Skip to main content

Dr. Volker Ullrich: Wir müssen in unserem Land eine Kultur der Begleitung der Opfer entwickeln

Rede zur Verbesserung der Opferentschädigung

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vor einem Jahr war ein Anschlag auf uns alle, auf die freie, tolerante und offene Gesellschaft. Es sind zwölf Menschen ums Leben gekommen, und es gab viele Dutzend Verletzte, die bis heute leiden, und viele trauernde Angehörige, denen unsere Sympathie, unser Respekt und unser Mitgefühl gelten. Ich glaube, das sollten wir in diesem Hohen Haus deutlich zum Ausdruck bringen. In den letzten Monaten ist viel über das Fehlverhalten von Behörden gesprochen worden. Es ist richtig, dass der demokratische Rechtsstaat das konsequent aufarbeitet, weil wir die Pflicht haben, daraus zu lernen und die Dinge zu verbessern.

Aber es ist auch richtig, wenn uns entgegengehalten wird, dass bislang viel zu wenig über die Opfer gesprochen wurde. Wir müssen in unserem Land eine Kultur der Begleitung der Opfer entwickeln und sie in den Mittelpunkt unserer Rechtspolitik stellen. Deswegen ist es richtig, dass wir hier weitere Verbesserungen auf den Weg bringen.

Wir wissen nicht, meine Damen und Herren, ob und wann uns wieder ein Terroranschlag heimsuchen wird. Wir tun alles dafür, um dies zu verhindern; aber eine Garantie kann leider niemand geben. Deswegen brauchen wir im Falle eines Anschlags ein System, durch das Angehörige schnell, unbürokratisch und effizient Unterstützung bekommen. Deswegen muss es eine zentrale Anlaufstelle geben, die sofort arbeitsfähig ist. Die Zeit muss vorbei sein, in der Angehörige bangend warten und nicht wissen, wen sie anrufen sollen; vielmehr müssen sie von der ersten Sekunde an begleitet werden. Das sind wir den Angehörigen schuldig.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen auch über die Entschädigungszahlungen sprechen. Es ist klar, dass kein Geld der Welt den Schmerz heilen kann, und kein Euro bringt einen geliebten Menschen zurück. Aber die Entschädigung kann helfen, dass die Angehörigen ins Leben zurückkommen, dass sie durch das Attentat nicht schlechter gestellt werden als vorher.

Deswegen müssen wir deutlich zum Ausdruck bringen, dass die bisherige Opferentschädigung einfach unzureichend war, dass der Staat hier nachbessern muss, auch im Bereich der Vermögensschäden. Es müssen alle Schäden erstattbar werden. Der Staat, meine Damen und Herren, darf hier nicht kleinlich sein, sondern der Staat muss hier Großzügigkeit walten lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wichtig ist, dass von diesem gemeinsam getragenen Antrag das Signal ausgesendet wird, dass die Opfer nicht alleine sind, dass der Staat sich ihrer annimmt und dass in den nächsten Wochen und Monaten die Frage des Opferschutzes zu einem zentralen Element der Rechtspolitik wird. Wir müssen darüber sprechen, wie wir nicht nur den Terroropfern helfen, sondern wie wir auch im Strafverfahren den Opfern der alltäglichen Gewalt helfen können, wie wir als Staat Unterstützung leisten können, damit die Menschen das Gefühl haben, der Staat steht an ihrer Seite.

Sicherheit und Freiheit bedingen auch den notwendigen Opferschutz. Da machen wir uns auf den Weg, und ich lade jeden ein, mitzuwirken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)