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Mark Helfrich: Was wir brauchen, ist ein flexibleres Arbeitszeitgesetz

Rede zum Recht auf Homeoffice

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über zwei Anträge der Opposition zum Thema Homeoffice. Die Grünen fordern in ihrem Antrag ein Recht auf Homeoffice und mobiles Arbeiten für jedermann. In Zeiten des Coronavirus klingt das erst einmal gut; denn Homeoffice und mobiles Arbeiten erleben gerade einen regelrechten Boom. Schließlich schützt die Arbeit daheim vor Ansteckung und reduziert zugleich Ausfallrisiken für die Unternehmen.

Die Vorteile von Homeoffice für den Arbeitnehmer liegen scheinbar auch auf der Hand – könnte man meinen –: Zeitersparnis durch ausbleibendes Pendeln, gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie mehr Selbstbestimmung und Flexibilität. Aber wie so oft gilt auch hier: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. – So sagen laut IAB knapp 50 Prozent der befragten Arbeitnehmer, dass durch Heimarbeit die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt.

Wir sollten aber genauso die Situation der Arbeitgeber in den Blick nehmen. Unsere Wirtschaft leidet bereits jetzt unter einer sich abkühlenden Konjunktur. Die Coronakrise bringt nicht nur weitere Einbußen bei Produktion und Export mit sich. Nein, mit der steigenden weltweiten Virusgefahr steigt auch das Risiko einer globalen Wirtschaftskrise.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, denken Sie ernsthaft, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für noch mehr Auflagen, Bürokratie und zusätzliche Kosten für unsere Unternehmen ist?

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, jetzt ist der Zeitpunkt für Homeoffice!)

Das nämlich fordern Sie implizit mit Ihrem Antrag. Ich sage Ihnen: In diesen Zeiten brauchen Unternehmen gesetzliche Entlastungen und unternehmerische Freiheiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das sollte eigentlich das ABC einer guten Wirtschaftspolitik in Krisenzeiten sein, von der Sie offensichtlich nicht allzu viel halten.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Krisenzeiten wie diesen ist Homeoffice genau die richtige Antwort!)

Zudem sind Homeoffice und mobiles Arbeiten bereits jetzt schon in vielen Unternehmen Realität aufgrund individueller Regelungen, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung. Laut Statistischem Bundesamt haben rund 40 Prozent der Unternehmen im Jahr 2018 Homeoffice angeboten, Tendenz steigend. Homeoffice ist somit kein Privileg für wenige, wie Sie von den Grünen in Ihrem Antrag schreiben.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

Für mich ist wichtig, dass die Sozial- und Betriebspartner vor Ort entscheiden, ob und wie sie den gesetzlichen Rahmen nutzen, um den Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gerecht zu werden.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen doch erst mal einen vernünftigen Rahmen hinbekommen!)

Das ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)

Auch kommt es bei der Frage „Homeoffice – ja oder nein?“ immer auf die digitale Organisation des Unternehmens an. So werden der klassische Mittelständler und Kleinbetriebe nicht so leicht auf den außerbetrieblichen Arbeitsplatz umschalten können. Ebenso außen vor werden Arbeitnehmer und Unternehmen bleiben, in denen die Präsenz von Beschäftigten unabdingbar ist. Dazu zählen das Baugewerbe, das Hotel- und Gaststättengewerbe, der Handel, das produzierende Gewerbe, das Gesundheitswesen usw. usf.

Sie sehen also: Homeoffice ist bei Millionen Arbeitnehmern gar nicht möglich.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es ist für Millionen von Beschäftigten möglich! Was ist denn das für eine Argumentation?)

Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr als Aktionismus, ein Recht auf Homeoffice für jedermann zu fordern.

Meine Damen und Herren, wir brauchen keinen Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten und Homeoffice. Was wir brauchen, ist ein flexibleres Arbeitszeitgesetz.

(Zuruf von der FDP: Einfach beides!)

Wir sollten die starren täglichen Arbeitszeiten durch eine flexible Wochenarbeitszeit ersetzen und so besser an das digitale Zeitalter anpassen.

(Beifall der Abg. Astrid Grotelüschen [CDU/CSU] – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Flexibilität ist keine Einbahnstraße!)

Alles in allem lehnen wir die Anträge der Grünen und der AfD ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)