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Dr. Volker Ullrich: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik war ein Gründungsmotiv Europas

Handlungsfähigkeit der gemeinsamen europäischen Außenpolitik verbessern – Rolle der Hohen Vertreterin stärken

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Historisch gesehen war eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik eines der Gründungsmotive Europas. Zwar ist die europäische Verteidigungsgemeinschaft in den 15 Jahren gescheitert, – vielleicht war damals die Zeit noch nicht reif für ein gemeinsames Vorgehen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik; deswegen hat sich Europa erst einmal auf die wirtschaftliche Integration konzentriert. –, aber die Ereignisse nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und auch die Vorkommnisse auf dem Balkan, bei denen Europa viel zu lange tatenlos war, haben dazu geführt, das Bewusstsein zu schärfen, dass Europa eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik benötigt, auch zur Verteidigung der oftmals gepriesenen Europäischen Union.

Aus diesem Grund ist im Jahr 2009 berechtigterweise im Vertrag von Lissabon die Position eines sogenannten europäischen Außenministers geschaffen worden, übrigens von Anfang an mit hohen Befugnissen ausgestattet. Ich erinnere daran, dass die jetzige Kommissarin für Außenpolitik auch gleichzeitig den Europäischen Rat der Außenminister leitet und damit als einziger Kommissar einen sogenannten doppelten Hut aufhat.

Ich erinnere auch daran, dass es mit dem gemeinsamen Europäischen Auswärtigen Dienst seit mittlerweile knapp zehn Jahren Botschaften Europas in der Welt gibt und damit die europäische Flagge in vielen Hauptstädten der Welt weht und damit ein Zeichen unserer Integrationsbereitschaft setzt, aber auch unserer gemeinsamen Werte.

Aber das darf uns nicht ruhen lassen, sondern wir müssen diesen Weg weitergehen. Die außenpolitischen Herausforderungen, vor denen wir in Europa stehen, sind groß. Es macht schon ein bisschen wütend, wenn ich sowohl von der linken als auch von der rechten Seite solche Einlassungen höre.

Kollege Droese, Sie sagen, Europa sei ein Europa der Vaterländer. Gleichzeitig sprechen Sie den Élysée-Vertrag an. Aber Sie sind als AfD-Fraktion nicht bereit, am 55. Jahrestag mit nach Paris zu kommen. Das war ein antieuropäisches, ein anti-deutsch-französisches Zeichen. Das muss ich Ihnen heute noch einmal klar und deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir waren nicht eingeladen! Dann gehen wir auch nicht!)

Meine Kollegen von der Linkspartei, Sie sprechen hier von einem Handelskrieg Europas gegen Russland. Ich will noch einmal deutlich machen, dass das völlig falsch ist. Es handelt sich hier um eine russische Aggression auf der Krim, um den Bruch des Völkerrechts und gleichzeitig auch um einen asymmetrischen Krieg in der Ostukraine. Darauf hat Europa mit einer einzigen Stimme geantwortet, indem die Sanktionen gegenüber Russland von Europa einstimmig beschlossen worden sind.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Nicht in unserem Namen!)

Das war ein klares und gutes Zeichen gemeinsamen europäischen Handelns. Das bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Diese Sanktionen können übrigens aufgehoben werden, wenn das Abkommen von Minsk umgesetzt wird. Es liegt auch in der Hand Russlands, diesen Zustand zu beenden und zur Geltung des Völkerrechts zurückzukehren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da hat Europa eine große Rolle zu spielen, und da wird Europa nach wie vor nicht lockerlassen.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Sie meinen die EU! – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Meinen Sie jetzt die EU oder Europa?)

Über die inhaltlichen Themen, meine Damen und Herren, werden wir im Ausschuss diskutieren. Wir müssen darüber sprechen, wie wir die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik im mehrjährigen Finanzrahmen mit Mitteln unterlegen können, wie wir die Stellung der Kommissarin weiter stärken können.

(Zuruf von der AfD: Um Gottes willen!)

Denn eines ist deutlich: Die Welt wird irgendwann mal nicht auf Europa warten.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Auf Europa oder die EU?)

Wenn wir unsere Interessen, unsere Werte und unsere gemeinsamen Überzeugungen in der Welt stark vertreten sehen wollen, dann müssen wir in vielen Bereichen mit einer Stimme sprechen. Darauf kommt es an, und dafür werden wir uns einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)