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Dr. Thomas Gebhart: "Versichertengelder werden wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt"

Rede zum Krankenkassenwettbewerb und Krankenversorgung

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz, das wir heute hier debattieren und beschließen werden, hat einen Gewinner, und das sind die gesetzlich Versicherten; denn sie können darauf vertrauen, dass ihre Beitragsgelder dort ankommen, wo sie benötigt werden. Die Risiken, wer wo wie oft krank ist und wie viel das kostet, sind ungleich verteilt. Deswegen wurde vor 25 Jahren ein Ausgleichsmechanismus zwischen den Kassen eingeführt, der Risikostrukturausgleich. Das bisherige System des Ausgleichs hat allerdings Schwächen. Es war zu ungenau, es führte zu Wettbewerbsvorteilen für einige wenige Kassen, und schließlich stellte sich heraus, dass es zumindest möglich war, das System zu manipulieren. Hinweise deuten darauf hin, dass Krankenkassen Einfluss auf die Diagnosestellung der Ärzte nahmen, um Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz, das wir heute beschließen, machen wir diesen Ausgleich gerechter. Die Kassen, die wirklich mehr Geld für die Versorgung ihrer Versicherten benötigen, sollen dieses Geld auch erhalten. Um dies zu erreichen, gestalten wir das Zuweisungssystem genauer. Wir berücksichtigen zukünftig regionale Ausgabenunterschiede. Hochkostenfälle werden finanziell abgefedert, und in die Berechnungen des Ausgleichs fließen jetzt alle Krankheiten ein; bislang war es nur eine begrenzte Anzahl.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Außerdem treten wir auf die Manipulationsbremse. Es darf aus unserer Sicht keinerlei Anreize geben, die Diagnosestellung der Ärzte zu beeinflussen.

Ja, meine Damen und Herren, wir sind für Wettbewerb, wir sind für Wettbewerb auch im Gesundheitswesen; aber wir wollen einen Wettbewerb um die beste Versorgung und nicht um die besten Finanztricks.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das wollen wir auch!)

Wenn Diagnosen auffällig stark ansteigen, hat das daher Auswirkungen auf die Zuweisung.

Bestimmte Verträge zwischen Ärzten und Kassen, sogenannte Selektivverträge, nehmen wir stärker unter die Lupe. Dadurch wollen wir frühzeitig erkennen, wenn es einen Manipulationsversuch gibt. Dazu richten wir für diese Art von Verträgen ein Vertragsverzeichnis ein. Außerdem stärken wir die Prüfkompetenzen des Bundesamtes für Soziale Sicherung. Wir verbessern insgesamt die Transparenz und die Zusammenarbeit bei den Aufsichtsbehörden und geben – auch das ist Ausdruck eines funktionierenden Wettbewerbs – den Krankenkassen ein Klagerecht untereinander. Damit stärken wir auch die Selbstkontrolle.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, funktionierender Wettbewerb ist wichtig, weil 70 Millionen gesetzlich Versicherte in diesem Land ein gutes Leistungsangebot bekommen sollen. Zu einem echten Wettbewerb gehört unserer Meinung nach aber auch eine echte Wahlfreiheit. Deshalb wäre es aus unserer Sicht richtig und auch logisch gewesen, die regionalen AOKen bundesweit zu öffnen und sie auch unter eine einheitliche Aufsicht zu stellen. Dafür haben wir aber keine Mehrheit gefunden. Das ist Teil der Wahrheit. In diesem Punkt ist das Gesetz für uns ein Kompromiss, mit dem wir aber das umsetzen, was möglich ist.

Ich möchte noch auf ein Thema zu sprechen kommen, weil es ein sehr dringliches Thema ist. Weil es so dringlich und wichtig ist, haben wir es in dieses aktuelle Gesetz aufgenommen. Es geht um die Lieferengpässe bei Arzneimitteln.

Meine Damen und Herren, weil sich die Meldungen dazu häufen und weil Patienten das in der Apotheke spüren und uns das immer wieder melden, haben wir jetzt in diesem Gesetz eine ganze Reihe von Maßnahmen aufgegriffen, sie aufgenommen und uns darauf verständigt: Wir erweitern die Kompetenzen der zuständigen Bundesoberbehörden. Wir führen Meldepflichten ein, und zwar für die Pharmahersteller und die Großhändler. Damit können wir schneller auf Engpässe reagieren. Wir sorgen außerdem dafür, dass Versicherte, wenn ihr Arzneimittel einmal nicht lieferbar ist – das ist ein aus Sicht der Patientinnen und Patienten in diesem Land ganz wichtiger Punkt –, aber ein vergleichbares Arzneimittel, dann dieses Arzneimittel ohne Aufpreis erhalten können.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, insgesamt schafft dieses Gesetz eine gute Grundlage dafür, dass die Versichertengelder wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden. Es ist deswegen ein gutes Gesetz für die gesetzlich Versicherten in diesem Land. Es stärkt den Wettbewerb, es kommt den Versicherten zugute, es schafft Vertrauen.

Ich bedanke mich auch im Namen des Ministers für die guten Beratungen im parlamentarischen Prozess und darf Sie herzlich um Ihre Zustimmung bitten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)