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Kai Whittaker: Wir lehnen diesen Antrag definitiv ab

Redebeitrag zum Thema Rentenversicherung für Bundestagsabgeordnete

Herr Präsident! Werte Kollegen! Als ich die Überschrift zu diesem Antrag gelesen habe – „Bundestagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen“ –, da hatte ich ja wirklich geglaubt und gehofft, dass wir über die Rolle der Abgeordneten sprechen: was für eine Stellung wir in der Gesellschaft haben, welche Leistungen wir erbringen und was uns deshalb auch als Vergütung zugemessen werden sollte. Aber davon haben Sie weder in Ihrem Antrag noch hier in der Debatte Gebrauch gemacht, liebe Linke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es geht nicht um die Abgeordnetenentschädigung! Es geht um die Rentenversicherung!)

Viele Kollegen haben ja schon gesagt, das sei Populismus. Ich bin mir da gar nicht so sicher. Ich habe eher den Eindruck, dass der Autor dieses Antrags leicht überfordert war.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das bin ich! Das habe ich schon gesagt!)

Er schreibt nämlich am Anfang diesen schönen Satz: „Die gesetzliche Rentenversicherung … bietet … erhebliche Vorteile“.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)

Aber dann scheinen Ihnen keine einzufallen; denn der gesamte Antrag bezieht sich nur darauf, darzulegen, wie viel besser die Abgeordnetenversorgung ist, und zählt keinen einzigen Vorteil auf. Entweder hätten Sie Ihren Antrag anders begründen müssen, oder Sie hätten konsequenterweise als Linke eigentlich fordern müssen, dass die Rentenversicherung so gut ausgestattet sein sollte wie die Abgeordnetenversicherung. Also insofern: Völlig inkonsequent! Erschütternd eigentlich für die Linke!

(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Sie sind auch ein bisschen schlampig bei den Fakten. Im Antrag steht drin, dass es von wenigen Ausnahmen abgesehen kaum noch Leute gibt, die nicht versichert sind. Sie tun da so, als ob es da nur noch eine kleine Elite gibt. Ich habe mir das mal angeguckt: Tatsächlich zahlen 15 Prozent der Erwerbspersonen in Deutschland nicht in die Rentenversicherung ein. Für alle, die das gerne in Zahlen haben: Das sind 7 Millionen Menschen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Von 83 Millionen!)

Wenn Sie von den Linken also sagen, dass 15 Prozent wenige Menschen sind, dann sind Sie mit Ihren 7 Prozent in den Umfragen eine Splittergruppe; das sage ich Ihnen, gar keine Frage.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jens Beeck [FDP])

Dann stützen Sie sich ja auf einen Wochenbericht des DIW. Da zitieren Sie auch korrekt, dass sich die gesetzliche Rentenversicherung auf mittlere Sicht deutlich stabilisiert, wenn man die Freiberufler etc. in die Rentenversicherung einbezieht. Sie haben aber den zweiten Satz vergessen, der gleich dahinter kommt, und den will ich gerne hier noch mal anfügen. Der lautet: „In der längeren Frist reduzieren sich diese Entlastungseffekte …“. Sie haben keine Auswirkung. Das heißt auf gut Deutsch: Das Rentenniveau sinkt, und die Beiträge steigen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Weil es keine Beitragsäquivalenzgrenze gibt in der Studie! Schlagen wir ja erst vor!)

Dolle Reform, kann ich da nur sagen, ganz dolle Reform!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und was Sie am Schluss dann in Ihren Antrag auch noch reinschreiben, zeigt, dass Sie eigentlich die Studie des DIW gar nicht verstanden haben. Sie wollen ja die Beitragsbemessungsgrenze erhöhen. Das bedeutet aber, dass Sie nicht neue Leute in die Rentenversicherung reinholen, sondern nur von denen mehr abkassieren, die schon drin sind. Das zeigt ja, dass Sie die Studie nicht verstanden haben. Sie wollen die Beitragsbemessungsgrenze auf 13 800 Euro anheben. Da habe ich mir gedacht: Donnerwetter! Warum sind Sie da eigentlich so zaghaft? Die, die knapp über dem Durchschnitt verdienen, wollen Sie stärker zur Kasse bitten, aber die richtig Reichen wollen Sie laufen lassen, die sollen nicht in die Rentenversicherung einbezahlen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zu Ende lesen!)

Da muss ich ehrlich sagen: Wenn Karl Marx das gewusst hätte, dann würde er sich im Grabe umdrehen, wie schlampig Sie den Sozialismus hier in Deutschland umsetzen, meine Damen und Herren. Es ist wirklich unfassbar!

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und dann erfinden Sie auch noch diese Beitragsäquivalenzgrenze. Das heißt auf gut Deutsch: Man bezahlt zwar mehr ein, aber man kriegt nicht mehr raus. Wir halten das für grob verfassungswidrig; das muss man ganz klar sagen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Überprüfen lassen! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist Sozialismus! Einzahlen und nix rauskriegen!)

Das haben auch schon Kollegen dargelegt. Aber auch da waren Sie schon mal mutiger, liebe Linke. Sie haben uns doch hier immer mit der Reichensteuer traktiert. Wo bleibt die denn? Die fehlt hier in diesem Antrag.

(Reinhard Houben [FDP]: Das ist richtig!)

Deshalb kann ich nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir lehnen diesen Antrag definitiv ab, nicht nur, weil er nicht auf unserer Linie liegt, sondern auch, weil er noch nicht mal auf Ihrer Linie liegt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jens Beeck [FDP] – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aber nicht nur deshalb!)