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Max Straubinger: Wir sollten das Äquivalenzprinzip nicht zu weit ausdehnen

Rede zum Grundrentengesetz

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte zeigt sehr deutlich, dass diese Koalition letztendlich für die großartige Sozialpolitik in dieser Republik steht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dass, Herr Kurth, die von den Grünen und von den FDP-Kollegen eingebrachten Vorschläge nicht so zielführend sind, hat man erkannt. Vor allen Dingen haben Sie die damit verbundenen Kosten verschwiegen und die Frage offen gelassen, ob damit überhaupt Leistungsgerechtigkeit erreicht wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir diskutieren heute in erster Lesung über den Vorschlag der Bundesregierung zur Einführung einer Grundrente, auf den sich die Koalition geeinigt hat. Da viele bemängelt haben, dass das etwas länger gedauert hat, möchte ich an den Koalitionsvertrag erinnern, in dem wir uns darauf geeinigt haben, dass diejenigen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, mehr haben sollen, wenn sie langjährig in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Das ist im Prinzip auch Konsens. Wir haben dies um den Vorschlag der Bundesregierung und insbesondere um das, was Bundesminister Heil vorschlägt, entsprechend erweitert. Es ist wichtig – ich glaube, darin sind wir uns alle einig –, dass diejenigen, die zwar Vollzeit gearbeitet haben, aber dann erleben müssen, dass sie aufgrund niedriger Löhne auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind, bessergestellt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist unser sozialpolitischer Anspruch. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig. Die Schwierigkeit liegt allerdings dann in der Umsetzung.

Kollege Gröhe hat bereits von der Zielorientiertheit gesprochen. Ich möchte hier ausdrücklich feststellen, dass der Gesetzesvorschlag für Geringverdiener letztendlich richtig zielorientiert gestaltet ist: mit der Aufbesserung der Renten derer, die geringere Beiträge eingezahlt haben.

Er ist auch unter dem Gesichtspunkt derer zielorientiert, die trotzdem auf Grundsicherung angewiesen sind; denn mit der Schaffung des Freibetrages der gesetzlichen Rentenversicherung, der Nichtanrechnung in der Grundsicherung, ist das eine starke Anhebung, die wir hier für Menschen erbringen, die zwar langjährig eingezahlt haben, aber dann trotzdem auf die Grundsicherung angewiesen sind, wobei langjährige Einzahlung ja noch nichts in Bezug auf die Höhe heißt.

Sie, Herr Kollege Kurth, haben vorhin ausgeführt, dass bei Ihrem Modell nach 30 Jahren 30 Rentenpunkte zu verzeichnen sind. Dabei haben Sie leider vergessen, zu sagen, wie hoch der Verdienst des Einzahlenden sein muss. Der muss nämlich im Monat 3 400 Euro verdienen, um tatsächlich im Jahr einen Rentenpunkt zu erwirtschaften,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, nur beim brutalen Äquivalenzprinzip! In anderen Ländern geht das anders!)

es sei denn, Sie wollen davon abweichen. Dann müssen wir aber über das Äquivalenzprinzip reden. Wollen wir uns vollends vom Äquivalenzprinzip ablösen

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, nach unten! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Teilweise!)

und wollen wir hier nur noch einfache Beitragszeiten gelten lassen?

Ich habe ja schon einmal in einer Aktuellen Stunde ausgeführt, dass es doch nicht sein kann, im Rahmen einer Grundrente nur die Beitragszeiten hier letztendlich zugrunde zu legen, sodass Beiträge aus einem Minijob sozusagen dazu führen, dass hinterher eine große Rente rauskommt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nicht eine große!)

Das kann ja meines Erachtens auch nicht richtig sein.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es kann auch nicht richtig sein, wenn Armut herauskommt!)

Deshalb ist das jetzt auch in dem Vorschlag ausgeschlossen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Geht doch in anderen Ländern auch!)

Aber es bedeutet auch, dass wir das Äquivalenzprinzip damit nicht zu weit ausdehnen sollten. Wir müssen in diesem Gesetzgebungsverfahren schon erklären, dass jemand, der 2 700 Euro im Monat verdient hat, somit bei 80 Prozent liegt, keine Aufstockung seiner Rente erfahren wird, während der, der 2 000 Euro verdient hat, also 50 Prozent, möglicherweise in einem Halbtagsjob, dann die gleiche Rente erhält wie der andere, der Vollzeit gearbeitet hat.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Warum geht es in anderen Ländern, nur nicht in der Bundesrepublik Deutschland?)

Es ist die Schwierigkeit, dies den Menschen zu erklären. Herr Bundesminister, da braucht man noch Nachhilfe, um es dann auch nach außen zu verdeutlichen.

Genauso geht es in vielen anderen Fragen. Deshalb war es auch wichtig, eine Einkommensprüfung durchzuführen. Aber es kann nicht sein, dass Eheleute gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften benachteiligt werden; das muss man hier auch mit sehen. Also, auch an diese Frage müssten wir noch näher und stärker herangehen.

Außerdem gibt es die Finanzierungsfrage. Kollege Gröhe hat ja bereits auf die Finanztransaktionsteuer hingewiesen, die mit eine Grundlage des Kompromisses ist. Aber gleichzeitig geht es auch darum, Herr Minister, dass die 400 Millionen Euro, die aus dem Haushalt des BMAS kommen sollen, auch spezifiziert werden. Das kann man nicht nur mit einer globalen Minderausgabe abtun. Deshalb erwarten wir schon, dass dies auch in den Gesetzgebungsverfahren und bei den zukünftigen Diskussionen geklärt wird.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)