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Rudolf Henke: Es muss eine Lösung für die Refinanzierung her

Rede zur Vermeidung von Doppelverbeitragung von Krankenversicherungsbeiträgen für Betriebsrenten

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir ja, offen gestanden, niemals träumen lassen, dass ich nach der letzten Rede, die ich zu dem Thema gehalten habe, einen derartigen Shitstorm auf Facebook ernten würde – für eine Maßnahme, die, jedenfalls als zuständige Ministerin, Ulla Schmidt eingebracht hat, die ich gut aus dem Wahlkreis kenne. Das hätte ich mir nicht träumen lassen, aber es war halt so.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht uns aber allen ab und zu so! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das muss man aushalten!)

Ich finde, man muss einmal an die Gründe der damaligen Entscheidung erinnern. Herr Lauterbach hat ja die wirtschaftliche Situation, auch die Situation der Krankenkassen, dargestellt. Er hat auch daran erinnert, dass das Bundesverfassungsgericht damals für die Krankenversicherung der Rentner Aussagen gemacht hat, die umgesetzt und beachtet werden mussten. Insofern ist die damalige Situation eine gewesen, die auch einen Imperativ dargestellt hat. Aus diesem Grund finde ich das, ich sage mal, Ausschütten von Häme über die damals vielfältig Beteiligten – sicher nicht nur Ulla Schmidt und die SPD, aber eben auch Ulla Schmidt und die SPD – nicht in Ordnung. Deswegen, finde ich, haben die Kolleginnen und Kollegen, die damals gehandelt haben, auch Verteidigung verdient.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sie haben dagegengestimmt!)

Die steht ihnen zu, und jedenfalls ich möchte die auch darstellen.

Das Prinzip der gesetzlichen Krankenkasse ist: Beiträge nach Leistungsfähigkeit – Karin Maag hat darauf hingewiesen –, Leistungen nach Bedarf. Anders als in der Rentenkasse richtet sich die Leistung der gesetzlichen Krankenkasse auch nicht nach der Höhe der eingezahlten Beiträge. Auch anders als in der Betriebsrente richtet sie sich nicht nach der Höhe der eingezahlten Beiträge, sondern prinzipiell nach den Maßstäben des Sozialgesetzbuches: notwendig, zweckmäßig, ausreichend, wirtschaftlich. Darauf haben die Versicherten – und zwar alle Versicherten – ein einklagbares Recht, und die Höhe der Beiträge folgt dann der Leistungskraft.

Dass sie ein einklagbares Recht darauf haben, ist der Grund, weswegen eine Minderung dieser Rechte immer eine Entscheidung des Gesetzgebers verlangt, dass etwas aus dem Leistungskatalog ausgegliedert wird. Ich kann mich an keine Ausgliederung von Leistungen aus dem Leistungskatalog erinnern, der Die Linke, zum Teil auch in ihren Vorformen, nicht heftig widersprochen hätte.

Deswegen, finde ich, kann man über viele Lösungen diskutieren. Aber der springende Punkt für die Lösungen ist doch: Wird damit die Finanzkraft der gesetzlichen Krankenkassen geschwächt oder nicht und in welchem Umfang? Lieber Herr Kollege Kapschack, lieber Freund aus der Koalition,

(Ulli Nissen [SPD]: Hört! Hört!)

wir haben jetzt aktuell eine günstige Wirtschaftslage, erleben aber gerade, dass die Bundesregierung die Wirtschaftswachstumsprognosen nach unten korrigiert. Wir können also doch nicht sagen, diese gute Situation gelte jetzt für ewige Zeiten und deswegen könnten wir locker mal so eben auf – je nach Lösungsvorschlag – 2,5 Milliarden Euro oder 5 Milliarden Euro oder 1 Milliarde Euro im Jahr verzichten. Bei rückwirkender Abwicklung würde das sogar bedeuten, dass man auf Beträge eines Vielfachen davon verzichten müsste. Zu fordern, den Beitrag einfach auf null zu setzen, wie Sie das machen, lieber Herr Birkwald,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, das habe ich nicht gesagt! Nicht auf null!)

und dann zu sagen: „Wir machen uns vom Acker, und der Rest ist uns völlig egal“, das ist eine Lösung, die sich verbietet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist der Grund, weswegen es so schwierig ist. Deswegen stelle ich mich auch vor den Gesundheitsausschuss, wenn er sagt, an dieser Stelle bestehe weiterhin Beratungsbedarf.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihr wollt doch keine Beratung! Ihr setzt es doch immer ab von der Tagesordnung!)

In der Tat, an Vorschlägen, was man technisch machen kann – Umwandlung von einer Freigrenze in einen Freibetrag, Halbierung des Beitrags, der an die gesetzliche Krankenkasse fließt –, ist kein Mangel. Jeder bekommt Briefe aus dem Kreis der betroffenen Direktversicherten, die diese und weitere Vorschläge enthalten. Bei uns in Aachen wird jetzt die Junge Union eine Bezirksversammlung zu diesem Thema mit Karl-Josef Laumann durchführen und lädt dazu ein, dort über Lösungen zu diskutieren und darüber zu reden, wie das funktionieren kann. Ich bin für sehr viele dieser Lösungen offen. Die haben ordnungspolitisch natürlich unterschiedliches Gewicht. Aber eins geht nicht, nämlich so zu tun, als hätten wir in der gesetzlichen Krankenkasse auf ewige Zeiten 2,5 Milliarden, 5 Milliarden oder 1 Milliarde Euro übrig, und einen neuen Rechtsanspruch zu schaffen, den wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, ja niemals zurücknehmen könnten.

Deswegen muss eine Lösung für die Refinanzierung her. Da finde ich es, lieber Herr Birkwald, nobel und gut von Ihnen, dass Sie eben daran erinnert haben, wie sich die gesetzliche Krankenkasse einlässt im Zusammenhang mit der Diskussion über die Frage der künftigen Beitragsbemessung. Für die Empfänger von Versorgungsbezügen hat sich der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes positioniert. Er befürwortet mehrheitlich die Anwendung des halben allgemeinen Beitragssatzes für pflicht- und freiwillig versicherte Empfänger von Versorgungsbezügen. Dann findet man aber die Formulierung – die haben Sie eben verschwiegen –:

Darüber hinaus hat sich der Verwaltungsrat dafür ausgesprochen, in einer Protokollnotiz festzuhalten, dass er eine Kompensation der entgangenen Beiträge erwartet.

Das ist doch der Kernpunkt. Dafür haben wir noch keine Lösung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Rudolf Henke (CDU/CSU):

Wenn wir die gefunden haben, dann werden wir die Beratung im Gesundheitsausschuss auch abschließen. Alles andere heißt, die Dinge übers Knie zu brechen – aus populistischen Wahlkampfgründen. Das machen wir nicht mit.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)