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Antje Lezius: Wir müssen Weiterbildung umfassender denken

Rede zur Förderung der beruflichen Weiterbildung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Sichert, zu Ihrer Rede habe ich nur einen Satz: Ich empfehle Ihnen dringend, eine qualifizierte Weiterbildung zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Derzeit richtet sich unser aller Hauptfokus auf die Bewältigung der Coronapandemie – zu Recht. Auch der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet notwendige Anpassungen für die Zeit, in der Beschäftigung in Kurzarbeit verbreitet ist und Betriebsräte nicht zusammenkommen können.

Im Kern jedoch geht es in diesem Gesetzentwurf um die richtigen Antworten auf den Strukturwandel, eine Frage, die zum Glück nicht unsere Gesundheit betrifft, aber unseren Arbeitsmarkt und unseren Wohlstand. Dass Wirtschaft, Ausbildung und Beschäftigung einem stetigen Wandel unterzogen sind, ist nicht neu. Die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht, nimmt jedoch immer stärker zu, gerade auch, weil sich der technische Fortschritt beschleunigt. Technologiezyklen werden immer kürzer. Gleichzeitig verändern sich Tätigkeiten immer schneller. Studien ergeben, dass zwei Drittel der Arbeitnehmer ihre Kompetenzen fortdauernd anpassen müssen, um auch künftig auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich tätig sein zu können. Schon heute arbeitet nur knapp jeder zweite junge Erwerbstätige mit dualer Ausbildung noch im erlernten Beruf. Die Arbeitswelt wandelt sich. Wir werden viele neue Tätigkeitsfelder, nicht jedoch weniger Arbeit haben. Dadurch liegt es in unser aller Hand, diesen Wandel positiv zu gestalten.

Betriebliche Weiterbildung ist Sache der Arbeitgeber. Jedes Jahr wird hierfür ein zweistelliger Milliardenbetrag aufgewendet. Dies ist gut und richtig so. Die Unternehmen wissen am besten, was in den Betrieben an Fachwissen benötigt wird. Neben der betrieblichen Weiterbildung sind jedoch auch weiterführende Aus- und Weiterbildungen und die Erlangung neuer Kompetenzen notwendig. Wir können, sollten und dürfen es uns als Volkswirtschaft nicht leisten, diese Maßnahmen erst dann anzugehen, wenn Arbeitslosigkeit bereits eingetreten ist oder sich sogar verfestigt hat.

Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sollen weitere zielgerichtete Qualifizierungsmaßnahmen ermöglicht und so die langfristige Beschäftigungsfähigkeit gesichert werden. Der Gesetzentwurf beinhaltet höhere Zuschüsse, wenn ein größerer Teil der Beschäftigten eines Betriebes einer Anpassung der beruflichen Kompetenz bedarf. Er vereinfacht das Antrags- und Bewilligungsverfahren zur Förderung der beruflichen Weiterbildung für Arbeitgeber und Beschäftigte. Er verbessert die Qualifizierungsmöglichkeiten in einer Transfergesellschaft und fördert die Qualifizierung aller Beschäftigten, unabhängig von Alter und bisheriger Qualifikation. Geringqualifizierte, die besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind, erhalten Anspruch auf Förderung einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung. Auch die Ausbildungsförderung wird weiter gestärkt.

Welche Ziele leiten uns dabei? Wichtig ist, dass Beschäftigte in den von Strukturwandel, Digitalisierung und Automatisierung betroffenen Branchen bereits frühzeitig Förderungsangebote wahrnehmen können, Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung mehr lernen, verdienen und auch sicherer beschäftigt werden können, Auszubildende noch besser unterstützt werden können.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, meine erste Weiterbildung habe ich vor 35 Jahren absolviert, meinen Betriebswirt mit Ende 40 abgelegt, meine Ausbildung zum Executive Coach vor fünf Jahren abgeschlossen. Wenn ich also sage: „Ja, lernen ist oft anstrengend, Neues ist oft anstrengend, Unbekanntes ist oft anstrengend“, dann weiß ich, wovon ich spreche. Aber sowohl persönlich als auch fachlich bin ich davon überzeugt, dass lebensbegleitendes Lernen wichtig für unsere Volkswirtschaft, aber auch wertvoll für jeden Einzelnen ist. Die Digitalisierung fordert uns hier, indem sie neue Kompetenzen verlangt; aber sie schafft auch neue, großartige Möglichkeiten, ist selbst ein hilfreiches Instrument, etwa durch digitale Lernplattformen.

Wir müssen Weiterbildung umfassender denken. Wir brauchen eine Kultur der Weiterbildung. Der Gesetzentwurf ist hierbei ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)