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Frank Heinrich: Altersarmut muss mit den bekannten drei Säulen bekämpft werden

Rede zu Armutsbekämpfung bei Rentnern

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seitdem Sie den Antrag gestellt haben – ich glaube, im Februar letzten Jahres –, ist einiges passiert. Seither haben CDU/CSU – wir haben das gerade mehrfach gehört – intensiv an der im Koalitionsvertrag versprochenen Vereinbarung zur Grundrente gearbeitet. Das konnte ja jeder gut verfolgen, wie Sie auch gerade zitiert haben.

Sie nennen es die Sofortmaßnahme. Wir wissen, dass zwei andere Anträge dies anders nennen: Derjenige von der FDP nennt es Basisrente, der von den Grünen Garantierente. Unser Modell heißt, wie inzwischen sehr gut bekannt, Grundrente. Wir haben sie, wie gerade auch gesagt, im Koalitionsvertrag festgeschrieben; sie beschäftigt uns also schon ein ganzes Stück länger. Ich bin dankbar, dass wir jetzt die Ziellinie dazu vor Augen haben.

Wir haben die Notwendigkeit, etwas Weitreichendes gegen Altersarmut zu tun, schon vor längerer Zeit erkannt – da sind wir uns übrigens einig, was die Richtung angeht –, länger auf jeden Fall, glaube ich, als Sie das erkannt haben. Wie Sie alle wissen, hat dann Mitte Februar dieses Jahres das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Grundrente beschlossen. Morgen findet die erste Lesung dazu statt, und am 25. Mai werden wir eine öffentliche Anhörung haben. Wir befinden uns also mitten im parlamentarischen Verfahren, und wir sind eben auf der Zielgeraden dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Der zweite Gedanke. Ihr Antrag ist inzwischen überholt, nicht nur wegen seines Alters. Dennoch möchte ich kurz darauf eingehen. Aus unserer Sicht ist Ihr Antrag sehr, sehr knapp gehalten und wenig detailliert. Sie fordern diese Anrechnungsfreistellung der gesetzlichen Rente, die Sie gerade genannt haben, Herr Kollege, in Höhe von mindestens 15 Prozent maximal bis zur Hälfte des Regelbedarfs von derzeit 216 Euro. Wenn man das mathematisch durchrechnet und es auf die 500- oder 600-Euro-Renten zu übertragen versucht, so kommt bei unserer Regelung einfach mehr heraus. Nach unserer Interpretation des äußerst kurzen und wenig detaillierten AfD-Antrags geht unsere Rentenregelung weit über diese Forderung hinaus. Gerade Menschen mit langjähriger Versicherung und geringen Renten werden von der Grundrente stärker profieren als von Ihrem Antrag.

Eine Mindestversicherungszeit kommt in Ihrem Antrag gar nicht vor. Für uns ist dieser Punkt aber ganz wesentlich. Wir möchten gerade diejenigen fördern, die trotz langjähriger Versicherung, Erziehung von Kindern oder Pflege von Angehörigen nur eine geringe Rente erhalten.

Des Weiteren macht Ihr Vorschlag aus unserer Sicht eine zusätzliche Altersvorsorge eben vollkommen unattraktiv, da alles in einen Topf geworfen wird.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Uns ist wichtig: Die zusätzliche Altersvorsorge soll sich auch für Geringverdiener lohnen. Gerade hiermit würde aber nach unserer Auffassung der Aufbau dieser zusätzlichen Altersvorsorge für Geringverdiener wieder unattraktiv.

Rente basiert auf Beitragszahlung, und wir sind eben nicht dafür, dass jede Beitragszahlung in die Rentenversicherung unabhängig von ihrer Dauer aufgewertet wird.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hier geht es aber um Armutsbekämpfung! Das hat mit Äquivalenzprinzip nichts zu tun!)

Wichtig ist nach wie vor: Altersarmut muss mit den bekannten drei Säulen bekämpft werden – dazu stehen wir –: gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Altersvorsorge und private Vorsorge. Darauf gehen Sie in dem Antrag gar nicht ein. Bei der Kürze dessen, was da an Forderungen steht, war das auch kaum machbar. Das ist einer der Hauptkritikpunkte, weshalb wir heute Ihren Antrag ablehnen und Sie eher auffordern, dass Sie unseren Vorschlag mittragen.

Und dann komme ich zu dem Konzept, worauf wir morgen länger Zeit haben werden einzugehen. In dem vorgelegten Gesetzentwurf zur Grundrente zeigt die Koalition, dass sie zu ihren Vereinbarungen steht und die gesetzliche Rente stärkt. Wer mindestens 33 Jahre gearbeitet hat und in die Rentenkasse eingezahlt hat, Kinder erzogen hat, wie gerade gesagt, und Angehörige gepflegt hat, soll durch die Grundrente am Schluss besser dastehen als Menschen, die das eben nicht getan haben. Wir wollen zeigen, dass es sich lohnt, in die Rentenkasse einzuzahlen, und da herrscht hier großflächige Einigkeit.

(Zurufe von der AfD: Nein!)

– Nicht von allen. Ich habe „großflächig“ gesagt.

Von der Grundrente werden all diejenigen profitieren, die auch von den anderen Fraktionen mit ihren Anträgen in den Fokus genommen wurden: Menschen in Ost und West, die im Niedriglohnbereich tätig waren und trotz großer Anstrengungen dann im Alter von Altersarmut bedroht werden. Vor allem Frauen werden durch die Grundrente unterstützt. Das ist notwendig wegen der Lohnunterschiede und weil sie nach wie vor die Hauptlast bei Kindererziehung und Pflege tragen.

Als Chemnitzer und damit Abgeordneter aus den neuen Bundesländern weiß ich, dass insbesondere Menschen in diesem Teil unseres Landes von der Grundrente profitieren werden. Sie waren nach der Wende in den letzten Jahren von gewaltigen Umwälzungen betroffen und mussten teilweise für sehr geringe Löhne arbeiten. Die Einkommensprüfung stellt sicher, dass nur Menschen Grundrente erhalten, die sie dann auch benötigen. Da haben wir als Union ein sehr wichtiges Anliegen nicht nur vor uns hergetragen, sondern auch durchgesetzt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Gesetzgebungsverfahren legen wir als Union ganz großen Wert auf solide Finanzierung auch der Grundrente und auf einen niedrigen Verwaltungsaufwand für Berechtigte und für die Verwaltung selbst. Wer da Ideen hat, der ist im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens herzlich willkommen, sich einzubringen. Ich freue mich auf diese anstehenden Beratungen und die konstruktive Beteiligung aller Fraktionen, zumal wir ja offensichtlich die gleiche Erkenntnis gewonnen haben und die gleiche Richtung vorhaben.

Ich hatte gesagt, dass es uns besonders wichtig ist, dass wir nicht nur in diesem Fall auf die Finanzierbarkeit achten. Und ich denke, an einem Tag wie heute, der auch als Namenstag einer Schutzpatronin für das Geld gewidmet ist, darf man das dann auch doppelt betonen. Spannend finde ich dabei allerdings ihren Namen: die Heilige Corona.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD)