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Axel Knoerig: Lockdown und Hilfen gehören zusammen

Redebeitrag zur Veranstaltungswirtschaft in der Corona-Krise

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Irren ist menschlich. Sie haben das gerade richtig korrigiert.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Schnelle Hilfen für Konzerne – und was wird aus dem Mittelstand?“ Solche Sätze haben mich in den letzten Monaten erreicht. Man muss letztendlich sagen: Das fragen sich einige in unserem Land. – Wir dürfen den Eindruck, dass der Mittelstand nicht ausreichend unterstützt wird, nicht stehen und auch nicht entstehen lassen. Wir müssen hinterfragen, warum es diesen Eindruck gibt. Lassen Sie mich bitte einige Punkte aufführen.

9 Milliarden Euro für die Lufthansa – dieses Hilfspaket wurde in wenigen Wochen geschnürt, damit das Unternehmen die Coronakrise überbrücken konnte. Auch große Konzerne wie Adidas bekamen sehr schnell Zusagen für Milliardenkredite. Auch wurde sehr zügig und schnell die Kurzarbeit im Kabinett beschlossen.

Doch bei den Hilfen für den Mittelstand hakt es etwas – etwas mehr sogar. Viele Freiberufler und Soloselbstständige fallen durch das Raster der Förderbedingungen. Beispiel Überbrückungshilfen. Hier gibt es Zuschüsse zu betrieblichen Fixkosten; Kollege Müller hat es vorhin gesagt. Die hat ein Discjockey, der auf Veranstaltungen arbeitet, aber nicht.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu welcher Partei gehört der Wirtschaftsminister? Ist das vielleicht Ihr Wirtschaftsminister? Kann es sein, dass es Ihr Wirtschaftsminister ist, den Sie da kritisieren?)

Beispiel Kredite. Hier haben wir mit den Schnellkrediten nachgebessert und eine 100-prozentige Garantie durch den Bund ermöglicht. Zuvor haben viele Hausbanken Anträge von Mittelständlern abgelehnt. Das haben wir verbessert.

Beispiel Ausbildungsprämie. Wenn ein Betrieb in die Krise gerät, kann ein anderer Betrieb die Auszubildenden aufnehmen und erhält eine Prämie. Das geht oft nur, wenn tatsächlich offiziell eine Insolvenz angemeldet und vollzogen wird. Hier müssen wir nachbessern.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie es mal Ihrem Minister!)

Schon wenn ein Betrieb in wirtschaftlicher Not ist, muss diese Regelung greifen. Das ist im Sinne der jungen Menschen.

(Marianne Schieder [SPD]: Toll! Morgen gleich mit Herrn Altmaier sprechen, bitte!)

Meine Damen und Herren, die Coronapandemie hat uns vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Und wenn man Deutschland im internationalen Vergleich sieht, dann erkennt man, dass wir die Krise ganz gut gemeistert haben. Sofortmaßnahmen sind halt nicht immer auch sofort perfekt. Sie müssen fortlaufend optimiert werden. Deshalb haben wir ständig im Austausch mit der Wirtschaft und den Unternehmern die Anliegen der heimischen Unternehmen aufgegriffen und fortlaufend die Maßnahmen verbessert.

Bei den Überbrückungshilfen werden die Konditionen für die Kultur- und Veranstaltungsbranche und die Soloselbstständigen in den nächsten Tagen verbessert. Bundesminister Altmaier hat bei der Regierungsbefragung am Mittwoch dieser Woche ganz klar gesagt: In den nächsten 8 bis 14 Tagen wird das konkretisiert. – Wir schauen auch nach Niedersachsen. Dort gibt es den Wirtschaftsminister Althusmann, und der hat einen Hilfsfonds für Veranstalter und Schausteller eingerichtet.

Was den neuen Lockdown ab Montag betrifft, wollen wir den Umsatzausfall entsprechend ausgleichen. Es wird eine Erstattung von bis zu 75 Prozent des Umsatzes im Vorjahr erfolgen, und das bei bis zu 50 Mitarbeitern. Da müssen wir ganz klar festhalten, dass der Monat November für die Schausteller ein umsatzschwacher Monat ist.

(Tino Chrupalla [AfD]: Ach!)

Deshalb war der Vorschlag – der Kollege Mohrs hat vorhin das Gleiche formuliert –, dass es besser ist, den Jahresdurchschnitt als Grundlage zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Auch für Kleinunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten gilt jetzt: Sie können die KfW-Schnellkredite nutzen.

Bei aller Kritik am neuen Lockdown muss man ganz klar sagen: Es geht angesichts der Infektionszahlen nicht anders. Wir müssen da jetzt durch, und zwar gemeinsam. Es gilt letztendlich, soziale Kontakte zu reduzieren, und das in allen Bereichen.

Aber ich sage auch ganz klar: Lockdown und Hilfen gehören zusammen. Wenn man ein Unternehmen oder eine Branche vom Markt nimmt, muss man für finanzielle Entschädigung sorgen, und das angemessen und vor allem auch zeitnah. Deswegen brauchen wir jetzt schnelle Hilfen für die Branchen, die es in der Krise am härtesten getroffen hat:

(Beifall bei der CDU/CSU)

für die Gaststätten, die seit acht Monaten hohe Einbußen haben. Zitat eines Betreibers einer Landgaststätte in meinem Wahlkreis Diepholz – Nienburg I: Es sieht düster aus. – Das sagen mir auch die Schausteller, die seit der Winterpause des letzten Jahres keine Einnahmen mehr haben. Auch die Veranstaltungsbranche hat nur kurzfristige Perspektiven. Deswegen ist im Grunde genommen der Begriff „Unternehmerlohn“ als solcher falsch. Das passt nicht hier hinein. Es geht um die finanzielle Überbrückung einer Krise. Elisabeth, das hast du im März dieses Jahres schon herausgestellt; auch Sie, Herr Houben. Das sollten wir auch anerkennen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir können nach Baden-Württemberg schauen. Da können die Soloselbstständigen auch Kosten für den privaten Lebensunterhalt geltend machen und bekommen das gestundet: 1 180 Euro monatlich. Das ist doch ein gutes Vorbild. Wir haben hier und da sicherlich auch bei der Grundsicherung durch Hartz IV über die Jobcenter für die Unternehmer und Soloselbstständigen eine Öffnung herbeigeführt. Aber das passt doch nicht zu einem freien Unternehmertum. Deswegen ist es wichtig, dass wir hier zu besseren Lösungen kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, unsere Gaststätten und unsere Kulturbetriebe sind gerade bei uns im ländlichen Raum ein ganz wichtiger Teil unseres Lebens. Deshalb müssen wir auch in 2021 weiter Unterstützung leisten. Wir sollten hier erwägen, die Senkung der Umsatzsteuer und die Steuerstundung zu verlängern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)