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Alexander Krauß: Wir sollten weiter mit Vorsicht vorgehen

Redebeitrag zum Covid-19- Rechtsverordnungsweitergeltungsgesetz

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zentrale Frage ist: Haben wir eine Pandemie, also eine weltweite Epidemie, oder nicht? Sind wir über den Berg?

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Darum geht es doch gar nicht! Meine Güte!)

Einerseits kann man da auf die Zahlen der Vergangenheit schauen, wobei wir feststellen, dass es 1 Million Tote gab. Andererseits können wir auf die Gegenwart schauen.

Heute hat uns die Nachricht aus Tschechien, einem Nachbarland von uns, erreicht, dass dort der höchste Tageswert überhaupt festgestellt worden ist. Wir haben heute in den Zeitungen von Frankreich lesen können, dass die Zahl der Infizierten in den Krankenhäusern steigt und in Bordeaux und Marseille die Intensivbetten knapp werden. Außerdem wissen wir, dass Israel morgen für drei Wochen in den Lockdown geht. Das ist die Realität, die wir derzeit auf der Welt erleben.

In Deutschland ist das zum Glück anders. Dass wir so wenige Infektionen haben, meine Freunde von der AfD

(Ulli Nissen [SPD]: Freunde? – Niema Movassat [DIE LINKE]: Freunde?)

– „Freunde“ dürfen Sie in Anführungszeichen setzen –,

(Ulli Nissen [SPD]: Das haben wir deutlich gehört! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie können es auch weglassen!)

hat doch folgenden Grund: Genau das war das Ziel all unserer Maßnahmen. Alle Maßnahmen haben darauf abgezielt, dass wir nicht dieses hohe Infektionsniveau erreichen, wie wir es in anderen europäischen Ländern erlebt haben. Das ist der Grund.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Das ist übrigens auch der Grund, warum wir hier Masken tragen und versuchen, Abstand zu halten. Diese Regelungen sind mitunter unbequem – mir macht es auch nicht immer Spaß, eine Maske zu tragen –, aber haben halt ihren Sinn. Deswegen, glaube ich, war es richtig, dass wir das gemacht haben.

Die AfD bezweifelt, dass es überhaupt eine Pandemie gibt. Ich will noch einmal daran erinnern, dass Sie am Anfang der Pandemie der Bundesregierung vorgeworfen haben, sie mache zu wenig. Das war damals Ihre Argumentation.

(Karsten Hilse [AfD]: Damals haben Sie uns ausgelacht!)

Ihr Vorwurf an uns war, wir würden zu wenig machen. Jetzt haben Sie Ihre Argumentation vollkommen gedreht.

(Karsten Hilse [AfD]: Sie haben gesagt, wenn man bloß die Hände wäscht, sei alles gut!)

Keine Frage, zu Beginn gab es Grundrechtseinschränkungen. Ich finde aber, dass es jetzt kaum noch Grundrechtseinschränkungen gibt. Ich finde es in Ordnung, dass man, wenn man eine Demonstration macht – das Demonstrationsrecht ist wichtig –, eine Maske tragen muss und ein bisschen Abstand hält. Ich finde nicht, dass das eine Einschränkung eines Grundrechts ist. Das steht übrigens im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, die in dieser Pandemie richtige Einschränkungen veranlasst haben, wie Spanien, Russland oder Italien, wo es Ausgangssperren gab.

Ich will auch daran erinnern, dass im Grundgesetz nicht nur die Versammlungsfreiheit steht, die ganz wichtig ist, sondern auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Das steht im Übrigen ein bisschen weiter vorne im Grundgesetz.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Erzählen Sie doch mal was zu Parlamentsrechten, Herr Kollege!)

Ich finde, die Bürger haben ein Anrecht darauf, dass wir dafür sorgen, dass es ihnen gut geht und sie möglichst nicht krank werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ja, die Politik ist auf den Rat der Wissenschaft angewiesen. Ich glaube, es war auch richtig, dass wir uns die Mehrheitsmeinung der Wissenschaftler zu eigen gemacht haben, insbesondere das, was medizinische Fachgesellschaften gesagt haben. Ich glaube, das war klüger, als auf Pseudowissenschaftler zu hören, die ihre Vorlesungen via YouTube aus irgendeiner Bodenkammer heraus halten. Dass es in der Wissenschaft unterschiedliche Meinungen gibt, finde ich im Übrigen gut; denn nur das bringt uns voran. Wenn es unterschiedliche Meinungen in Wissenschaft und Politik gibt, wenn man sich reibt, dann bringt das eine Gesellschaft voran.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Genau! Und zwar hier im Parlament!)

Das entbindet uns aber nicht davon, zu schauen, was die Mehrheitsmeinung ist, und daran haben wir uns orientiert.

Das Virus war für uns alle Neuland. Wir haben uns in einem Nebel bewegt. Wenn man mit dem Auto in den Nebel fährt, dann fährt man lieber etwas langsamer. Wir sehen jetzt, dass sich der Nebel lichtet. Deswegen können wir etwas schneller fahren. Wir können bei der Quarantäne sagen: „Zehn Tage reichen“, und wir können sagen, dass Schulen und Kitas wieder öffnen. Ich finde aber, dass wir weiter mit Vorsicht vorgehen sollten. Mir ist ein bisschen mehr Vorsicht lieber als ein bisschen zu wenig Vorsicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)