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Bettina M. Wiesmann: Die Koalition macht Familienpolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit

Haushaltsgesetz 2018 - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluss dieser, wie ich finde, wichtigen und facettenreichen Debatte möchte ich vier Feststellungen treffen.

Erstens. Diese Koalition macht Familienpolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit, und das ist gut so.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Denn – da kann ich direkt an meinen Vorredner anschließen –: Familien sind der Kern des Zusammenhalts und die Zukunft unserer Gesellschaft. Sie leisten einen Großteil der Erziehungs-, Bildungs- und Pflegearbeit, und sie können das auch am besten. Wo sie das nicht so gut können, weil sie unter Druck sind oder vielleicht auch, weil sie auseinandergehen, da leidet die Gesellschaft und oft am meisten ihre schwächsten Glieder: die Kinder. Deshalb müssen Familien einerseits den Freiraum bekommen, den sie brauchen, um ihre ureigenen Aufgaben bewältigen zu können. Aber sie müssen andererseits auch Unterstützung und Ermutigung finden, wenn sich Herausforderungen darstellen, die sie aus eigener Kraft nicht meistern können.

Zweitens. Familien werden durch diese Koalition spürbar finanziell entlastet; auch das ist gut so. Es ist schon viel gesagt worden – das möchte ich nicht wiederholen – zu den Themen erweiterter Unterhaltsvorschuss, Baukindergeld, Erhöhung des Kindergelds, höhere Freibeträge und Erhöhung des Kinderzuschlags in der Zukunft. Das alles zusammen ist aus meiner Sicht ein kleiner Paradigmenwechsel, jedenfalls eine neue Tonlage in der Diskussion. Meine Fraktion und ich begrüßen das außerordentlich.

Noch vor wenigen Jahren stritten wir darüber, ob es denn zulässig sei, Eltern eine noch so kleine zusätzliche Summe ins Portemonnaie zu legen, wenn sie sich ein wenig länger selbst um die Betreuung ihrer Kinder kümmern wollten. Viele argwöhnten damals, dass Eltern dieses Geld ja gar nicht zum Wohle ihrer Kinder einsetzen würden, und lehnten die Leistung deshalb ab. Ich habe den Eindruck, heute gibt es einen neuen, breiten Konsens, dass auch die finanzielle Entlastung wichtig und richtig ist; denn sie bedeutet: höhere Anerkennung der Erziehungsleistung der Eltern, mehr Wahlfreiheit für die Realisierung des eigenen gewünschten Familienmodells und weniger Risiko von Familienarmut mit allen nachteiligen Auswirkungen. Ich sehe darin einen Fortschritt, auf dem wir auch künftig aufbauen sollten. Der Haushalt 2018, der heute unser Thema ist, macht hier einen entscheidenden Anfang.

Drittens. Diese Koalition wird die Kinderbetreuung weiter voranbringen, bei Qualität und Plätzen; auch das ist gut so.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will zwei Dinge erwähnen, die noch nicht so sehr im Fokus gestanden haben.

Erstes Beispiel: 300 Millionen Euro stehen im aktuellen Haushalt für die Fortsetzung der Qualifizierungsoffensive und den Fonds der Stiftung „Frühe Hilfen“ bereit. Da werden zum einen Kitas zum Beispiel bei der Sprachförderung der Kinder unterstützt, zum anderen werden junge Familien beraten und bei Bedarf von Familienhebammen unterstützt. Diese Mittel kommen fast ausschließlich Familien und Kindern aus benachteiligten Verhältnissen zugute. Ich finde, man kann ruhig feststellen: So bekämpft man Familienarmut auf kluge Weise,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])

nämlich indem man Familien und ihre Kinder befähigt, ihre Leistungskraft selbst aufzurichten.

Zweites Beispiel: 400 Millionen Euro stehen allein aus dem Sondervermögen des Bundes für zusätzliche frühkindliche Betreuungsangebote in Kitas und in der Tagespflege zur Verfügung. Es ist schon vieles über den weiteren Bedarf in den kommenden Jahren gesagt worden. Familien brauchen tatsächlich Wahlfreiheit, auch bei der Auswahl des geeigneten Betreuungsangebots; denn nicht alles passt für alle. Deshalb ist es mir wichtig, dass hier auch die Tagespflege zum Zuge kommt; denn bei der familiennäheren Tagespflege besteht auch in Zukunft noch ein erheblicher Ausbaubedarf.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Schließlich darf – das ist schon einmal gesagt worden; aber es kann einfach nicht oft genug gesagt werden – die Grundschulkinderbetreuung nicht vernachlässigt werden. Es ist ein wichtiger und überfälliger Schlussstein bei der Kinderbetreuung. Wir wollen erreichen, dass endlich eine Palette vielfältiger kind- und familiengerechter Angebote bereitsteht, die dem tatsächlichen Bedarf entsprechen, die jeder in Anspruch nehmen kann, weil er einen Rechtsanspruch hat, die aber auch niemanden in die Ganztagsbetreuung zwingen, was im Übrigen auch die Mehrheit der Kinder und Eltern ablehnt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Viertens. Die Koalition wird die Rechte von Kindern und Jugendlichen stärken; auch das ist gut. Ich erlaube mir diesen Punkt, obwohl er keinen unmittelbaren Haushaltsbezug hat: Wir wollen Kinder und Jugendliche altersgerecht an Entscheidungsprozessen beteiligen, die sie betreffen. Sie sollen unmittelbar Bedeutung und Sinn unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung erfahren; eine herausragend wichtige Aufgabe in Zeiten, in denen sogar in Europa – und fast will ich sagen: auch hierzulande – die liberale Demokratie unter Druck geraten ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von besonderer Bedeutung sind Kinderrechte zudem dann, wenn Kinder und Jugendliche gefährdet sind, Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen oder in familiengerichtlichen Verfahren gehört werden. Das Kindeswohl muss dabei immer vorrangig beachtet werden. Dazu müssen beispielsweise die Qualifizierung und Ausstattung der mitwirkenden Fachleute verbessert werden. Das haben wir uns im Koalitionsvertrag auch ausdrücklich vorgenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])

Schließlich: Die Digitalisierung, die unsere Koalition übergreifend voranbringen will, fordert auch uns Familienpolitiker. Es braucht Schutzregelungen vor Cybermobbing, sexueller Gewalt aus dem Netz, Suchtgefahren, Ausbeutung und vielem mehr.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, diese Koalition wird die Familiengerechtigkeit in unserem Lande weiter verbessern. Ich sage jetzt eines ganz bewusst an die Adresse von links und rechts in diesem Hause. Wenn man Ihnen – nicht nur in dieser Debatte, sondern auch in vorherigen Debatten heute – zuhört, dann könnte man manchmal den Eindruck gewinnen, wir lebten in einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja!)

ohne Herz, Familien seien vergessene Orte von Jammer und Leid und Kinder nicht willkommen.

(Maik Beermann [CDU/CSU]: Unglaublich ist das!)

Ich will hierzu gerne zwei internationale Vergleiche erwähnen – dann bin ich auch sofort fertig –: Nach dem „Global Youth Development Index and Report“ von 2016, der 183 Staaten untersucht hat, haben Jugendliche in Deutschland die weltweit besten Zukunftschancen, gemessen an Gesundheit, Wohlbefinden, Bildung, Beschäftigungsaussichten, Teilhabe etc. Der UNICEF-Report „Building the Future“ von 2017 mit ähnlichen Parametern gibt Kindern in Deutschland den zweiten Platz unter den untersuchten Ländern. Das heißt nicht, dass wir nichts mehr zu tun hätten. Das heißt aber, dass sich die Mehrzahl der Familien in dieser Gesellschaft engagiert und selbstbewusst ihren Aufgaben stellt, diese Gesellschaft zusammenhält und darin eine großartige Arbeit macht. Die Familien brauchen dennoch unsere Unterstützung; aber wir müssen nicht alles auf den Kopf stellen.

Diese Leitidee spiegelt sich sehr klar in unserem Koalitionsvertrag, aber bereits auch in unserem Haushalt 2018 wider: mehr Geld für Kinder, mehr Geld für Geringverdiener, mehr Geld für Alleinerziehende, mehr Zeitflexibilität für Eltern, mehr Betreuungsflexibilität für Kinder, mehr Zeit füreinander, mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Das ist ein guter Haushalt, den auch ich aus Überzeugung zur Zustimmung empfehlen kann. Ich freue mich auf den nächsten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und für Ihre Geduld.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)