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Eckhardt Rehberg: Wenn wir als Europa zukünftig eine Rolle in der Welt spielen wollen, können wir das nur gemeinsam in Europa leisten

Rede zu Finanzierungsalternativen für einen europäischen Wiederaufbaufonds

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, über das Ob muss man sich nicht streiten. Dass Europa insgesamt aus der Krise herauskommen und wettbewerbsfähiger werden muss, liegt im ureigenen deutschen Interesse; denn 60 Prozent unserer Exporte gehen in die Europäische Union.

(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

Wenn wir als Europa auch in Zukunft eine Rolle in der Welt spielen wollen – USA, China und Russland sind die großen Wettbewerber, die Konkurrenten auf der Weltbühne –, dann können wir das nur gemeinsam in Europa leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Töns [SPD])

Es gibt eine Parallelität. Der mehrjährige Finanzrahmen steht an. Kollege Töns, zur Wahrheit gehört eines dazu: Man kann 1,3 Billionen Euro fordern. Bloß, dann muss man auch sagen, wie hoch die Belastung für den deutschen Bundeshaushalt ist. Diese beträgt aktuell 35 Milliarden Euro im Soll. Wenn ich auf 1,3 Billionen Euro gehe, dann bin ich bei 50 Milliarden Euro. Da muss man ehrlich sein. Man muss dann dem Bürger, dem Steuerzahler in Deutschland sagen: Wenn ich 1,3 Billionen Euro für den MFR in Europa haben will, dann ist der deutsche Beitrag deutlich höher, als er es heute ist. – Das gehört schlichtweg zur Wahrheit in der Debatte dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Markus Töns [SPD])

Nun zum Recovery Fund mit einem Volumen von insgesamt 750 Milliarden Euro. Die Europäische Kommission hat den Merkel/Macron-Vorschlag, den ich für sehr gut und richtig halte, weil er befristet ist und Konditionalität verlangt, noch einmal mit Krediten in Höhe von 250 Milliarden Euro aufgestockt. Kollege Lambsdorff, Sie waren mehrere Jahre Mitglied des Europäischen Parlaments. Wenn wir innerhalb von sieben Jahren 1,85 Billionen Euro umsetzen wollen – die 750 Milliarden Euro bis 2024, sicherlich nachlaufend –, dann ist die große Herausforderung nicht, Geld in das Schaufenster zu stellen, sondern die große Herausforderung für das Europäische Parlament und die Europäische Kommission wird sein, dieses Geld umzusetzen.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Genau! Exakt! Volle Zustimmung!)

Das wird die große Herausforderung sein, insbesondere im Hinblick auf Folgendes – ich betone das immer wieder –: Stand heute haben wir bei 1 Billion Euro für den mehrjährigen Finanzrahmen in den letzten sieben Jahren 280 Milliarden Euro gebunden, aber nicht ausgegeben. Deswegen mache ich mir Sorgen um die Umsetzung. Es wird entscheidend darauf ankommen, wie der Eigenmittelbeschluss – wir werden als nationales Parlament über Artikel 311 AEUV mit eingebunden sein – aussehen wird. Ich hoffe, dass die Fraktionen des Bundestages ein Interesse daran haben, dass sich Europa weiterentwickelt, dass Europa gestärkt ist, und dass wir möglichst viel und zusammen agieren werden.

Lassen Sie mich noch einen Satz zu den sogenannten sparsamen Vier sagen. Der Ansatz ist ja, den EU-Haushalt zu deckeln; der Ansatz ist ferner, Mittel vorzuziehen und über Kredite zu vergeben. Ich gucke mal in Richtung FDP: Wenn Sie das so toll finden, muss ich Ihnen sagen – Sie haben ja mittlerweile die große Liebe zu den Landwirten in Deutschland entdeckt –:

(Beifall des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])

40 Prozent des EU-Haushalts gehen in die Landwirtschaft. Weitere 30 Prozent sind Kohäsionsfonds. Ich stelle mir vor, wenn wir das alles vorziehen, es bei 1,0 Prozent BNE und bei 1 Billion Euro belassen, was denn die Ergebnisse an dieser Stelle sein werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen ist dieser Ansatz der sparsamen Vier mehr als zu hinterfragen. Ich halte ihn für keinen tauglichen Ansatz. Vielleicht wäre es von der EU-Kommission ein bisschen gescheiter gewesen, sich nur auf den Merkel/Macron-Vorschlag zu konzentrieren und nicht die beiden Vorschläge additiv zu verknüpfen. Ich habe schon ausgeführt: Die Umsetzung wird an dieser Stelle schwierig genug werden.

Natürlich gibt es Fragen gerade zu dem Vorschlag der Kommission; Graf Lambsdorff hat ihn aufgerissen. In der Kürze der Zeit kann ich nicht alle Fragen stellen. Aber die Fragen wird die Kommission schon beantworten müssen. Nur ein Hinweis – auch an Sie –: Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, die EIB noch mehr zu hebeln. Wir haben sie gerade um 200 Milliarden bei dem Drei-Säulen-Paket ESM/EIB/SURE gehebelt. Das Geld muss, finde ich, erst einmal umgesetzt werden. Ich glaube, dass wir spannende Debatten vor uns haben.

Eine letzte Bemerkung an die Kolleginnen und Kollegen der AfD. Herr Kollege Boehringer, heute Morgen einen Antrag einbringen, der zum Bruch des Grundgesetzes auffordert, und jetzt vom Rechtsstaat reden – perfider geht es schlichtweg nicht!

(Peter Boehringer [AfD]: Sie hören einfach nicht zu!)

Ich glaube, Sie sollten sich wirklich mal einen Spiegel vorhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)