Skip to main content

Dr. Matthias Zimmer: Wir hatten gute Gründe, den Mindestlohn nicht vom Staat festlegen zu lassen

Rede zur Forderung den gesetzlichen Mindestlohn zu erhöhen

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Linken ist bereits bekannt, inhaltlich und sprachlich. Das Einzige, was sich heute geändert hat, war der Redner, der zum ersten Mal im Deutschen Bundestag dazu gesprochen hat.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hat er doch gut gemacht! – Gegenruf des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU]: Wahrscheinlich von Ihnen abgeschrieben, Herr Birkwald!)

Herzlichen Glückwunsch dazu! Aber man möchte sich doch wünschen, lieber Herr Riexinger, dass man Ihnen beim nächsten Mal ein bisschen mehr mitgibt als das politische Recyclingmaterial, mit dem Sie hier angetreten sind. Wenn das, meine Damen und Herren, die Oppositionsarbeit der Linken im 19. Deutschen Bundestag sein soll, dann freue ich mich persönlich auf die intellektuelle Bereicherung durch die Oppositionsarbeit der FDP.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, wir hatten gute Gründe, den Mindestlohn nicht vom Staat festlegen zu lassen, sondern von einer Mindestlohnkommission. Sie ist paritätisch mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt, handelt den Mindestlohn gewissermaßen aus und legt das Ergebnis dann dem Ministerium vor, das es dann umsetzt. Der Mindestlohn folgt bestimmten Kriterien, die wir festgelegt haben, und es gibt eine Berichtspflicht dazu.

Wir haben gute Gründe gehabt, zu sagen, dass der Staat nicht den Mindestlohn festlegen soll. Dazu zählen folgende drei Gründe:

Erstens. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn der Staat den Mindestlohn festlegte, dann würde der Mindestlohn politisiert. In den daraus folgenden Überbietungswettbewerben vor Wahlen können wir sicherlich nicht mithalten, zumindest dann nicht, wenn wir als politische Kraft den Anspruch haben, politische Verantwortung zu übernehmen, und es soll ja noch Fraktionen in diesem Haus geben, die das durchaus wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir würden den Mindestlohn vollkommen von allen wirtschaftlichen Prozessen abkoppeln. Das halte ich für schädlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allem gäbe es auch Blockaden!)

Zweiter Punkt. Ein Mindestlohn von 12 Euro verdrängt andere niedrige Tarifabschlüsse. Das müssten wir dann auch ändern. Und wenn wir schon dabei sind, dann legen wir doch gleich alle Löhne staatlich fest.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)

Dann brauchen wir keine Gewerkschaften, lieber Kollege Birkwald, und da Löhne und Preise zusammenhängen, legen wir auch die Preise fest.

(Bernd Riexinger [DIE LINKE]: Es ist eine Untergrenze!)

Das letzte Regime, das dies probiert hat, ist krachend gescheitert.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Man muss ja nichts aus der Geschichte lernen, aber kann zumindest einmal in Erinnerung rufen, dass es so etwas gegeben hat. Wir wollen, dass die Tarifpartner die Mindestlöhne aushandeln. Das ist eine subsidiäre Struktur. Subsidiarität schützt die Freiheit. Wir wollen eine freiheitliche Wirtschaftsordnung, keine reglementierte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Meine Damen und Herren, im Antrag der Linken heißt es, der Mindestlohn von 8,84 Euro schütze nicht vor Armut. Das ist richtig. Der Mindestlohn ist eben keine sozialpolitische Maßnahme, sondern eine ordnungspolitische. Er soll Ordnung in den Wettbewerb bringen und verhindern, dass der Wettbewerb über Lohndrückerei erfolgt. Mindestlohn ist nicht der gerechte Lohn, von dem Adam Smith ebenso gesprochen hat wie die katholische Soziallehre. Mit einem gerechten Lohn würde sich die Politik vermutlich überheben. Bleiben wir bei dem, was wir sinnvollerweise regeln können, nämlich einem ordnungspolitisch richtigen Lohn!

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Politik der Ungerechtigkeit!)

– Das ist keine Politik der Ungerechtigkeit, sondern Ordnung auf den Markt zu bringen, ist die Voraussetzung für Gerechtigkeit. Dass Sie das nicht verstehen, ist mir schon klar.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, der Mindestlohn, wie wir ihn festgelegt haben, ist weitgehend ein Erfolgsmodell, auch wenn wir jetzt hören, dass an der einen oder anderen Stelle Menschen den Mindestlohn nicht ausbezahlt bekommen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,8 Millionen!)

Deswegen glaube ich, dass die Diskussionen, den Mindestlohn nicht zu kontrollieren, nicht weiterführen. Wir brauchen auch im Zusammenhang mit dem Mindestlohn vernünftige Kontrollen der Arbeitszeit. Ich will nicht in eine Situation hineinkommen, in der dann argumentiert wird: Lieber keinen als einen schlecht kontrollierten Mindestlohn. Wir sind es den Menschen, die den Mindestlohn bekommen, schuldig, dass wir vernünftig Kontrollen vornehmen. Wir sind es den Menschen aber auch schuldig, dass wir mit dem Mindestlohn keine Experimente machen, wie es der Antrag der Linken vorsieht. Deswegen lehnen wir von der Union diesen Antrag heute ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)