Skip to main content

Dr. Mathias Middelberg: "Wir haben die Bundespolizei personell deutlich besser ausgestattet"

Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei

Frau Präsidentin, herzlichen Dank. – Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Auch ich möchte mich vorab herzlich bei den Kollegen aus den beiden Regierungsfraktionen bedanken, die an diesem Gesetzentwurf engagiert gearbeitet haben. Vor allen Dingen möchte ich unseren beiden Berichterstattern Uli Grötsch und Michael Brand ganz besonders und an erster Stelle danken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ausdrücklich danken möchte ich aber auch unserem Bundesinnenminister und dem Ministerium, das uns inhaltlich bestens unterstützt hat und am Ende auch geholfen hat, den konkreten Entwurf zu erstellen. Auch an das Ministerium herzlichen Dank!

Einen ganz besonderen Dank möchte ich richten

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An die Opposition!)

an unsere 252 000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten, die jeden Tag die Sicherheit an unseren 3 800 Kilometern Land- und 890 Kilometern Seegrenze, an 5 700 Bahnhöfen und an 14 großen Flughäfen in Deutschland sicherstellen. Sie leisten einen enormen Beitrag für die Sicherheit in diesem Land.

Ich will nur einen Aspekt benennen: Die Bundespolizei ist die Fahndungspolizei in Deutschland. Die Bundespolizei hat 2019 18 200 offene Haftbefehle an den Grenzen des Landes vollstreckt, 50 Haftbefehle jeden Tag. Ohne die Bundespolizei wäre es in diesem Land um unsere Sicherheit deutlich schlechter bestellt. Deswegen einen herzlichen Dank an alle Bundespolizisten und ‑polizistinnen!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Bundespolizei personell deutlich besser ausgestattet. Wir haben aber auch die Polizeizulage um 40 Prozent angehoben, wir haben eine Prämie für besondere Einsatzbereitschaft eingeführt, und wir haben die Einstiegsbezüge für die Polizeianwärter angehoben.

Aber – und das kam schon bei den drei Kollegen und Kolleginnen, die zuletzt gesprochen haben, zur Sprache – wir haben eine kleine Differenz im Haus, wenn es um das Thema Befugnisse geht.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Ich kann natürlich nicht nur sagen: „Ich will die Polizei besser ausstatten, ich will mehr Polizeibeamte“ – da sind wir uns wahrscheinlich, was viele Fraktionen hier im Haus angeht, einig –; ich muss am Ende auch ehrlich über die Frage der Befugnisse reden.

(Beifall des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU] – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber da reden Sie ja nicht ehrlich drüber! Das ist ja das Problem!)

Wir haben über die Quellen-TKÜ gesprochen.

(Benjamin Strasser [FDP]: Genau!)

Da sage ich Ihnen ganz konkret – da sind Sie genau die richtige Adresse, Herr von Notz, Frau Mihalic; Sie sind nämlich nicht bereit, der Polizei die Kompetenzen zur Verfügung zu stellen, die sie heute im digitalen Zeitalter einfach haben muss –:

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann die Erkenntnisse nicht mehr mit einer traditionellen Telefonüberwachung gewinnen, bei der ich beantrage, den Festnetzanschluss zu checken; ich kann es auch nicht, indem ich SMS checke,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Popanz, den Sie hier aufmachen!)

sondern ich muss an die heutigen Wege und Möglichkeiten der Kommunikation herangehen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Und wenn ich fiese, miese Schleusernetzwerke habe, die auf dem Rücken von Menschen und unter Inkaufnahme von Menschenleben Leute über Grenzen – –

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie regieren seit 15 Jahren!)

– Melden Sie sich doch gerne zu einer Frage, Herr von Notz. Ansonsten würde ich Sie auch um ein bisschen Disziplin in einer solchen Debatte bitten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, jetzt geht’s aber los!)

– Sie haben nicht das Wort, sondern Sie können sich melden.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

– Dann bitte.

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Noch erteilt der Präsident oder die Präsidentin das Wort.

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU):

Entschuldigung!

(Beatrix von Storch [AfD]: Er hat die Fassung verloren und die Regeln vergessen!)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Herr Abgeordneter, bitte.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin, ganz herzlichen Dank. – Herr Kollege, vielen Dank, dass Sie zulassen, dass ich eine Frage stelle.

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU):

Gerne.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es ist wirklich ein Popanz, den Sie hier aufbauen, ein totaler Popanz. Niemand will hier die Bedeutung irgendwelcher Befugnisse kleinreden; aber es geht genau um das, was Sie sagen: um seriöse Politik.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Benjamin Strasser [FDP]: Ja!)

Und die Wahrheit ist: Sie hökern hier mit hochsensiblen, verfassungsrechtlich hochproblematischen Instrumenten herum.

(Benjamin Strasser [FDP]: Ja!)

Sie regieren ja, Herr Middelberg; Ihre Fraktion regiert seit 15 Jahren. Wenn Sie jetzt hier heute erzählen würden, es gäbe Aufgaben, für die es bisher gar keine Instrumente gibt, dann würden Sie sagen: Die letzten 15 Jahre haben wir dabei versagt, der Bundespolizei diese Dinge zu geben. – Das würden Sie dann dokumentieren.

Die Wahrheit ist: Sie sind mit den Instrumenten an der absoluten verfassungsrechtlichen Grenze. Und die Dinge, die Sie hier machen – das haben Sie in der letzten Zeit immer wieder gemacht –, sind weder praxistauglich noch verfassungskonform. Deswegen führen Sie hier solche Instrumente ein: weil eben nicht bestraft wird, wenn man in Karlsruhe verliert. Ich sage ja immer: Wenn man drei Klagen in Karlsruhe verliert, müsste es eigentlich zu Neuwahlen kommen. Dann wären Sie sehr viel vorsichtiger mit diesem Instrument.

Deswegen sage ich Ihnen: Es ist ein Popanz. – Stimmen Sie mir da nicht zu, Herr Kollege?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU):

Vielen Dank für die Bemerkung, Herr Kollege von Notz, die Sie am Ende noch als Frage formulieren konnten.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann ja auch einfach Anmerkungen machen! Einfach mal in die Geschäftsordnung gucken!)

Nein, ich stimme Ihnen ganz ausdrücklich nicht zu, und ich will es Ihnen auch erklären.

Natürlich ist der Bereich des Datenschutzes, die Grenzlinie, die bestimmt, inwieweit wir bei kriminellen Sachverhalten und zur Aufklärung sehr schwerer Straftaten, aber auch zur Verhinderung von sehr schweren Straftaten auf Kommunikation und damit auch auf Daten von Privatpersonen zugreifen dürfen, eine höchst sensible Grenze. Aber im Unterschied zu Ihnen verabsolutieren wir den Datenschutz nicht.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir auch nicht!)

Wir sagen nicht: „Der Datenschutz ist die heilige Kuh, und neben dieser heiligen Kuh dürfen wir überhaupt nicht mehr tätig werden“,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen wir auch nicht, Herr Middelberg!)

sondern wir sagen: Der Datenschutz darf unter strengen Kriterien – je nachdem, wie hoch die Rechtsgüter sind, um die es geht – angetastet werden.

Ich erinnere an den Lkw mit 71 Menschen, die erstickt vorgefunden wurden, zurückgelassen von Schleusern, von ganz üblen kriminellen Banden. Darum geht es jetzt konkret: dass wir denen auf die Spur kommen. Dazu müssen wir auch die Möglichkeit haben, auf deren Kommunikation zuzugreifen.

Das gilt übrigens genauso für terroristische Netzwerke oder für rechtextreme Netzwerke.

(Benjamin Strasser [FDP]: Das stimmt!)

Auch da bedarf es der Möglichkeit, auf deren Kommunikation zuzugreifen. Nur dann können Sie so ein Netzwerk aufdecken und enttarnen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gibt es keinen Dissens!)

– Herr von Notz, jetzt bin ich an Ihrem Punkt.

Jetzt können wir uns gerne über die technischen Möglichkeiten unterhalten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings!)

Aber wir müssen auch die Realitäten betrachten: Die Leute telefonieren nicht mehr im traditionellen Verfahren über Festnetz, die trommeln auch nicht mehr wie früher oder geben Rauchzeichen, die schicken sich auch keine SMS mehr, sondern sie kommunizieren heute über die Wege, die viele von uns nutzen

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das weiß ich alles, Herr Middelberg!)

und die auch Kriminelle nutzen, nämlich über WhatsApp und andere verschlüsselte Messengerdienste. Und jetzt können wir – und ich sage, das kann man in jedem Detail sorgfältig prüfen und auch hinterfragen – nicht einfach sagen: Wir greifen auf diese Kommunikation nicht mehr zu, das ist eine völlige Tabuzone. – Das ist für mich inakzeptabel.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sage ich nicht! – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut niemand!)

– Dazu führt Ihre ablehnende Haltung aber.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Niemand tut das!)

– Doch.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Popanz!)

Das ist das Ergebnis Ihres politischen Handelns, Herr von Notz. Das ist das Problem.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Ihr Instrument ist verfassungswidrig! Das ist das Problem! Und das hilft Ihnen auch nicht weiter!)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Lieber Kollege Dr. Middelberg und lieber Kollege von Notz, bitte kommen Sie jetzt zum Ende. Sie haben ausreichend Zeit, im Ausschuss darüber zu debattieren.

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU):

Ja, das setzen wir dann auch mit Freude dort fort.

Ich kann nur sagen: Wenn wir Ihrem Kurs folgen würden, dann würden wir unsere Polizei, unseren Verfassungsschutz und alle anderen Sicherheitsinstitutionen in diesem Land blind machen, dann wären wir am Ende nicht mehr handlungsfähig.

Ich will am Schluss einen Punkt erwähnen, der sich heute im Bundesrat ereignet hat: Da haben Sie als Grüne und auch die FDP die Regelung zur Bestandsdatenauskunft verhindert.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das ist leider wieder ein Beitrag, um zu verhindern, dass das wichtige Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, bei dem es darum geht, im Internet – –

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Middelberg, der Bundespräsident hat es nicht unterschrieben!)

– Ja. Deswegen haben wir ja die Regelungen nachgebessert. Und diese Regelungen haben Sie jetzt blockiert.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für ein unterkomplexer Vortrag?)

Damit können wir das Gesetz zur Bekämpfung der Hasskriminalität weiterhin nicht ins Werk setzen. Und ich möchte, dass wir, wenn Leute im Internet Hasspostings machen, in Zukunft ermitteln können: Wer steckt hinter diesen Hasspostings? Dazu müssen wir auf IP-Adressen zurückgreifen können. Deswegen brauchen wir dieses Gesetz, und Sie verhindern das. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Sie versündigen sich damit an der Sicherheit und auch an dem politischen Diskurs in diesem Land. Sie beklagen es immer wieder, Herr von Notz,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bundespräsident hat das Gesetz nicht unterschrieben! So ein Quatsch!)

Sie leisten aber keinen konstruktiven Beitrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)