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Dr. Mathias Middelberg: Nur wo wirklich Geschäft stattfindet, findet auch Besteuerung statt

Rede zu den Paradise Papers

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Paus, ich gehöre genauso wie Sie dem Bundestag acht Jahre an. Ich kann mich an kein Jahr bzw. an fast keinen Monat erinnern, in dem Steuergerechtigkeit sowie der Kampf gegen Steuervermeidung und illegalen Steuerbetrug nicht Thema waren. Das hat uns in den zurückliegenden Jahren eigentlich permanent beschäftigt.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was haben wir erreicht?)

– Ich nehme jetzt einmal das, was wir zunächst mit den Kollegen von der FDP in den vier Jahren vor der letzten Wahlperiode und dann auch mit den Sozialdemokraten gemacht haben, in Anspruch und werde Ihnen gleich ein paar konkrete Beispiele nennen. Es ist nämlich sehr viel Konkretes in den letzten Jahren geleistet worden,

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist es!)

um beides zu bekämpfen: den illegalen Steuerbetrug und die legale Steuervermeidung, die uns insbesondere bei den Paradise Papers beschäftigt.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wer war es? Wir waren es!)

Der erste und grundlegende Punkt war 2011 die Initiative des BEPS-Projektes, das Maßnahmen gegen Base Erosion and Profit Shifting beinhaltete, also gegen das Abschmelzen der steuerlichen Bemessungsgrundlage und gegen das Verschieben der Gewinne, ein Projekt, das Wolfgang Schäuble mit dem britischen und dem französischen Finanzminister initiiert hat. Das ist mittlerweile ein international anerkanntes Projekt, dem sich zig Staaten angeschlossen haben. Wir haben diese Maßnahmen bereits in nationales Recht umgesetzt. Wir warten darauf und hoffen, dass das auch andere Staaten tun. Ich richte diesen Aufruf insbesondere auch an die USA. Es wäre sinnvoll, dass auch die Amerikaner diese Prinzipien umsetzten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Theurer [FDP])

Dann haben wir 2014 – das ist die zweite zentrale Maßnahme, die ich nennen möchte – den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten eingeführt. Über 100 Staaten auf diesem Erdball haben das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten unterzeichnet und führen diesen jetzt auch durch. Das ist eine grundlegende Maßnahme, die dazu führt, dass unsere Finanzbehörden dann, wenn ein deutscher Staatsbürger im Ausland ein Konto unterhält, automatisch Informationen darüber erhalten. Das heißt, solche Fälle, wie wir sie mit Uli Hoeneß oder mit Alice Schwarzer hatten, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Das ist die grundlegendste Maßnahme gegen Steuervermeidung, die wir überhaupt anführen können – auch das initiiert durch Finanzminister Wolfgang Schäuble.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Panama Papers haben andere Dimensionen!)

Dann hatten Sie, Frau Paus, das Thema LuxLeaks erwähnt. Die Reaktion darauf war, dass wir einen automatischen Informationsaustausch über die damit verbundenen Tax Rulings, also die Tax-Regelungen, eingeführt haben.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, was haben Sie erreicht?)

Auch dieser automatische Informationsaustausch ist in Kraft. Das heißt, diese Luxemburg-Nummer wird es in Zukunft nicht mehr geben.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch nicht wahr!)

Wir haben das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz gegen Briefkastenfirmen gemacht. Sie haben eine Kaffeehauskette angesprochen; ich will den Namen jetzt nicht ausdrücklich nennen, aber, ich glaube, alle hier wissen, welche Kaffeehauskette, die auch in Deutschland viele Filialen betreibt, damit gemeint ist. Diese Kaffeehauskette hatte Steuerverschiebungsmodelle über Lizenzgebühren entwickelt, die über die Niederlande, über Irland oder whatever abgewickelt wurden. Das muss uns im Einzelnen nicht interessieren.

(Ulli Nissen [SPD]:Starbucks!)

Jedenfalls sind diese Modelle schon lange dank dieses Gesetzes nicht mehr möglich. Wir haben nämlich die Anerkennung entsprechender Lizenzgebührzahlungen beschränkt. Nur wo wirklich Geschäft stattfindet, findet auch Besteuerung statt. Das ist richtig.

Den gesamten Kurs, der uns bei der Gestaltung steuerlicher Regelungen treibt, zeichnet aus, dass wir sagen: Es muss da versteuert werden, wo wirklich Wertschöpfung stattfindet. Das ist das grundlegende und richtige Prinzip. Das andere Prinzip lautet: Wir arbeiten daran, Transparenz darüber herzustellen, wo Leute Geld anlegen, wo Leute Geschäfte machen und wo wirklich Wertschöpfung stattfindet. Das ist die grundlegende Basis für eine faire Besteuerung. An diesem Projekt müssen wir kontinuierlich weiterarbeiten. Nur, wir können das leider nicht vollständig alleine klären.

Es gibt auch andere kluge Kollegen. Der Kollege ­Kubicki etwa stellt in Interviews kluge Dinge fest wie etwa, dass wir dazu beitragen müssen, das Steuerrecht international zu vereinheitlichen. Dazu trägt gerade das eben genannte BEPS-Projekt bei. Auf diesem Weg kommen wir aber nicht in einer Woche voran. Dafür ist vielmehr ein mühseliges Arbeiten über Monate und Jahre nötig. Wir haben auch Jahre gebraucht, um den automatischen Informationsaustausch wirklich ins Werk zu setzen. Diesen Weg würde ich gerne kontinuierlich weiter beschreiten. Wir haben hier in den letzten Jahren Erfolgreiches geleistet. Es gibt immer noch Baustellen, bei weitem nicht mehr so viele wie früher, aber es gibt immer noch Baustellen. Wer demnächst regiert, ist jedenfalls herzlich eingeladen, mit uns an diesen Baustellen und an diesen Problemen entschlossen weiterzuarbeiten.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU)