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Elisabeth Motschmann: Wir alleine sind machtlos - Europa muss zusammenhalten

Humanitäre Katastrophe in Jemen lindern – Rüstungsexporte stoppen

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über Rüstungsexporte zu sprechen, ist schwer, erst recht wenn es um Rüstungsexporte im Zusammenhang mit dem Jemen geht. Es fällt auch mir schwer; das gebe ich hier gerne zu. Das ist nicht so einfach. Das liegt daran, dass die Lage im Jemen so katastrophal, so verwirrend und so unübersichtlich ist, dass eine Beurteilung eben schwierig ist.

Wenn wir auf das Elend blicken – Kollege Nouripour hat es eben schon geschildert –, sehen wir neben den vielen Toten auch die Hungernden. Diese Menschen sind ja nicht von einer Hungerskatastrophe bedroht; denn sie befinden sich bereits in einer Katastrophe.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von dem Kollegen Neu?

Elisabeth Motschmann (CDU/CSU):

Selbstverständlich.

Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE):

Frau Kollegin Motschmann, ich hatte vor kurzem eine Frage an die Bundesregierung gestellt: Welche Länder sind im Koalitionsvertrag damit gemeint, wenn von direkt am Jemen-Krieg beteiligten Ländern die Rede ist? Ich habe die Antwort erhalten: Die geschäftsführende Bundesregierung spekuliere nicht über die Absprachen und über einen Koalitionsvertragsentwurf der Parteien.

Nun sind Sie ja Mitglied einer Partei – Sie vertreten die CDU –, und Sie haben als Parteivertreterin an den Koalitionsgesprächen teilgenommen. Können Sie uns sagen, welche Länder damit gemeint sind, die direkt im Jemen-Konflikt involviert sind und somit nicht mehr mit Rüstungsexporten beglückt werden können? Sie müssten dazu in der Lage sein. Ich glaube, das ist von großem Interesse für das gesamte Haus.

Vielen Dank.

Elisabeth Motschmann (CDU/CSU):

Ich war an den Koalitionsverhandlungen beteiligt, aber in einer Arbeitsgruppe unter der Überschrift „Kunst, Kultur, Kreativwirtschaft und Medien“. Da ging es nicht um diese Frage. Ich schlage Ihnen vor, dass Sie diejenigen befragen, die in dieser Arbeitsgruppe mitgearbeitet haben.

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Wer ist das gewesen?)

Im Übrigen verweise ich auf den Bundessicherheitsrat,

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Der tagt geheim!)

der sehr wohl in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen unter Berücksichtigung aller Probleme, die es in der Region gibt. Vertrauen gehört irgendwo auch zu unserer Gesellschaft.

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Nein!)

– Doch. Da bin ich anderer Meinung als Sie. Wir haben dafür gewählte Gremien; die tragen die Verantwortung. Wenn im Koalitionsvertrag deutlich steht, es werden ab sofort keine Waffen mehr geliefert, dann vertraue ich darauf, dass das auch so umgesetzt wird. Punkt!

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Wir nicht!)

Die Zahlen, die wir aus dem Jemen bekommen, sind grausam, dramatisch. Nun ist die Frage: Was ist zu tun? Deutschland hat 2017 immerhin einen Beitrag in Höhe von 165 Millionen Euro für humanitäre Hilfe geleistet. Damit sind wir der drittgrößte Geber weltweit. Natürlich muss es das Ziel sein, Frieden zu schaffen ohne Waffen und ohne militärische Intervention. Fakt ist aber: Nicht alle Krisenherde lassen sich diplomatisch befrieden – leider. Terroristen verhandeln nicht – sie köpfen, sie morden. Deshalb sind Waffen leider immer noch nötig, und deshalb kann auf den Einsatz militärischer Mittel nicht verzichtet werden.

Grüne und Linke fordern in ihren Anträgen den sofortigen Stopp von allen Rüstungsexporten in Länder, die am Krieg beteiligt sind, und werden darin doch durch die Koalitionsvereinbarung bestätigt.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Leider nicht!)

Da heißt es – ich will es einmal zum Mitschreiben vorlesen, damit Sie es sich ganz fest einprägen –:

Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Unwahr!)

Das ist eine ganz klare Aussage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Was passiert mit den Patrouillenbooten?)

– Ja, darauf kommen wir gleich. – Außerdem heißt es:

Wir wollen diese restriktive Exportpolitik mit Blick auf den Jemen auch mit unseren Partnern im Bereich der europäischen Gemeinschaftsprojekte verabreden.

Das finde ich übrigens auch wichtig, gerade angesichts dessen, was Graf Lambsdorff heute zu Europa gesagt hat. Wir alleine sind doch machtlos, hilflos im Hinblick auf die komplizierte Lage in der Region. Daher muss Europa hier zusammenhalten.

Deutschland hat – auch das will ich hier noch einmal ausdrücklich betonen – die strengsten Regelwerke im Hinblick auf Rüstungsexporte weltweit. Außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitische Aspekte werden natürlich sorgfältig abgewogen; das können Sie doch im Ernst nicht bestreiten.

Bleibt die Frage, wie wir mit bereits genehmigten Rüstungsexporten – das war ja Ihre Frage –, zum Beispiel nach Saudi-Arabien, umgehen, deren Stopp in beiden Anträgen gefordert wird. Sie meinen damit Patrouillenboote, Militär-Lkws und ungepanzerte Transportfahrzeuge. Das aber sind keine Waffen, mit denen im Jemen Krieg geführt wird.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Motschmann!)

Sie dienen der Grenzsicherung, der Terrorabwehr und der Sicherung von Bohrinseln im Golf. Sie müssen schon unterscheiden zwischen Kampfwaffen und Verteidigungswaffen. Das ist ein großer Unterschied.

Natürlich weiß jeder hier im Raum: Saudi-Arabien ist ohne Frage ein schwieriger Partner des Westens.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen um die Menschenrechtsverletzungen in diesem Land. Die will ich gar nicht schönreden oder unter den Tisch fallen lassen. Wir wissen aber auch, dass Saudi-Arabien ein Gegengewicht zum Iran ist und damit die Region einigermaßen stabil hält.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Aber an den Iran liefern wir keine Waffen!)

Die Saudis führen eine Koalition aus neun Ländern an, die die jemenitische Regierung im Kampf gegen die Huthi-Rebellen unterstützt. Die Huthi-Rebellen wiederum werden vom Iran unterstützt.

Des Weiteren ist Saudi-Arabien ein Verbündeter – auch das ist unbestreitbar – im Kampf gegen den Terror. Auch hier wird deutlich, dass Terrorbekämpfung niemand alleine machen kann – wir schon gar nicht –, dass wir Europa brauchen, dass es eine europäische Strategie geben muss, um die komplizierten Verwicklungen auf der arabischen Halbinsel zu einer politischen Lösung zu führen, damit das Elend endlich ein Ende hat, damit das Sterben der Kinder und natürlich genauso der Erwachsenen ein Ende hat. Dafür müssen wir arbeiten. Dafür muss Europa arbeiten. Man kann nur hoffen, dass dies Erfolg haben wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: So ein Unfug! Das ist doch nichts Konkretes!)