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Dr. Roy Kühne: Menschen mit extremer Sehschwäche werden entsprechend unterstützt

Rede zur Versorgung gesetzlich Versicherter mit Sehhilfen

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen! Mit den vorliegenden Anträgen setzen wir eine Diskussion fort, die wir schon mehrfach geführt haben. Bereits 2004 haben wir im Zusammenhang mit dem GMG, dem GKV-Modernisierungsgesetz, darüber gesprochen, wie wir mit diesen Kosten umgehen werden. Zuletzt haben wir im vergangenen Jahr explizit über Beitragszuschüsse bei Sehhilfen und Brillen im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung, HHVG, diskutiert, ein Gesetz, das ich als Mitberichterstatter massiv mit vorangetrieben habe und das wir zu einem guten Ende gebracht haben. Sicherlich stellen Gesetze zum Schluss immer Kompromisse dar. Da geht es auch um Kostenfragen. Ich habe damals – davon bin ich noch heute überzeugt – gesagt: Eine Wiedereinführung von Sehhilfen in die Abrechenbarkeit kann es aus verschiedenen Gründen nicht hundertprozentig geben. Ich möchte kurz einige Gründe dafür nennen. Sie wurden in der Vergangenheit schon mehrfach genannt.

Warum haben wir Sehhilfen aus dem Leistungskatalog umfänglich voll gestrichen? Trotz verschiedenster Reformen – das ist ein kleiner Rückblick in die Vergangenheit – ist es damals den regierenden Parteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen nicht gelungen, den stetigen Anstieg der Beitragssätze der Krankenkassen zu stoppen. Auch bedingt durch die damals allgemein ungünstige konjunkturelle Entwicklung und steigende Arbeitslosenzahlen stieg der Beitragssatz auf 14 Prozent im Jahr 2002. Ulla Schmidt hat daraufhin, umfassende Gesundheitsreformen durchgeführt. Diese bestanden ebenfalls aus zahlreichen Kompromissen. Einige davon waren – das muss man zugeben – nicht leicht. Aber sie waren damals notwendig, um das Ganze wieder nach vorne zu bringen. Sinn und Zweck war, massiv Kosten einzudämmen. Dazu gehörte auch die Sehhilfe. Wir wissen, dass heutzutage viele Menschen bereit sind, dort eigene Investitionen zu tätigen. Im Bereich der Sehhilfen – das sehe ich heute noch genauso – und mit Blick auf die Einnahmesituation des GKV-Systems in Zukunft besteht momentan keine Möglichkeit, die Uhr zurückzudrehen und den Status vor 2004 wiederherzustellen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Da sollten wir die Sporttherapie auch unter Beobachtung stellen!)

In Deutschland gibt es ungefähr 20 Millionen kurzsichtige Personen. Die Kosten – je nach Sehschwäche, Hornhautverkrümmung sowie Einstärken-, Zweistärken- oder Dreistärkengläsern – bei dem zu kalkulierenden durchschnittlichen Festbetrag von 50 Euro pro Brillenglas und Versicherten gingen in die Milliardenhöhe. Im HHVG haben wir uns aus verschiedenen Gründen dazu entschieden, eine ganz bewusste Entlastung der Versicherten mit extremen Sehschwächen durchzuführen. Dies haben wir auch beschlossen. Seit letztem Jahr können Versicherte einen Zuschuss in Anspruch nehmen, wenn sie nach ICD-10-GM 2017 aufgrund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder einen verordneten Fernkorrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie bzw. Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus aufweisen. Dieser Schritt war wichtig, um Versicherte, die aufgrund einer extremen Sehschwäche ohnehin mit finanziellen Belastungen zu rechnen haben, nicht mit der Gesamtlast zu überfordern.

Für die Koalition steht – das muss man klar betonen – der Patient im Mittelpunkt.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ach! Hört! Hört!)

Jetzt genauso wie zukünftig müssen wir aber auch die Ressourcen im Auge behalten. Das bedeutet ein verantwortungsvoller Umgang mit dem wertvollen Geld der Patientinnen und Patienten; es sind Beiträge.

Nur zur Betonung: Menschen mit extremer Sehschwäche werden entsprechend unterstützt. Aber wir sehen, dass Brille heutzutage auch Mode ist. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten – Gläser, Tönung usw. –, diese zu variieren. Diese Kosten sollten wir im Blick haben. Das ist unsere Gesamtverantwortung für das Gesamtsystem.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)