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Stephan Pilsinger: Neue oder förderungswürdige Leistungen werden extrabudgetär vergütet

Rede zur Aussetzung der Budgetierung für Ärzte

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung von gesetzlich Versicherten und dem Zugang zu diesen Leistungen gibt es derzeit Defizite. Das Terminservice- und Versorgungsgesetz, das Bundesminister Spahn derzeit auf den Weg bringt, verspricht aber grundlegende Verbesserungen bei den Leistungen für die versicherten Patientinnen und Patienten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Aschenberg-­Dugnus [FDP]: „Versprechen“ ist auch das richtige Wort! Es wird aber nicht erfüllt! Ein Versprechen ist noch keine Umsetzung!)

Bei der Durchsicht der beiden Oppositionsanträge ist mir aufgefallen, dass vor allem die Fraktion der AfD das Vergütungssystem ärztlicher Leistungen total verkennt. Freiberuflich tätige niedergelassene Ärzte erhalten im Gegensatz zu Krankenhausärzten gerade keine Gehälter, da sie nicht angestellt sind. Vielmehr ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses unter anderem so geregelt, dass die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

Für die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten werden Gesamtvergütungen vereinbart, die sich aus einer Preis- und einer Mengenkomponente zusammensetzen. Mit diesem System kommt es nicht zu einer Nichtfinanzierung von Leistungen, wie dies gern fälschlicherweise behauptet wird. Zudem werden neue oder förderungswürdige Leistungen neben der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung extrabudgetär vergütet.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Aber nicht alle!)

Diese sogenannten extrabudgetären Leistungen machen mittlerweile 33 Prozent der Leistungen bzw. der Vergütungen für Ärzte aus.

Mit dem aktuell geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz sind auch zahlreiche Maßnahmen vorgesehen, mit deren Hilfe die Ärzte für Zusatzangebote noch besser vergütet werden sollen. Dieses zusätzliche Honorarvolumen liegt bei schätzungsweise 600 Millionen Euro.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Darum geht es doch gar nicht!)

So soll zum Beispiel eine erfolgreiche Vermittlung eines dringend notwendigen Facharzttermins durch einen Hausarzt zusätzlich mit mindestens 5 Euro vergütet werden. Außerdem ist die extrabudgetäre Vergütung von Akutleistungen für Patienten geplant, die von den Terminservicestellen vermittelt werden.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Und die Regelversorgung fällt hinten runter! – Gegenruf der Abg. Sabine Dittmar [SPD]: Quatsch!)

Auch sind Zuschläge von mindestens 25 Prozent auf die Versicherten- und Grundpauschalen bei Leistungen für neue Patienten in der Praxis vorgesehen. Ebenso sollen Leistungen beim Patientenstamm vergütet werden, wenn eine neue Krankheit diagnostiziert wird. Für Leistungen, die in der offenen Sprechstunde erbracht werden, soll es einen Zuschlag von mindestens 15 Prozent auf die Grundpauschale geben.

Was die Terminprobleme bei allen Facharztrichtungen betrifft, so bin ich mir mit der Fraktion der FDP insoweit einig, als hier etwas getan werden muss.

(Beifall bei der FDP – Karsten Hilse [AfD]: Warum tun Sie es dann nicht?)

Bei einer Umfrage im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gaben 34 Prozent der gesetzlich Versicherten an, im vergangenen Jahr mehr als drei Wochen auf einen Facharzttermin gewartet zu haben. Das kann so nicht bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Karsten Hilse [AfD]: Ja! Aber ändern wollen Sie es trotzdem nicht!)

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz sieht auch hier eine Reihe von Maßnahmen vor, um Kassenpatienten schneller zu einer Behandlung zu verhelfen. Unter anderem sollen die Terminservicestellen ausgebaut werden. Die Terminservicestellen sollen künftig unter der einheitlichen Rufnummer 116 117 an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr telefonisch und digital erreichbar sein.

(Karsten Hilse [AfD]: Was bringt das, wenn es keine Termine gibt? Dann rufen alle dieselbe Nummer an und kriegen keinen Termin! Was ist das für eine Logik?)

Dies ist zudem der erste Baustein einer grundlegenden Reform der Notfallversorgung. Außerdem werden die Aufgaben der Terminservicestellen erweitert, und zwar um die Vermittlung von Haus- und Kinderärzten zur dauerhaften Versorgung sowie um die Vermittlung von Patienten in Akutfällen an Praxen und Notfallambulanzen – auch während der Sprechstundenzeiten. Des Weiteren sollen die Mindestsprechstundenzeiten der Ärzte von 20 auf 25 Stunden pro Woche angehoben werden.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ja, 2 Prozent!)

Meiner Ansicht nach sollte man hierbei aber noch einen Schritt weitergehen und über die Etablierung eines Primärarztsystems in Deutschland nachdenken.

(Sabine Dittmar [SPD]: Sehr gut!)

Bisher ist die Versorgungssituation in Deutschland von einer direkten und parallelen Inanspruchnahme von hausärztlichen Praxen und Spezialisten gekennzeichnet. Oft gehen Patienten sogar zum falschen Arzt oder suchen mehrere Ärzte der gleichen Fachrichtung auf.

In einem optimal gegliederten System ist der Hausarzt eigentlich der erste Ansprechpartner. Nur bei 10 bis 20 Prozent der Patienten ist überhaupt eine Überweisung oder Mitbehandlung durch einen Spezialisten erforderlich. Der überwiegende Teil der Anliegen von Patienten kann auch durch einen Hausarzt zeitnah, abschließend, in guter Qualität und mit hoher Kosteneffektivität behandelt werden. Ein weiterer positiver Effekt wäre die Vermeidung unnötig langer Wartezeiten auf einen Facharzttermin. Auch eine Fehlversorgung würde dadurch vermieden werden.

Grundsätzlich aber sind wir mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz schon auf einem guten Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sabine Dittmar [SPD])