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Dr. Johann David Wadephul: Es geht nach wie vor darum gegen Terrorismus zu kämpfen

Rede zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist seit rund zwei Jahrzehnten in Afghanistan – ein Einsatz in der Tat mit Höhen und Tiefen,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Viele Tiefen, keine Höhen! – Weiterer Zuruf von der AfD: Nur Tiefen!)

der einen tiefen Einschnitt für die Bundeswehr bedeutete, der 59 Bundeswehrsoldaten das Leben gekostet hat und viele an Leib und Leben verwundet hat.

(Zuruf von der AfD)

– Mir kommt es manchmal so vor, als freuten Sie sich geradezu darüber.

(Gerold Otten [AfD]: Nein! Gar nicht! Eben nicht! Unglaublich!)

Ich finde es schlicht und ergreifend unverantwortlich, wie Sie mit dieser Frage umgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie tragen die Verantwortung, nicht wir! Mehr als 20 Jahre tragen Sie die Verantwortung!)

Ich finde, es ist angemessen, zu sagen: Es sind nahezu 20 Jahre Einsatz der Bundeswehr mit vielen Opfern.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Für die Sie die Verantwortung tragen!)

Aber wir haben vielen Menschen und insbesondere Frauen und Mädchen in Afghanistan wieder ein halbwegs menschenwürdiges Leben ermöglicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dafür sollten wir den Soldaten danken und hinter ihnen stehen und nicht alles hier kaputtreden, wie Sie es machen; das wird der Situation nicht gerecht.

Natürlich wird sich dieser Einsatz dem Ende zuneigen.

(Zuruf von der AfD: Und dann?)

Wir sehen, dass eine Friedenslösung und ein politischer Prozess notwendig sind; das war immer notwendig. Dafür sind wir immer eingetreten. Natürlich geht das nicht Hals über Kopf.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Wadephul, gestatten Sie – –

 

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU):

Ich würde gerne fortfahren, Frau Präsidentin.

(Zuruf von der AfD: Feige!)

– Ich weiß gar nicht, was persönliche Beleidigungen an der Stelle sollen, Herr Kollege; das ist der Situation ebenso wenig angemessen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ist unparlamentarisch!)

Wissen Sie, persönliche Verunglimpfungen erhöhen auch nicht das Ansehen des Parlaments. Aber vielleicht geht es ja Ihnen gerade darum.

Natürlich sind wir als Deutsche – und das hat nie jemand bestritten – abhängig davon, dass die Vereinigten Staaten von Amerika als Führungsnation diesen Einsatz führen, begleiten, uns unterstützen und auch militärisch Deutschland diesen Einsatz ermöglichen.

Aber wir Deutsche sind auch in einer militärisch entscheidenden Funktion; denn wir sind in einer Schlüsselposition für 20 weitere Nationen, die dort im Einsatz sind für genau den Zweck, den ich beschrieben habe. Das heißt, es wird auf Deutschland geschaut, es wird auf die Bundeswehr geschaut, und wir müssen in dieser Situation auch unserer Verantwortung gerecht werden. Viele Nationen brauchen Deutschland, brauchen deutsche Soldaten mit ihren Fähigkeiten. Deswegen ist Deutschland in einer Schlüsselposition für weitere, insbesondere europäische Nationen, die Seite an Seite mit unseren Soldaten dort im Einsatz sind, und dieser Verantwortung sollten wir gerecht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ist doch kein Selbstzweck!)

– Das ist auch kein Selbstzweck, Herr Kollege Hampel. Es geht nach wie vor darum – ganz schlicht und einfach, aber so direkt –,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Es geht um Ziele, Zielsetzungen!)

gegen Terrorismus zu kämpfen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Die lassen Sie doch gerade frei! Unglaublich!)

Wir haben jahrzehntelang al-Qaida bekämpft. Wir haben den Einfluss von al-Qaida reduziert, und wir haben es vielen Menschen in Afghanistan ermöglicht, eine neue Gesellschaft aufzubauen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Indem Sie jetzt 5 000 Terroristen freilassen! Organisierter Wahnsinn!)

Das Afghanistan von vor 20 Jahren hat sich gewandelt. Wir haben es ermöglicht, dass Zivilisation in dieses Land zurückgekehrt ist, und das ist nach wie vor sinnvoll, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte an das, was die Kollegin Özoğuz gesagt hat, anknüpfen: Wir haben etwas erreicht, insbesondere bei den Rechten von Frauen und Mädchen, die wirklich in einer Art und Weise verletzt worden sind, wie man es zuletzt vielleicht im Mittelalter auch in unseren Breitengraden erlebt hat. Natürlich muss das dauerhaft gesichert werden, natürlich muss das auch Bestandteil des afghanischen Friedensprozesses zwischen Regierung und Taliban sein.

Die Taliban haben sich übrigens auch gewandelt.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Klar! Aber wie!)

Für diejenigen, die fachkundig sind: Die Taliban sind nicht mehr dieselben wie vor 20 Jahren.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Nein! Taliban-Frauenrat!)

Ein Friedensprozess wird nur dann möglich sein, wenn wir ihn militärisch weiter absichern. Wenn wir jetzt Hals über Kopf das Land verlassen, wird der Friedensprozess in der Tat kaputt sein.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Der ist schon kaputt!)

Das kann nicht unser Ziel sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte darauf hinweisen: Dieser Einsatz ist nach den Anschlägen 2001, Nine Eleven, begonnen worden. Unsere amerikanischen Bündnispartner hinterfragen ja manchmal auch kritisch, ob wir alle Bündnisverpflichtungen erfüllen – Stichwort „2-Prozent-Ziel“ –, ob wir den notwendigen Verteidigungsbeitrag hier in der NATO, aber insgesamt auch als Deutsche leisten. Das, finde ich, können wir unseren amerikanischen Freunden schon auch mit Selbstgewissheit und mit Selbstbewusstsein sagen: Wir sind, als Artikel 5 des NATO-Vertrags zum ersten Mal ausgelöst worden ist, da gewesen, und wir sind nach wie vor da. Das zeigt: Wir Deutsche sind verlässlich im Bündnis; auf uns kann man sich verlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Eine schwache Rede!)

Daraus leiten wir aber auch ab, dass jetzt nicht aus wahlkampftaktischen Gründen – das sagen wir auch dem amerikanischen Präsidenten mit ebendiesem Selbstbewusstsein – ein Rückzug begonnen werden kann, der diesen Friedensprozess infrage stellt. Nicht Geschwindigkeit oder Wahlkampfinteressen dürfen jetzt im Vordergrund stehen, sondern es muss um die Sicherung des Erreichten in Afghanistan gehen. Dafür steht Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Erfolge, die wir vorweisen können, haben wir vielen Soldatinnen und Soldaten zu verdanken, die dort in den Einsatz gegangen sind. 59 haben bedauerlicherweise ihr Leben verloren – an sie sollten wir auch in dieser Stunde denken –, viele sind verletzt an Körper und Seele. Aber es wurde auch sehr viel erreicht. Viele haben auch positive Beziehungen zu den Kameraden der afghanischen Streitkräfte geknüpft – auch denen sollten wir dankbar sein –, haben auch in das Land viele erfolgreiche Beziehungen geknüpft.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Was ist mit den getöteten Zivilisten in Kunduz? Das ist doch eine Schande!)

Unser Einsatz ist wie immer ein vernetzter, er ist nicht nur militärisch, er ist politisch, er dient dem Aufbau einer guten Verwaltung in dem Land, er dient auch dem wirtschaftlichen Aufbau dieses Landes. Deswegen sage ich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es geht jetzt darum, weiterhin Verantwortung wahrzunehmen und nicht orientierungslos wegzulaufen. Es geht darum, den Friedensprozess zu sichern, ihn zu konditionieren und insgesamt der Welt zu sagen: Deutschland ist, wenn es um Menschenrechte geht, wenn es um Frauenrechte geht, wenn es darum geht, einen Rechtsstaat aufrechtzuerhalten und gegen Terrorismus zu kämpfen, ein verlässlicher Partner.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Amen!)