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Michael Kießling: Wir wollen die Rahmenbedingungen der gesetzlichen Freiwilligendienste stärken

Rede zum Ausbau und zur Stärkung von Freiwilligendiensten

Die Zivilgesellschaft bildet das Rückgrat unserer Demokratie. Sie wird sichtbar und erlebbar durch gesellschaftliches Engagement. Eine Form davon bildet der gesetzliche Freiwilligendienst.

Alle Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit haben, sich freiwillig zu engagieren. Dafür benötigen wir gute und leistungsfähige Strukturen, die dieser Aufgabe gerecht werden.

Deshalb wollen wir als Union die Freiwilligendienste stärken. Denn der Bundesfreiwilligendienst und die Jugendfreiwilligendienste sind Erfolgsmodelle.

Nach dem Wegfall des Wehr- und Zivildienstes sind sie noch wichtiger geworden. Die gesetzlich geregelten Freiwilligendienste besitzen aufgrund ihrer Größenordnung an Teilnehmern eine enorme gesamtgesellschaftliche Relevanz. Sie leisten einen immensen Beitrag für unser Zusammenleben, egal ob im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich.

Jährlich sind über 80 000 junge Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr, Freiwilligen Ökologischen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst tätig. Hinzu kommen über 10 000 Erwachsene ab 27 Jahren sowie circa 2 500 internationale Freiwillige.

Für die CDU und CSU stehen die Freiwilligendienste deshalb auch im Mittelpunkt unserer Politik. Im heutigen Antrag der Grünen sehen wir durchaus Punkte, welchen wir zustimmen würden – jedoch nur teilweise.

Wir wollen die Rahmenbedingungen der gesetzlichen Freiwilligendienste stärken, und dafür ist ein Bündel an Maßnahmen notwendig:

Erstens ist es notwendig, dass sich die Mittel für die Freiwilligendienste im Haushalt 2019 auf dem hohen Niveau aus dem Jahr 2018 stabilisieren.

Zweitens sollen die Stellen aus dem befristeten Sonderprogramm „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ in die Regeldienste überführt werden.

Es ist sinnvoll, die dafür verwendeten Mittel langfristig an die Freiwilligendienste zu binden. Somit könnten 5 000 neue Freiwilligenplätze geschaffen werden. Eine Erhöhung mit Maß und Ziel ist erfolgreicher, als der grünen Utopie zu erliegen: „Mit einem Plus an 100 000 Stellen wäre das Problem gelöst!“ Dies würde nur zu einer Überforderung der bestehenden Struktur sowie der pädagogischen Betreuung führen, da diese nicht in dieser Geschwindigkeit aufwachsen könnten, um diese hohe Anzahl zu bewältigen.

Zwar gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Zahl der Dienstbeginne im Bundesfreiwilligendienst vom Jahr 2015 bis zum Jahr 2017 von 45 421 auf über 48 368 erhöht hat, jedoch liegt die Abbruchquote nach Dienstbeginn im Bundesfreiwilligendienst bei 30 Prozent.

Drittens soll die Möglichkeit, den Freiwilligendienst in Teilzeit abzuleisten, aus dem befristeten Sonderprogramm des BFD übernommen und auf andere Programme der Freiwilligendienste übertragen werden. Dadurch können wir die Abbruchquote verringern und junge Menschen motivieren, sich für einen Freiwilligendienst zu bewerben.

Viertens setzen wir uns für eine Anhebung der pädagogischen Pauschalen in den Freiwilligendiensten ein. Die bestehende Pauschale wurde seit 2011 nur geringfügig erhöht. Die Anpassung des Satzes auf ein höheres Niveau wäre ein adäquater Anfang. Denn eine finanzielle Stärkung erhält das hohe Bildungspotenzial und die Qualität in der Betreuung.

Fünftens wollen wir den Zugang für Menschen mit Behinderungen und für Benachteiligte in den Freiwilligendiensten ausweiten. Dabei lautet das Credo: potenzielle Zielgruppen erkennen, das Programm für diese öffnen und entsprechend gestalten. So haben wir es auch im Koalitionsvertrag verankert und als Ziel formuliert.

Was aber auch extrem wichtig ist: Freiwilligendienste müssen differenzierter betrachtet werden. Mehr Sachlichkeit und weniger Hysterie! Denn vieles läuft hervorragend. Dafür danke ich an dieser Stelle noch einmal den über 100 000 Teilnehmern im Freiwilligendienst.

Bei unserem gestrigen Fachgespräch über Freiwilligendienste im Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ wurde unsere Position nochmals durch Vertreter der Freiwilligendienste bekräftigt: „Die pädagogische und programmatische Qualität sichern und stärken“.

Qualität geht vor Quantität. Deshalb die fünf Maßnahmen noch einmal zur Zusammenfassung: erstens die Mittel für die Dienste auf dem hohen Niveau stabilisieren, zweitens Stellen aus dem befristeten Sonderprogramm sichern und überführen, drittens Anreize steigern und Teilzeit ermöglichen, viertens Qualität sichern und pädagogische Pauschalen anheben und fünftens Angebote öffnen und zukunftsfähige Programme gestalten.

Der zivilgesellschaftliche Lernprozess darf niemals zu Ende gehen. Jede Generation muss Verantwortung lernen und leben.

Wir als Große Koalition und Union stehen in der Verantwortung, uns entschieden für eine Förderung der Freiwilligendienste einzusetzen – jedoch mit Maß und Ziel für eine starke Gesellschaft.

Zur Ergänzung, weil im Antrag der Grünen erwähnt: Den Vorschlag eines verpflichtenden „Gesellschaftsjahres“ kann man hierbei durchaus diskutieren, auch wenn es rechtlich schwierig ist, diesen umzusetzen. Es geht hier nicht darum, Lücken im Arbeitsmarkt zu schließen, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen, die Herausforderungen anderer kennenzulernen und zu lernen, für andere einzustehen. Dies stärkt das gesellschaftliche Miteinander und das Bewusstsein für unser Gemeinwesen. Davon bin ich überzeugt.

Es würde mich freuen, wenn wir hier im Hause auch einmal darüber debattieren würden.