusammenführen. Das ist das Ziel dieses Paketes: Wir wollen die Substanz unserer Wirtschaft erhalten und unsere Unternehmen, unsere Beschäftigten sicher durch die Krise führen. Mit dem Kurzarbeitergeld haben wir eine starke und stabile Brücke, um Arbeitsplätze zu sichern und Betriebe zu entlasten. Mit dem Kurzarbeitergeld versuchen wir, Millionen von Arbeitsplätzen zu retten; dabei greifen wir den Betroffenen finanziell unter die Arme.

Deutschland – das zeigt sich auch bei diesem Sozialpaket wieder – hat einen starken und leistungsfähigen Sozialstaat. In den letzten Wochen haben wir das Kurzarbeitergeld deutlich ausgebaut. Ich denke beispielsweise an die Verlängerung der Bezugsdauer, die Erstattung von Sozialbeiträgen für die Arbeitgeber; das hilft, Liquidität zu sichern. Wir haben die Zuverdienstmöglichkeiten schrittweise ausgebaut und verbessert und auch Anreize gesetzt, um Zeiten der Kurzarbeit für Qualifizierung zu verwenden.

Mit dem heutigen Gesetz stocken wir das Kurzarbeitergeld weiter auf. Ich bin froh darüber, dass wir in der Koalition eine vernünftige Verständigung gefunden haben. Wir konzentrieren uns dabei auf die Menschen, die lange in Kurzarbeit sind und ihre Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduzieren; das ist richtig so. Gerade in den Dienstleistungsbereichen erleben wir, dass die Betriebe sehr stark herunterfahren mussten; der Entgeltausfall der Betroffenen ist deutlich höher als beispielsweise in der Finanzkrise vor zehn Jahren. Der Verlust der Einkommen wirkt umso stärker, je länger man in Kurzarbeit ist. Deshalb haben wir uns auf eine gestaffelte Erhöhung des Kurzarbeitergeldes verständigt; mit anderen Worten: Wir wollen gezielt den Beschäftigten helfen, die besonders stark und besonders lange von Kurzarbeit betroffen sind.

Jetzt gibt es eine Reihe von Anträgen, wie beispielsweise die der Linken, die pauschal eine hohe Anhebung des Kurzarbeitergeldes fordern. Das ist allerdings sehr kostenträchtig, und es gefährdet im Übrigen auch die innerbetriebliche Balance, wenn die Beschäftigten in einem Betrieb bei Nichtarbeit nahezu so gut gestellt sind wie die Beschäftigten, die regulär arbeiten. Wer arbeitet, darf sicherlich auch nicht der Dumme sein; deswegen gilt für uns hier das Lohnabstandsgebot.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Konzentration auf Geringverdiener, so wie es die Grünen fordern, mag politisch verlockend klingen. Wir nehmen mit unserer stufenweisen Erhöhung natürlich auch die Geringverdiener in den Blick. Sie hat gerade den Zweck, diejenigen zu unterstützen, die einen hohen Arbeitsausfall haben, und nutzt natürlich auch den Geringverdienern. Bei einem Ausfall von beispielsweise 50 Prozent – das ist im Schnitt deutlich mehr als in der Finanzkrise 2008 und 2009 – erhält ein Beschäftigter mit Mindestlohn in den ersten drei Monaten über 83 Prozent seines Nettoeinkommens und ab dem siebten Monat sogar fast 94 Prozent. Ich kann hier keine soziale Schieflage erkennen, zumal es auch noch die Möglichkeit gibt, anrechnungsfrei hinzuzuverdienen.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Es gibt ein Abstandsgebot!)

Kurzarbeit ist immer eine Versicherungsleistung. Aufgabe des Kurzarbeitergeldes ist, den vorübergehenden Verlust des Erwerbseinkommens abzusichern. Kurzarbeit kennt keine Bedürftigkeitsprüfung, setzt keine voraus und dient auch gerade nicht der Armutsvermeidung. Deshalb halte ich es schon für problematisch, die Höhe des Kurzarbeitergeldes von der Höhe des Verdienstes abhängig machen zu wollen. Das tun wir beim Arbeitslosengeld im Übrigen auch nicht. Eine solche Differenzierung wäre auch fragwürdig wegen der Beitragsbezogenheit der Arbeitslosenversicherung. Dann müsste man sich konsequenterweise Steuermittel bedienen, wenn man eine solche Idee wie die der Grünen umsetzen möchte.

In Notlagen greift die zielgenaue und wirkungsvolle Grundsicherung, die wir gerade in Krisenzeiten nochmals besser aufgestellt haben: Die Angemessenheit der Wohnung – es wurde bereits darauf hingewiesen – wird nicht geprüft; es gibt auch keine Vermögensprüfung. Es gibt überhaupt keinen Anlass, dieses gute Instrument hier in irgendeiner Weise zu diskreditieren. Natürlich sehen wir den Verwaltungsaufwand – das wurde auch in der Sachverständigenanhörung deutlich –; aber letztlich geht es darum, mehr Aufwand und beherrschbare Ausgaben zu haben und nicht weniger Aufwand und immense Mehrkosten.

Es ist ein insgesamt abgewogenes Sozialpaket. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)