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Rudolf Henke: "Wir haben also die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen"

Rede zu Kapazitäten für Schnelltests

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich bin gar nicht sicher, ob der Dissens, der jetzt riesig erscheint, wirklich so groß ist. Und ich weiß auch nicht, ob man jetzt einen Gegensatz herstellen muss zwischen Ihren Intentionen und den Intentionen der Bundesregierung, der Koalitionsfraktionen. Wir unterstützen jedenfalls, dass es einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit für eine Dritte Verordnung zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung gibt und dass dessen Ziel genau darin besteht, die Schnelltests für den Eigengebrauch zuzulassen. Und das ist auch nichts, was uns irgendwie vorgestern oder so eingefallen wäre, sondern die in Vorbereitung befindliche Verordnung basiert ja auf Entscheidungen, die wir in der Vergangenheit getroffen haben. Wir haben also die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen; das fällt ja nicht vom Himmel.

Man kann natürlich – wie immer – alles auch so darstellen, als ob der andere irgendwie nicht von dieser Welt ist und alles nicht richtig versteht und irgendwie alles verkehrt macht. Ich kann das auch verstehen, denn, wie Erwin Rüddel heute Morgen in der Debatte gesagt hat, Krisen sind immer die Zeit der Exekutive. Die Exekutive rückt dann natürlich besonders in den Fokus, man will aber auch selbst vorkommen. Deswegen ist es auch nachvollziehbar, dass man in der parlamentarischen Debatte dann auch hitzig und klar und robust argumentiert.

Nur eins, lieber Kollege, finde ich schon noch mal überlegenswert: Wenn Sie sagen: „Wir machen das jetzt unabhängig von der Frage, ob die Schnelltests von den Herstellern beantragt sind und durch ein reguläres CE-Verfahren durchgehen“, dann ist die Folge, dass Sie sie praktisch aus der unternehmerischen Haftung für ihr ja immer noch privatwirtschaftlich erzeugtes und – mit privatwirtschaftlichem Gewinninteresse verbunden – produziertes Produkt entlassen.

Ich weiß nicht, ob das wirklich ein kluger Weg ist; denn das ist genau der Weg, den wir vielfach bei der Beschaffung der persönlichen Schutzausrüstungen im vergangenen Frühjahr – auch bitter notwendig – rund um die Glücksritter kritisiert und erlebt haben, die mit fragwürdigen Produkten gekommen sind und uns alle belämmert haben, uns alle angerufen haben und uns allen angeboten haben, sie würden uns Wunders wie wirksame und qualitativ gut abgesicherte persönliche Schutzausrüstungen liefern.

Damals ist der Minister dafür kritisiert worden, dass er sie denen nicht schnell genug abgenommen hätte, sondern dass wir dann gesagt haben: Ja, wir kaufen, was wir kriegen können; aber wir bestehen darauf, dass es natürlich zertifiziert werden muss, dass es in der Qualität überprüft werden muss. – Ich weiß, dass manche Hersteller dann gesagt haben: Ja, wie kann das denn sein? Wir haben ihm das auf den Hof gestellt, und jetzt kommt er, schneidet da rein, analysiert das und zählt die Lagen nach, die in diesen Masken drin sind. Was ist das denn für ein Genauigkeitspedant?

Nein, ich finde schon: Wenn wir privat hergestellte Produkte zum Nutzen der Menschen einsetzen – das ist richtig – und wenn wir das beschleunigen, dann kann es nicht sein, dass wir, weil es um Produkte geht, die in der Not gebraucht werden, jetzt sagen: Das übertragen wir alles in die Staatshaftung; da spielt private Haftung des Herstellers gar keine Rolle mehr.

Wir werden uns natürlich im Ausschuss mit dem Antrag befassen. Aber für den Moment sage ich: Bei mir und, ich glaube, auch bei uns in der Fraktion und beim Koalitionspartner müssen Sie jedenfalls noch eine steile Treppe mit Ihren Argumenten überwinden, warum bei solchen Produkten jetzt plötzlich die Staatshaftung gelten soll. Das machen wir bei Beatmungsgeräten auch nicht. Das machen wir bei andere diagnostischen Materialien auch nicht.

Alle neuen kreativen Ideen gehören auf den Tisch; das finde ich in Ordnung, darüber muss man auch nachdenken. Aber wenn wir jetzt dazu beitragen, einen Systemwandel herbeizuführen in der Frage: „Haften die Hersteller privat?“, und wir Abschied davon nehmen, dass sich die Hersteller zu den Eigenschaften ihres Produktes selber bekennen müssen und sie auch den Beweis antreten müssen, dass die positiven Eigenschaften des Produktes da sind, dann fällt mir das zunächst einmal ein bisschen schwer. Deswegen habe ich sehr viel Verständnis dafür und lobe es, dass das in der dritten Verordnung noch nicht drinsteht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden erleben, wie sich die Bundesländer dazu verhalten. Wir werden erleben, wie sich die Verbände dazu verhalten. Ich möchte gerne möglichst schnell möglichst viele Schnelltests haben, die auch von Laien durchgeführt werden können – nicht nur mit dem Bohren in der vorderen Nase, sondern besser mit den Gurgellösungen, besser noch mit den Spucklösungen; vielleicht geht auch das. Aber es möchte schon qualitätsgesichert sein. Dafür ist der, der ein neues Verfahren produziert, in der Beweispflicht. Da möchte ich ihn nicht einfach aufgrund einiger weniger Studien aus dem Rennen lassen, sondern dafür muss er schon einen qualitätsgesicherten Beleg erbringen, auch wenn es eilig ist, auch wenn es dringlich ist. Aber wir schaffen jetzt die Voraussetzung für die Zusage, dass wir das in reicher Fülle beschaffen wollen. Ich glaube, das ist das, was auf die Hersteller wirkt.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)