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Stephan Pilsinger: "Wir erleichtern den Zugang zum Kinderzuschlag"

Allen Familien helfen – Zusätzliche Kinderkrankentage unabhängig vom Versicherungsstatus

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja heute schon vieles gesagt worden. Trotzdem möchte ich mal kurz auf die Reden der Kollegen von der AfD eingehen, weil ich das Gefühl habe: Da sind ein paar Faktenfehler drin.

Der Kollege Huber hat gesagt, dass Kinder keine Pandemietreiber sind. Herr Huber, wenn Sie die Studien genau gelesen hätten, beispielsweise vom Helmholtz-Zentrum vom Oktober 2020, dann hätten Sie festgestellt, dass das Helmholtz-Institut in einer Antikörperstudie nachgewiesen hat, dass Kinder zwar nicht erkranken, aber sehr wohl Überträger sind. Die Leopoldina schloss sich dieser Meinung im August 2020 an. Professor Lehr, Statistiker aus dem Saarland und Entwickler des Covid-Simulators, hat festgestellt, dass die Schulschließungen im Frühjahr einen Anteil von 40 Prozent am Rückgang des R-Werts hatten.

(Abg. Johannes Huber [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Deswegen, Herr Kollege Huber, muss ich sagen: Entweder Sie wollen hier aus Missachtung diesem Parlament die Unwahrheit erzählen, oder Sie haben einfach keine Ahnung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Reichardt hat gesagt: Nur 0,2 Prozent der Bevölkerung sind bisher an Corona erkrankt. – Ich glaube, da ist Ihnen ein Kommafehler unterlaufen: Das sind nach Angaben des RKI bis heute 2,3 Prozent; 3 Prozent davon Kinder, also 160 000.

(Martin Reichardt [AfD]: Sie müssen mal richtig zuhören und nicht immer irgendeinen Stuss erzählen!)

Ich glaube, Sie sollten einfach mal die Zahlen genauer lesen; dann würden Sie hier in diesem Hause viel weniger Unwahrheiten erzählen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Huber von der AfD-Fraktion?

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Ja, natürlich. – Herr Kollege Huber, ich erkläre es Ihnen gern noch mal ausführlicher.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Sie haben dann auch mehr Redezeit.

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Ja, gerne.

Johannes Huber (AfD):

Vielleicht lassen Sie mich erst mal die Frage stellen.

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Doch, doch. Sie können auch eine Frage stellen.

Johannes Huber (AfD):

Aber vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen.

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Gerne.

Johannes Huber (AfD):

Danke auch dem Herrn Präsidenten. – Stimmen Sie denn, Ihren Ausführungen nach, der Corona-KiTa-Studie nicht zu? Das ist, wie gesagt, die Corona-KiTa-Studie, die auch das Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben hat. Da ist eindeutig herausgekommen – die Projektleiterin hat das auch noch mal öffentlich festgestellt –, dass Kitas insgesamt – es geht nicht um die Kinder, sondern um die Kitas, um die Einrichtungen – keine Infektionstreiber sind, weil junge Kinder weniger infektiös sind; das ist eine Tatsache. Das geht bis ins Grundschulalter. Deswegen die Frage: Teilen Sie die Erkenntnisse dieser Corona-KiTa-Studie, die das Familienministerium beim Deutschen Jugendinstitut in Auftrag gegeben hat?

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Also, Herr Kollege Huber, ich muss Ihnen sagen: Ich glaube, die Antikörperstudie des Helmholtz-Instituts und auch die Tatsache – das ist in den letzten Tagen herausgekommen –, dass Kitabetreuer überdurchschnittlich oft an Corona erkrankten, beweisen doch sehr deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen Kita, Schulen und Corona gibt.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

– Frau Kollegin Storch, ja, ich erkläre es Ihnen auch noch mal; Sie können auch gerne eine Zwischenfrage stellen.

Ich glaube, drei Studien beweisen doch ganz deutlich, dass Schulen und Kitas sehr wohl ein Pandemietreiber sind. Die Studien des Helmholtz-Instituts, der Leopoldina und die statistischen Daten von Professor Lehr von der Universität des Saarlandes sprechen eine sehr eindeutige Sprache. Deswegen sage ich ganz deutlich: Wir müssen auch bei Schulen und Kitas aufpassen. Wenn sie zu früh geöffnet werden, sorgen sie nämlich sehr wohl mit dafür, dass die Coronapandemie nicht eingedämmt werden kann.

(Zustimmung des Abg. Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU])

„Familienpolitik krisensicher und verlässlich gestalten“, mit diesem Titel lässt sich auch die Arbeit der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen in dieser Krise sehr gut beschreiben. So war und ist es ein zentrales Anliegen, den Familien in dieser Ausnahmesituation bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Uns ist bewusst: Familien sind mit die Hauptleidtragenden der aktuellen Beschränkungen. Ob geschlossene Kitas oder die Widrigkeiten des Distanzunterrichts: Die Coronapandemie stellt uns alle, aber insbesondere die Familien, vor riesige Herausforderungen.

Uns ist klar: Allein mit gesetzgeberischen Maßnahmen lassen sich die enormen alltäglichen Probleme, denen sich die Familien stellen müssen, nicht lösen; aber die bundespolitischen Initiativen sollen einen Rahmen setzen, der zeigt: Wir lassen die Familien in dieser Situation nicht allein.

(Martin Reichardt [AfD]: Darum erkranken auch die Kinder! Weil Sie sie nicht allein lassen!)

Deshalb haben wir in den letzten Wochen und Monaten eine Vielzahl von Hilfsangeboten und Maßnahmen auf den Weg gebracht. So hat die Bundesregierung unter anderem Folgendes beschlossen:

Erstens. Wir verdoppeln den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Durch die Erhöhung des Entlastungsbetrages von 1 908 auf 4 008 Euro wird die Grundlage für die Steuerberechnung erheblich gemindert. Damit wird dem erhöhten Betreuungsaufwand für Alleinerziehende in Coronazeiten Rechnung getragen.

Zweitens. Wir passen die Elterngeldregelungen an. Zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien wurde die Sonderregelung im Elterngeld bis Ende des Jahres verlängert. Dadurch werden pandemiebedingte Einkommensverluste ausgeglichen. Leistungen wie beispielsweise Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld reduzieren das Elterngeld nicht. Monate mit geringem Einkommen können zudem von der Elterngeldberechnung ausgenommen werden, wenn Eltern infolge der Pandemie Einkommensausfälle erleiden.

Drittens. Wir erleichtern den Zugang zum Kinderzuschlag. Aufgrund der Pandemie wurde die Vermögensprüfung für den Kinderzuschlag vorübergehend erleichtert. Verfügen Eltern über kein erhebliches Vermögen, müssen sie dazu auch keine Angaben machen. Hierdurch werden insbesondere Alleinerziehende und Familien mit kleinen Einkommen unterstützt. Sie erhalten einen monatlichen Zuschlag von bis zu 205 Euro pro Kind.

Viertens. Bereits im letzten Jahr haben wir einen Kinderbonus von 300 Euro gezahlt. Mit dieser einmaligen Zahlung wurden besonders von den Einschränkungen betroffene Familien noch mal unterstützt. Der Bonus wurde gestaffelt in den Monaten September und Oktober 2020 zusammen mit dem Kindergeld ausgezahlt und wurde nicht auf die Sozialleistungen angerechnet. Durch die Anrechnung auf den Kinderfreibetrag wurde sichergestellt, dass er gezielt Familien mit kleinen und mittleren Einkommen zugutekommt.

Fünftens. Die Koalition hat sich darauf geeinigt, auch in diesem Jahr einen Kinderbonus zu gewähren, und zwar von 150 Euro.

Sechstens. Zusätzlich zur Ausweitung der Kinderkrankentage haben wir über das Infektionsschutzgesetz einen Anspruch auf Entschädigung im Betreuungsfall geschaffen, und zwar für einen Zeitraum von bis zu 20 Wochen. Eltern und Alleinerziehenden erstatten wir bei behördlichen Schließungen der Schule und Betreuungseinrichtungen den Verdienstausfall bis zu 2 016 Euro.

Die Maßnahmen zeigen: Wir lassen die Familien in dieser Ausnahmesituation nicht allein; denn die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft. Deshalb sind die zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen im ureigenen Interesse unserer Fraktion und unseres Landes.

Aber klar ist auch: Die gesetzgeberischen Maßnahmen bedürfen besonderer Nachjustierung. Deshalb bin ich für den Hinweis der FDP-Fraktion dankbar, die in ihrem Antrag zusätzliche Kinderkrankentage unabhängig vom Versicherungsstatus gefordert hat. Wir brauchen ein bundeseinheitliches Konzept, auch für die Privatversicherten. Diese dürfen nicht belastet werden. Diese brauchen auch Unterstützung in der Coronakrise.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Seien Sie versichert: Die Bundesregierung wird auch weiter einen Fokus auf die bedarfsgerechte Unterstützung von Familien legen. Dafür setzen wir uns mit aller Überzeugung ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Martin Reichardt [AfD]: Sie bekommen eine Zwei plus fürs Ablesen!)