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Christian Schmidt: Wir reden hier über Menschen , gleich welcher genetischen Disposition sie sind

Rede zu vorgeburtlichen genetischen Bluttests

Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier nicht über Themen, die in Zahlen fixiert werden und unter dem Summenstrich ein Ja oder Nein ergeben können. Wir reden hier über Menschen, über das Recht der Menschen, zu leben, gleich welcher genetischen Disposition sie sind, und über die Frage, wie man sich bei den Herausforderungen, die sich daraus ergeben, konkret mit staatlicher, mit öffentlicher, mit gesellschaftlicher Unterstützung und Zusammenarbeit verhält.

Da haben wir große Defizite, die man schon allein an der Diskussion darüber erkennt. Es kam schon in mehreren Beiträgen deutlich zum Ausdruck, wie schwer wir uns tun. Wer ist „wir“? „Wir“ sind diejenigen, die meinen, sie wären etwas Besseres als diejenigen, über die geurteilt wird.

Inklusion ist in der Tat die Grundlage, und zwar eine Inklusion, die gesellschaftlich nicht nur gefordert wird, sondern auch gelebt wird. Dies ist nicht nur bei den Behindertenverbänden so, sondern ich denke, es gibt hier im Hause und sonst wo sehr viele, die im eigenen Lebensumfeld die Erfahrung machen, mit wie viel Liebe und Engagement Menschen in ihrer jeweiligen Disposition einen Beitrag zu dieser Gesellschaft, aber auch zu ihrer eigenen Freude leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Das heißt für uns: Wir müssen abwägen. Natürlich gibt es soziale Fragen; das ist angedeutet worden. Ich kann nicht sagen: Ich mache den Test sehr teuer, dann können ihn sich gerade diejenigen leisten, die meinen, ihn sich leisten zu müssen. – Ich muss die anderen Fragen stellen: Wie kann ich den Fortschritt in der pränatalen Diagnostik, der sich natürlich hin zu einem nicht­invasiven Test entwickelt hat, in einen Bezug bringen zu einem verantwortungsvollen Umgang damit? Welche Entscheidungsgrundlagen brauchen die Mutter, die Eltern, welche Informationen, um sich für eine Option zum Leben zu entscheiden? – Das sollte in den Vordergrund gerückt werden.

Keiner kann die Stelle der Betreffenden einnehmen. Diese Entscheidung muss jeder für sich alleine treffen. Alleine? Nein, die Gesellschaft muss helfen; sie muss dabei sein, und sie muss vor allem akzeptieren, dass wir das eben nicht nüchtern – wie das in Großbritannien der Fall gewesen ist – angehen können. Dort wurden Zahlen genannt, und ein Film der BBC hat alles verändert, weil darin jemand mit Downsyndrom aufgetreten ist und gezeigt hat, was er kann.

Wir sollten sehr zurückhaltend bei dieser Frage sein. Ich kann mir nur vorstellen, dass wir im Bereich einer gewissen Begrenzung mit Begleitung und nicht mit einer einfachen Regelkassenleistung dazu beitragen, dass Menschen mit Chancen, die mit Trisomie geboren werden – –

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Danke sehr. Jetzt ist auch Ihre Redezeit abgelaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)