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Dr. Hermann-Josef Tebroke: Es geht um die Stabilisierung unseres europäischen Finanzmarktes

Rede in der Aktuellen Stunde zu einer europäischen Bankenunion

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahre 2008 ereilte nicht nur die Vereinigten Staaten von Amerika, sondern auch Deutschland und Europa eine Finanz- und Wirtschaftskrise, mit der viele in diesem Ausmaß nicht gerechnet haben.

Ich weiß nicht, wer damals geglaubt hätte – Sie haben es gerade angesprochen, Herr Dr. Michelbach –, dass wir uns nach zehn Jahren, sprich: heute, wieder in einer so guten wirtschaftlichen Verfassung befinden. Ich glaube, man wäre gefragt worden, ob man gesund sei.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben aber auch erlebt, meine Damen und Herren, dass es sich nicht nur um ein Problem der Banken oder der Finanzinstitute, sondern letztlich auch um ein Problem der Wirtschaftssysteme insgesamt handelte. Dass es ein Problem des Vertrauens gibt, haben nicht nur die Banken erlebt, sondern alle Wirtschaftsbereiche haben dies erleben müssen. Wir sehen heute in verschiedenen Facetten immer noch die Folgen dessen, was seinerzeit passiert ist. Die Bankenunion kann eine Antwort darauf sein; sie kann ein wichtiges Instrument sein, damit so etwas nie wieder passiert.

Es geht also um die Stabilisierung der Finanzmärkte, unseres europäischen Finanzmarktes. Es geht um die Verbindung von Risiko und Haftung. Es geht um das Wiedergewinnen von Vertrauen der Sparer in ihre Bank in ihrem Land, und es geht auch um die Rücksicht auf unsere funktionsfähige deutsche kleinteilige Kreditwirtschaft. Auch ihr gegenüber sind wir in der Verantwortung.

Die Bankenunion – es geht nicht darum, sie hier schönzureden – befindet sich im Aufbau und wird korrigiert; das hat auch niemals jemand aus unserer Fraktion bestritten. Es geht darum, diese Bankenunion als ein wichtiges Instrument zu begreifen, das weiterentwickelt werden muss und weiterentwickelt werden kann.

Die gemeinsame Aufsicht als erste Säule ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Hier soll Stabilität erreicht werden. Ich sage „soll“, weil wir natürlich keineswegs schon am Ziel angelangt sind. Es hat auch keiner die großen Risiken – gerade war von den faulen Krediten bzw. von den Staatskrediten die Rede, die in den Bilanzen vieler Banken schlummern – verheimlicht. Es ist keine gute und angenehme Diskussion, und es ist auch politisch nicht einfach, über die Bonitätsunterschiede bei der Vergabe von Krediten an öffentliche Haushalte zu diskutieren, aber wir werden diese Diskussion führen. Wir verstecken dieses Problem nicht, sondern wir werden es anpacken, und das müssen wir auch; denn sonst funktioniert die Bankenunion nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Metin Hakverdi [SPD])

Mit dem einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus wird die vorgesehene Haftungskaskade, so wie wir uns das wünschen, endlich normiert, nach dem Grundsatz, dass eben nicht zuvorderst die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden, sondern für die Abwicklung die Gruppe aller Banken in Europa haftet. Das war immer unser Ziel. Und ich sage an dieser Stelle sehr deutlich: Deswegen ist auch die zweite Säule eine wichtige Säule, die auszubauen sich lohnt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zur dritten Säule, zur Harmonisierung der nationalen Einlagensicherungssysteme. Das ist eine wesentliche Errungenschaft. Sie dient im Besonderen dem Interesse der Sparerinnen und Sparer und der Bildung – oder muss man sagen: Rückgewinnung? – ihres Vertrauens in ihre Bank in ihrem Land.

Durch die Definition von europaweit einheitlichen Mindeststandards wird erreicht, dass die Risiken nur in dem Land aufgefangen werden, wo sie tatsächlich entstehen, und dass die Risiken bei der Haftung in den jeweiligen Ländern zu verbleiben haben. Jedem Land ist es unbenommen, über die Mindestanforderungen hinausgehende Einlagen in die Institutssicherung zu implementieren. So haben wir das auch in der Bundesrepublik gehalten, und so werden wir es auch weiterhin halten.

Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund einen Blick auf die deutschen Banken, insbesondere die kleinen und mittelständischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken werfen, für die wir uns – es wurde eben angesprochen – im Parlament sehr wohl verantwortlich fühlen. Einheitliche hohe Standards der Aufsicht in Europa sind erstrebenswert. Sie bedeuten in einigen Mitgliedstaaten deutliche Verbesserungen, von denen wir auch profitieren – das ist gewiss so –, aber wir müssen uns bei der Regulierung auch darüber Gedanken machen, ob sie verhältnismäßig ist,

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Richtig!)

ob das, was wir von den Instituten erwarten, die nicht für die Krise verantwortlich waren, eigentlich leistbar ist und ob der Verwaltungsaufwand sie am Ende nicht dazu zwingt, zu fusionieren oder aus dem Markt auszuscheiden. Das können wir nicht wollen, weil das unser durchaus erfolgreiches Bankensystem beschädigt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die laufende Diskussion über die Möglichkeiten für mehr Proportionalität in der Bankenaufsicht für mittelständische Institute, Stichwort: Small Banking Box. Hier haben wir uns zwar schon auf dem Weg gemacht; aber ich glaube, dass es dringend notwendig ist, weitere Schritte zu gehen. Dass gerade die kleinen Kreditinstitute nunmehr zusätzlich zu einem neuen, europäisierten Haftungsregime erworbene Vorteile und Besonderheiten möglicherweise aufgeben sollen und in eine vergemeinschaftete Einlagensicherung einzahlen sollen, meine Damen und Herren, halte ich nicht nur für unzumutbar, sondern auch für unnötig. Ich glaube im Übrigen, dass damit falsche Verhaltensanreize gesetzt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie freundlicherweise zum Schluss?

Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU/CSU):

Das mache ich gerne, Herr Präsident. – Vor zehn Jahren begann die Finanzkrise. Vor fünf Jahren haben CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben – sie haben im Laufe der Legislatur auch entsprechend gehandelt; ich darf zitieren –:

Die Sicherheit der Spareinlagen ist ein wesentliches Element stabiler Finanzmärkte.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, es wäre schön, wenn Sie Ihrer Ankündigung auch Taten folgen lassen würden.

Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU/CSU):

Ja, das tue ich.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

… Die deutschen Einlagensicherungssysteme haben sich in der Krise als stabil erwiesen. Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung auf EU-Ebene lehnen wir ab.

Meine Damen und Herren, ich kann wirklich nicht erkennen, warum von diesem guten Grundsatz abgewichen werden soll.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)