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Jens Spahn: Das Versichertenentlastungsgesetz bringt konkrete Entlastung

Rede zum GKV-Versichertenentlastungsgesetz

Frau Präsidentin! Es ist mir eine besondere Freude, heute schon meine zweite Rede unter Ihrer Präsidentschaft halten zu dürfen.

(Stephan Brandner [AfD]: Oh ja!)

Denn es zeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir sind im Bereich Gesundheit und Pflege in der konkreten Umsetzung dessen, was wir uns – etwa mit dem vorhin eingebrachten Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, mit dem wir konkret die Situation im Arbeitsalltag von Hunderttausenden Pflegekräften in Deutschland verbessern wollen – vorgenommen haben. Mit dem GKV-Versichertenentlastungsgesetz haben wir ein weiteres von drei größeren Gesetzesprojekten im ersten halben Jahr der Großen Koalition angestoßen. Ziel ist es auch hier, im Alltag zu spürbaren Verbesserungen zu kommen. Es geht um konkrete Lebenssituationen, in denen wir entlasten. Und wir können entlasten, weil die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen in Deutschland, der gesetzlichen Krankenversicherung, insgesamt sehr gut ist. Deswegen freut sich im Übrigen auch jeder Gesundheitsminister, wenn die Wirtschaft gut läuft. Die Voraussetzung für eine gute Sozial-, Pflege- und Gesundheitspolitik ist am Ende eine gute Wirtschaftspolitik,

(Beifall bei der CDU/CSU)

die erst den wirtschaftlichen und finanziellen Spielraum schafft, um in der gesetzlichen Krankenversicherung gestalten oder, wie in diesem Fall, entlasten zu können.

Wenn ich „konkrete Lebenssituationen“ sage, will ich nur ein Beispiel bringen: das Beispiel einer selbstständigen Webdesignerin mit zwei kleinen Kindern. Sie kann nur kleinere Aufträge annehmen, um flexibel genug für die Familienaufgaben zu sein, die sich ihr eben auch stellen. Sie hat bisher im Schnitt gut 1 000 Euro im Monat verdient und darauf den Mindestbeitrag zur Krankenversicherung für hauptberuflich Selbstständige gezahlt. Das waren bisher gut 360 Euro. Den halbieren wir jetzt mit diesem Gesetz. Das ist eine soziale Frage. Für diese alleinerziehende Mutter heißt das: 180 Euro weniger Beitrag zur Krankenversicherung, 180 Euro mehr Haushaltseinkommen pro Monat ab dem 1. Januar. Das ist für etwa eine halbe Million Versicherte, denen es genauso geht, für die der Mindestbeitrag für Selbstständige zur gesetzlichen Krankenversicherung eine soziale Frage ist, eine enorme Entlastung. Deswegen ist es gut, dass wir das heute hier in erster Lesung beraten können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir sorgen mit dem Versichertenentlastungsgesetz für eine Entlastung aller gesetzlich versicherten Angestellten, deren Beitrag direkt vom Lohn abgezogen wird, indem wir Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder zu gleichen Teilen die Beiträge zur Krankenversicherung zahlen lassen. Dadurch werden Millionen Beitragszahler in Deutschland entlastet, im Übrigen auch alle Rentnerinnen und Rentner in Deutschland um einen Milliardenbetrag entlastet.

Ich finde, wenn wir – erstens – die gute wirtschaftliche Ausgangslage nehmen, wenn wir – zweitens – den Umstand nehmen, dass wir dort, wo es nötig ist – in der Pflege, in der Frage einer besseren Versorgung im ländlichen Raum, den wir mit finanziellen Anreizen attraktiver machen wollen –, Geld zur Verfügung stellen, um zu gestalten und die Versorgung zu verbessern, dann sollten wir – drittens – diejenigen, die den Laden am Laufen halten, die sich jeden Tag darum kümmern, dass die Einnahmen überhaupt erst da sind, auch im Blick haben und sie entlasten. Deswegen ist der heutige Tag mit dem Gesetz, das wir einbringen, ein guter Tag für viele Millionen Menschen in Deutschland, die dann ein paar Euro netto mehr haben. Man kann sagen, ein paar Euro sind nur ein paar Euro; aber ein paar Euro sind dann eben auch ein paar Euro. Für jemanden, der 3 000 Euro verdient, sind es 8 bis 9 Euro mehr im Monat. Das ist spürbar, das macht einen Unterschied. Genau das bringt dieses Gesetz mit sich. Deswegen ist es ein gutes Gesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

– Ein bisschen mehr Freude hätte ich eigentlich angesichts des Umstandes erwartet, dass Sie ungefähr 20 Jahre lang dafür gekämpft haben, dass die Parität wieder eingeführt wird.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das würde mir zu denken geben! – Bärbel Bas [SPD]: Wir feiern das gleich noch ab!)

– Kommt gleich noch. Dann bin ich ja beruhigt, dass der Teil dann auch noch kommt. Aber so wird das halt nichts: Wenn Sie sich nicht ab und zu über das freuen, was Sie erreicht haben, dann merkt es halt auch keiner.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der FDP)

Wir kommen zur Frage der Krankenkassen mit hohen Finanzreserven. Es ist bei den Kassen, die besonders hohe Rücklagen haben, Spielraum dafür vorhanden, zusätzliche Entlastung zu gewähren. Wer Rücklagen in Höhe von drei oder vier Monatsausgaben hat, braucht das Geld auch nicht für Versorgung. Ich höre, dass der eine oder andere sagt: Gebt diese Rücklagen doch lieber in die Versorgung! – Aber dieses Geld wird offensichtlich für Versorgung nicht gebraucht;

(Sabine Dittmar [SPD]: Das ist falsch! Das ist eine falsche Annahme!)

sonst könnten bei einer einzelnen Kasse nicht so hohe Rücklagen entstehen. Deswegen wird es ab 2020 bei solchen Kassen gezielt zu weiteren Entlastungen kommen.

Davor steht ohne Zweifel die Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs an – ein Wort­ungetüm, bei dem es im Kern um die Frage geht, wie wir alle Krankenkassen, egal wie viel kränkere oder ältere Versicherte sie haben, in eine gleiche Startposition bringen, um eine gute Versorgung leisten zu können. Das wird ein größeres Reformprojekt, das sich an das heute eingebrachte anschließt.

Das Versichertenentlastungsgesetz bringt konkrete Entlastung, konkrete Hilfe für Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)