Skip to main content

Dr. Silke Launert: Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Redebeitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern

Sehr schade, dass ich die nicht bekomme.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Die bekommen Sie gegebenenfalls von mir.

 

Dr. Silke Launert (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Voranschreiten, gestalten, entscheiden, das ist das, was immer mehr Frauen in diesem Land wollen. Und es gibt sie, die Frauen in Führungspositionen, in oberen Bundesbehörden und Konzernen, die Familienunternehmerinnen, die den eigenen mittelständischen Betrieb leiten, die Frauen, die hohe politische Ämter bekleiden; es gibt sie. Wir sind also auf einem Weg – einem „guten“ ist übertrieben – hin zur Gleichberechtigung, wenn man einfach mal 100 oder auch nur 40 Jahre zurückschaut.

Aber – das bestreitet die AfD ja immer – es gibt auch die gläserne Decke. Es ist immer noch deutlich schwieriger für Frauen als für Männer, nach ganz oben in die Chefetagen zu gelangen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Es gibt kein Recht, was dagegenspricht!)

– Bitte?

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht zuhören! Reden Sie einfach weiter!)

Viele empfinden und erleben das so, und – ich will weitermachen – die Zahlen zeigen das; die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache. – Hören Sie halt zu!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nimmt man alle Betriebe zusammen, die eine Zielgröße für den Frauenanteil im Vorstand angeben sollen, dann sagen 70 Prozent der Unternehmen, deren Vorstand jetzt nur mit Männern besetzt ist: Unser Ziel ist „Quote null“. – Also, einen deutlicheren Fakt, als dass da alle Männer sagen: „Wir wollen das Ziel null“, gibt es doch gar nicht. Das ist ein ganz klarer Beweis, dass da offensichtlich nicht Frauenförderung betrieben wird.

(Beifall der Abg. Melanie Bernstein [CDU/CSU], Mechthild Rawert [SPD] und Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ganz ehrlich: 70 Prozent dieser Unternehmen wollen ihren Frauenanteil nicht erhöhen. Es geht nicht darum, ob es welche gibt.

(Beatrix von Storch [AfD]: Hört! Hört! – Karsten Hilse [AfD]: Mensch, die haben eine eigene Meinung!)

Die wollen unbedingt keine Frau haben; genau diese Meinung haben sie. Das ist doch eigentlich erschreckend: Es geht nicht um die Frage, ob es keine Frauen gibt, sondern darum, ob man sie will, und hier will man sie nicht. Wenn ein Unternehmen nicht einmal in der Lage ist, eine Frau zu finden in der heutigen Zeit, bei den gut ausgebildeten Frauen, dann hat das Unternehmen seine Hausaufgaben nicht gemacht. Das gilt für alle Branchen; denn inzwischen gibt es Frauen in allen Branchen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass Quoten, so umstritten sie auch sind, etwas bringen, kann man an der Quote für Aufsichtsräte sehen. Da hieß es am Anfang auch: Die Frauen gibt es alle nicht. Plötzlich, 2017, waren es dann 30, 2019 dann 35.

(Abg. Dr. Marc Jongen [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Ich habe das selbst erlebt: Im Parteivorstand der CSU hieß es auch erst: Die gibt es alle nicht, die Frauen für die 40-Prozent-Quote. – Plötzlich gab es sie. Ganz ehrlich, die Frauen in der CSU stehen den Männern in keinster Weise qualitativ nach.

(Beifall der Abg. Melanie Bernstein [CDU/CSU], Mechthild Rawert [SPD] und Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, erlauben Sie – –

 

Dr. Silke Launert (CDU/CSU):

Nicht mehr um diese Zeit. Ich muss zum Zug; es tut mir leid.

Natürlich ist es ein Drahtseilakt, wenn man Quoten hat; denn das ist ein Eingriff in das ausgeübte Gewerbe, ein Eingriff in das Eigentumsrecht. Aber ob das ein Eingriff ist, ist nicht die Frage. Wir haben in unserer Verfassung ständig Eingriffe, auch in Grundrechte, ermöglicht. Die Frage ist, ob der Eingriff gerechtfertigt ist, das heißt, ob er geeignet, angemessen, erforderlich ist. Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz wurde schon angesprochen:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Jongen?

(Mechthild Rawert [SPD]: Nein! – Weitere Zurufe: Nein!)

Es würde Ihnen – –

 

Dr. Silke Launert (CDU/CSU):

Nein, ich habe schon geantwortet: Ich muss echt zum Zug. – Das heißt, ich habe einen anderen Wert in der Verfassung, der da heißt: Ich möchte strukturelle Nachteile überwinden, ich möchte Frauen fördern. – Das heißt, es gibt das Recht „Ich bestimme selbst als Unternehmer“ und einen Auftrag „Ich fördere Frauen“, und hier muss ich einen angemessenen Ausgleich schaffen. Genau darum geht es bei all diesen Frauendiskussionen.

Sie haben ja recht: Die Verfassung sieht nicht vor: Gleichstellung überall; das sage ich auch nicht.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, Sie müssen bedauerlicherweise – –

 

Dr. Silke Launert (CDU/CSU):

Aber der Förderauftrag ermöglicht eine Stärkung, damit ich mehr Chancen habe, wenn ich strukturelle Nachteile habe. Und wenn ein Gremium, das nur mit Männern besetzt ist, sagt: „Unser Ziel ist null Frauen“, tut mir leid, dann ist eindeutig, dass es da ein Problem gibt.

(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, Sie müssen bitte wirklich zum Schluss kommen.

 

Dr. Silke Launert (CDU/CSU):

Wir wollen mehr Frauen, die voranschreiten und gestalten. Es wäre ein großer Fehler, wenn man auf das Potenzial dieser Frauen verzichtet.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Mechthild Rawert [SPD])