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Dr. h. c. Hans Michelbach: Wir müssen gegen Steuervermeidung vorgehen und für Steuergerechtigkeit sorgen

Rede zu den Paradise Papers

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ob nun Panama Papers oder jetzt Paradise Papers, ob Steueroasen, Briefkastenfirmen, Steuergestaltung oder Geldwäsche: Diese Themen haben den Bundestag in den vergangenen Jahren intensiv beschäftigt. Es wurde aber nicht nur geredet, es wurde auch gehandelt. Das ist die Wahrheit. Wir werden auch weiter handeln. Das kann ich Ihnen versprechen. Wir müssen also nicht erst anfangen und schon gar nicht sofort, wie verschiedene Fraktionen hier suggerieren.

Ich verstehe, dass die Fraktionen neu sind und daher vielleicht etwas nicht ganz mitbekommen haben. Etwas anderes ist das bei den Kollegen der SPD.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Wir haben es sehr genau mitbekommen!)

Wir haben gemeinsam vieles erreicht. Wir, CDU und CSU, und unser damaliger Finanzminister Wolfgang Schäuble sind Vorreiter im Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Wettbewerbsverzerrungen in der Europäischen Union und weltweit innerhalb der OECD. Das ist die Wahrheit. All dies waren Dauerthemen im Kabinett, im Bundestag und auf europäischer Ebene sowie bei G 20. Wir haben in den vergangenen Jahren unter der Beteiligung des Bundestags eine ganze Serie von Initiativen und Gesetzen zur Beseitigung der genannten Probleme beschlossen.

Ich erinnere erstens an unseren Zehn-Punkte-Plan mit Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene. Ich erinnere auch an die BEPS-Initiative von OECD und G 20 und an die Umsetzung des BEPS-Umsetzungsgesetzes vom Dezember 2016 in nationales deutsches Recht.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Dr. Michelbach?

Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU):

Ja bitte?

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Sind Sie bereit, Frau Paus eine Frage oder eine Zwischenbemerkung zu erlauben?

Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU):

Lisa Paus immer. Bitte.

(Michael Theurer [FDP]: Ein Gentleman!)

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Michelbach, Sie haben völlig recht: Wir haben uns in den letzten Jahren mit vielen Gesetzen beschäftigt. Auch ich war Mitglied des Finanzausschusses. Aber wir haben doch das Problem im Deutschen Bundestag, dass wir zwar Gesetze beschlossen haben, durch die Veröffentlichung der Paradise Papers aber feststellen mussten, dass nach wie vor Milliarden Euro an Steuergeldern nicht gezahlt werden und dass die Bevölkerung in Deutschland einfach nicht versteht, dass wir Gesetze beschließen, die aber nicht wirklich einen Effekt haben. Deswegen sage ich: Wir als Deutscher Bundestag haben die Verantwortung, diese beiden Aspekte zusammenzubringen.

Wir müssen feststellen, dass wir zwar Gesetze beschlossen haben, sie aber offenbar nicht die Wirkung haben, dass die jetzt bekanntgewordene Dimension an Steuerhinterziehung, an Steuergestaltung und an Geldwäsche tatsächlich eingedämmt wird. Sind Sie mit mir der Meinung, dass wir nicht einfach nur etwas tun sollten, sondern dass wir auch die Effektivität unserer Handlungen überprüfen sollten, und dass es nach wie vor Handlungsbedarf in diesem Bereich gibt? Denn das, was wir an Gesetzen beschlossen haben, passt nicht zu dem, was an Problemdimension vorhanden ist.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Aber es hat schon Wirkung!)

Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU):

Frau Kollegin Lisa Paus, es ist selbstverständlich – und das habe ich ausdrücklich gesagt – weiterer Handlungsbedarf gegeben. Es ist klar: In einer globalisierten Wirtschaft wird es immer illegale Steuerpraktiken und Geldwäsche geben.

Ich bin aber gegen eine Skandalisierung. Es wurde eine völlig überzogene Zahl genannt, mit der ich nichts anfangen kann und die völlig aus der Luft gegriffen ist: Angeblich fehlen 17 Milliarden Euro an Körperschaftsteuer. Diese Zahl ist unbewiesen.

Ich bin auch gegen Pauschalverdächtigungen gegenüber einzelnen Unternehmen. Es muss um Fakten gehen. Wenn wir unsere Aufgabe wahrnehmen, müssen wir uns konkret an der Sache orientieren. Wir müssen gegen Steuervermeidung vorgehen und für Steuergerechtigkeit sorgen. Das ist unsere Aufgabe, der wir Schritt für Schritt nachkommen müssen.

Es ist klar, dass sich die beratenden Berufe immer neue Dinge einfallen lassen – ich habe nichts dagegen –, aber wir müssen das abstellen, wenn wir der Auffassung sind, dass etwas Illegales stattfindet, dass die Steuervermeidung nur einigen wenigen dienlich ist.

Klar ist, dass wir internationale Vereinbarungen getroffen haben, zum Beispiel den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten. Das Country-by-Country Reporting war ein wichtiger gemeinsamer Schritt, den wir gegangen sind. Es ist nicht so, dass am deutschen Wesen alles genesen kann. Das ist eine internationale Aufgabe. Nur gemeinsam mit den anderen Ländern, mit Überzeugungskraft und guten Argumenten können wir in Verhandlungen funktionsfähige Instrumente schaffen. Das ist die eigentliche Frage. Wir müssen das Gesetz zur Umsetzung der Geldwäscherichtlinie und alles Weitere voranbringen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen natürlich klare Steuerentlastungen. Wir stellen uns dem Steuerwettbewerb; aber wir wollen keine illegale Steuergestaltung. Die Argumentation, dass mit der Steuerreform, die wir hier vielleicht noch durchsetzen müssen, Steuerdumping beschönigt werde, verstehe ich nicht. Das ist der falsche Ansatz.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das stimmt!)

Wir müssen dafür sorgen, dass der normale Steuerbürger ernst genommen wird. Wir müssen Steuerentlastungen voranbringen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Michael Theurer [FDP])

Letzten Endes müssen wir auch für die Wirtschaft die Weichen richtig stellen. Ich bin der Auffassung, dass auch über eine Unternehmensteuerreform geredet werden muss,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

und zwar auf Basis der Rechtsformneutralität, der Finanzierungsneutralität und der Organisationsneutralität. Auch das wird eine Aufgabe dieses Bundestages in dieser Legislaturperiode sein.

Ich glaube, die Steuerpolitik wird in den nächsten Jahren eine ganz wichtige Aufgabe sein.

(Beifall bei der AfD)

Ich lade Sie herzlich ein, nicht zur Kanalisierung, nicht zur Beschönigung, sondern dazu, die Steuerpolitik richtig zu gestalten. Das ist unsere Aufgabe.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)