Skip to main content

Johannes Steiniger: Unser Klientel sind die Familien

Rede zum Familienentlastungsgesetz

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Monaten bin ich Patenonkel von Ida geworden. Meine Freunde Jana und Stefan haben mit der Kleinen ihr erstes Kind, übrigens ein ganz tolles Mädchen, bekommen und eine Familie gegründet. Das war ein wunderbares Ereignis, aber seitdem hat sich auch ziemlich viel in ihrem Leben verändert.

Heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir den beiden, allen Eltern und allen Familien in Deutschland sagen: Diese Große Koalition steht an eurer Seite, und sie liefert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir setzen heute eine Milliardenentlastung für die Familien in Deutschland auf die Schiene und helfen damit ganz konkret. Gleichzeitig setzen wir als CDU und CSU eines unserer zentralen Wahlkampfversprechen um. Herr Gottschalk, wenn Sie sagen, wir machten Klientelpolitik, kann ich Ihnen nur entgegnen: Ja, das stimmt. Unser Klientel sind die Familien.

(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche denn?)

Natürlich machen wir Politik für die Familien in Deutschland. Das ist doch ganz klar.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben letztes Jahr vor der Wahl versprochen, das Kindergeld zu erhöhen – und heute machen wir es. Damit ist auch die Botschaft verbunden: Wir halten Wort! Ihr könnt euch auf uns verlassen! Wir kümmern uns um diejenigen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten: Das sind die Eltern, die Kinder großziehen; das sind die Familien in Deutschland!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetzesvorhaben ist das zentrale Entlastungsprojekt dieser Koalition. Der Kern des Entwurfs ist die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages. Im ersten Teilschritt wird das Kindergeld – das wurde schon gesagt – ab 1. Juli 2019 um 10 Euro pro Monat erhöht. Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt entsprechend. Den nächsten Teilschritt werden wir dann mit einem neuen Gesetz zum 1. Januar 2021 vollziehen. Dann wird das Kindergeld noch einmal um 15 Euro erhöht. Zusammen macht das dann 25 Euro mehr Kindergeld pro Monat und Kind. Das bedeutet: 300 Euro pro Jahr und Kind mehr im Geldbeutel. Wenn man sich das einmal überlegt: Für 300 Euro bekommt man ein Jahresticket für den Berliner Zoo für die ganze Familie, ein kleines Fahrrad zu Weihnachten und 100 Kugeln Eis noch obendrauf. Ob für gemeinsame Ausflüge, leuchtende Kinderaugen an Weihnachten oder kiloweise Eis: Mit diesem Gesetz tun wir etwas Gutes für die Familien in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz konkret entlasten wir mit diesem Gesetz die Bürgerinnen und Bürger in vier Punkten.

Wir verschieben erstens die Tarifeckwerte in der Einkommensteuer 2019 um 1,84 Prozent und 2020 um 1,95 Prozent. Das ergibt Kosten von über 4,3 Milliarden Euro. Das hört sich sehr technisch an, ist aber nichts anderes als die Vermeidung der berühmten kalten Progression in der Einkommensteuer. Damit entlasten wir alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die jeden Tag hart arbeiten und Steuern zahlen. Vor Jahren haben wir versprochen, dass wir regelmäßig alle zwei Jahre einen Bericht zur Entwicklung der kalten Progression vorlegen. Konkret heißt das, dass wir schauen, wie viel vom Geld dann noch übrig bleibt, nachdem die Inflation ihre Finger im Spiel hatte. Hart verdiente Gehaltserhöhungen sollen nicht durch die Inflation aufgefressen werden. Deswegen passen wir die Grenzen regelmäßig an. Genau das machen wir in diesem Jahr erneut. Die berechnete Inflation bilden wir steuerlich ab und sorgen so dafür, dass ein Mehr auf dem Gehaltszettel auch ein Mehr in der Geldbörse bedeutet.

Zweitens erhöhen wir zum 1. Januar 2019 den steuerlichen Grundfreibetrag um 168 Euro und zum 1. Januar 2020 um weitere 240 Euro. Das ist eine Entlastung von über 3 Milliarden Euro jährlich. Hiervon profitiert jeder Steuerzahler.

Drittens – das ist der Kern; das habe ich bereits erwähnt – erhöhen wir das Kindergeld zum 1. Juli 2019 um 10 Euro. Das ist uns über 1,5 Milliarden Euro im Jahr wert.

Viertens heben wir den Kinderfreibetrag zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 jeweils um 192 Euro an. Das ist uns insgesamt 750 Millionen Euro jährlich wert. Meine persönliche Meinung ist im Übrigen, dass wir das nur als erste Schritte sehen müssen, dass wir aber insgesamt beim Kinderfreibetrag in Richtung des Grundfreibetrags für Erwachsene gehen müssen.

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In diesem Zusammenhang will ich bei aller Freude über die vorgesehene Entlastung aber auch sagen, dass ich mich etwas darüber ärgere, dass wir diese erste Lesung erst jetzt im Oktober haben. Frau Staatssekretärin, Sie haben es angesprochen: Ich hatte Minister Scholz schon im Juni in einer Regierungsbefragung darauf hingewiesen, dass wir den Prozess zügig in Gang setzen müssen, damit die Entlastung auch pünktlich zum 1. Januar wirken kann. Er hatte mir damals in der Regierungsbefragung zugestimmt. Als Union hätten wir im Übrigen in den letzten Wochen an der Stelle gerne mehr Gas gegeben, aber leider stand unser Koalitionspartner aus unerfindlichen Gründen hier etwas auf der Bremse.

(Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Steiniger, der Kollege Gottschalk würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

Johannes Steiniger (CDU/CSU):

Oh, ich bin gespannt. Gerne.

Kay Gottschalk (AfD):

Das kann ich mir vorstellen. – Herr Kollege, vielen Dank, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. Sie sprechen hier – nochmals – immer wieder fälschlich von Entlastung. Das ist Etikettenschwindel. Wann sehen Sie von der Regierung, auch Sie von der CDU endlich ein, dass Sie damit nur das tun, was Sie tun müssen, damit kein Reallohnverlust durch die kalte Progression eintritt? Sie tun hier so, als wenn sie die Leute beschenkten. Nein, Sie stellen nur her, dass ihre Einkommen auf dem bisherigen Niveau bleiben, damit der Reallohn gesichert ist. Um nichts anderes geht es beim Ausgleich der kalten Progression. Sie feiern sich hier gerade dafür ab, dass sie den Leuten etwas schenken würden. Nein, Sie belassen den Stand. Täten Sie nichts, würden die Menschen jeden Tag und jedes Jahr ärmer, und das, obwohl sie arbeiten,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

während andere reicher werden. Das tun sie. Da ist das Reden von Entlastung – würden Sie mir das zugestehen? – doch wirklich ein Etikettenschwindel; denn Sie tun nur so viel, dass der Status quo der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land erhalten bleibt. Oder was sagen Sie dazu?

(Beifall bei der AfD)

Johannes Steiniger (CDU/CSU):

Herzlichen Dank für die Frage. – Herr Gottschalk, Sie müssen doch auch zugeben, dass 10 Milliarden Euro eine Entlastung ist.

(Zurufe von der AfD: Nein!)

Das muss Ihnen doch klar sein. Dass wir einen Bericht zur kalten Progression vorgelegt bekommen wollen und entsprechende Anpassungen vornehmen wollen, das ist doch ein Beschluss dieses Hauses, den wir vor Jahren gefasst haben. Deswegen kann ich Ihre Frage an dieser Stelle gar nicht verstehen. Im Übrigen geht es auch um die Frage der Familienentlastung und die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag. Das ist ja wohl eine Entlastung der Familien in Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben mich gerade bei einem ganz anderen Thema unterbrochen, anscheinend haben Sie ein bisschen gebraucht, um Ihre Frage zu formulieren. Ich war gerade dabei, den Prozess ein Stück weit zu kritisieren, weil sich das Problem ergibt, wenn das Gesetz erst gegen Ende des Jahres beschlossen wird, dass die Zeit den meisten Arbeitgebern dann praktisch nicht mehr ausreicht, um die Lohnabrechnung an die veränderten Lohnsteuertabellen anzupassen. Das wird zusätzliche Bürokratie für Arbeitgeber und eine verspätete Entlastung der Arbeitnehmer bedeuten. Das finde ich schade. Ich appelliere an uns alle und insbesondere an die Regierung, beim nächsten Teilschritt in zwei Jahren den Existenzminimumbericht früher vorzulegen, damit wir dann schneller ein entsprechendes Gesetz machen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was ich hier als technische Aspekte aufgezählt habe, bedeutet eine Entlastung von 10 Milliarden Euro im Jahr. Wir beraten heute aber nicht nur über die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages. Wir beraten nicht nur über die Verschiebung der Tarifeckwerte. Wir beraten nicht nur über das technokratische Abhaken von Punkten aus dem Koalitionsvertrag. Heute geht es auch um den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Ralph Brinkhaus hat auf dem Deutschlandtag der Jungen Union gesagt: Zusammenhalt der Gesellschaft heißt, die Gesellschaft von der Mitte her zu denken, also von den Familien, von den Bürgerinnen und Bürgern mit mittlerem Einkommen, von den Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen und Steuern zahlen. Die haben wir mit unserer Politik im Blick. Hier haben wir mit dem Baukindergeld angesetzt, hier setzt der Wohngipfel an, und hier setzt auch dieses Familienentlastungsgesetz an. Die Leistungsträger unserer Gesellschaft haben es nämlich verdient, dass sich der Staat ihrer annimmt. Deswegen bedeutet ein solches Gesetz nicht nur irgendeine Änderung in der Steuertabelle. Von diesem Gesetz geht vielmehr das Signal aus, was uns in diesem Land wichtig ist, was uns in Deutschland ausmacht. Und das ist die Mitte der Gesellschaft: Familien, Kinder, hart arbeitende Bürgerinnen und Bürger, innovative Arbeitskräfte. An diese richten wir uns und sagen: Ihr seid uns etwas wert. Wir schätzen euch. Wir unterstützen euch.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)