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Dr. Georg Kippels: "Viel Überzeugungsarbeit im internationalen Kontext leisten"

Rede in der Aktuelle Stunde - Strategie zur Vorbeugung gegen das Corona-Virus

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Seuchen, Epidemien, Pandemien sind seit Jahrhunderten die Geißeln der Menschheit. Die Liste der Krankheitsbilder ist lang, und sie ist vor allen Dingen – trotz intensivster Forschungsmaßnahmen, gerade auch aus Deutschland – noch lange nicht geschlossen.

Bei den Pocken ist es gelungen, durch eine systematische Bekämpfung und Impfaktion die Ausrottung herbeizuführen. Bei Polio sind wir auf der Zielgeraden; es wird möglicherweise nur noch wenige Jahre dauern, bis dieser Gesundheitsbefund abgeschlossen ist.

Aber die Liste verlängert sich immer wieder: SARS, MERS, die Schweinegrippe. Immer wieder entsteht etwas durch die Veränderung von Genkonstellationen. Die Natur ist in diesem Zusammenhang außerordentlich erfinderisch, stellt uns vor neue Herausforderungen.

Ich glaube, es ist heute in den Redebeiträgen zunächst einmal ziemlich deutlich geworden, dass trotz aller theoretischen Vorbereitung leider immer wieder ein Überraschungseffekt eintreten kann. In Westafrika kam es in den Jahren 2014 und 2015 durch nicht funktionierende Basisgesundheitssysteme und eine unzureichende Diagnostik zu einem verheerenden Ausbruch von Ebola. Aber auch ganz andere Problemstellungen wie beispielsweise unzureichende Kommunikation, unzureichende Diagnostik spielen eine Rolle dafür, ob man diesen Gefahren begegnen kann oder ob dies nicht gelingt.

Mit einer gewissen Verwunderung nehme ich allerdings heute zur Kenntnis, dass der eine oder andere, der sich offensichtlich aufgrund der Aktualität jetzt mit der Materie „globale Gesundheit“ beschäftigt, den Eindruck erweckt, diese Thematik sei in der Arbeit der Bundesregierung erst seit wenigen Wochen, seit Anfang Dezember verankert. Das ist keineswegs der Fall. Insofern, lieber Kollege Ullmann: Ich weiß, dass Ihr Herz als Infektiologe für dieses Thema brennt. Aber den Eindruck zu erwecken, dass wir uns seit Jahr und Tag mit der Materie und der Systematik nicht auseinandersetzen, spiegelt ein vollkommen falsches Bild wider.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Habe ich mit keinem Wort gesagt! Nicht die Worte umdrehen! – Christian Dürr [FDP]: Von der Sache her hat der Kollege Ullmann aber mehr Ahnung!)

Schon bei G 7 und G 20 in der letzten Legislaturperiode war es der Kanzlerin zu verdanken, dass diese Thematik Eingang in die Tagesordnung gefunden hat. Und unter Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe wurde das International Advisory Board on Global Health, das Internationale Beratergremium zur globalen Gesundheitspolitik, unter Leitung von Ilona Kickbusch, installiert, um sich mit der Methodik, mit der Art und Weise der Zusammenarbeit und natürlich auch mit einer Verbesserung der Arbeitsweise der Weltgesundheitsorganisation konstruktiv auseinanderzusetzen.

Es ist auch das Verdienst der Zusammenarbeit der Großen Koalition, dass zu Beginn dieser Legislaturperiode der Unterausschuss Globale Gesundheit gegründet wurde, dass wir seit Beginn der Legislaturperiode in unseren Sitzungen ununterbrochen die Themen analysieren, die Formate der Zusammenarbeit zusammentragen und dass daraus dann die entsprechenden Lehren für die Arbeit der Regierung gezogen werden können.

Deutlich geworden ist, glaube ich, dass eine Einzelleistung durch die Bundesrepublik in diesem Zusammenhang keinesfalls ausreichend ist, wenngleich unser Beitrag unverzichtbar ist und auf hohem wissenschaftlichem Niveau stattfindet.

Es nützt aber auch nichts, dass wir jetzt mit besonders aggressivem Tonfall versuchen, China auf ein Einlenken und auf einen besseren Informationsfluss hin zu bewegen,

(Zuruf des Abg. Dr. Wieland Schinnenburg [FDP])

weil China schlicht und ergreifend – Kollege Henke hat es eben beschrieben – eine besondere Mentalität im Umgang mit Fehlerbewältigung hat und es eben nicht gelingt, durch Druck oder durch das Aufbauen eines Drohszenarios an die für uns in der Arbeit so wichtigen Informationen zu gelangen.

Noch heute Morgen hat Professor Wieler vom Robert-Koch-Institut dezidiert dargelegt, wie wichtig es ist, wissenschaftliche Basisinformationen zu bekommen, und es gibt kein einziges Sanktionsmittel der Weltgesundheitsorganisation, um diesen Prozess zu beschleunigen. Es ist für den Erfolg der Arbeit allerdings ungeheuer wichtig, dass unsere wissenschaftlichen Institutionen möglichst schnell an diese Informationen kommen, um durch die Isolierung der Viren entsprechende Untersuchungen durchzuführen, die Diagnostik zu verbessern, eine explizit auf dieses Gesundheitsproblem ausgerichtete Therapie zu konzipieren und dann natürlich auch Vorkehrungsmaßnahmen gegen die internationale Ausbreitung zu ergreifen.

Ich glaube, das wichtigste Fazit dieser Aktuellen Stunde muss sein, dass wir in Deutschland unsere Beiträge hervorragend leisten, dass wir teamfähig sind, dass wir mit der Europäischen Union konstruktiv zusammenarbeiten, dass wir aber auch noch sehr viel Überzeugungsarbeit im internationalen Kontext leisten müssen, damit alle diese Herausforderung der globalen Gesundheit gleichermaßen zur Kenntnis nehmen und konstruktiv an der Lösung mitarbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])