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Bundestagsdebatte zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung
(Quelle: Michael Wittig | CDU/CSU-Bundestagsfraktion)

Die innere Einheit jeden Tag neu erringen

Bundestagsdebatte zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung

Deutschland hat allen Grund zu feiern: 30 Jahre nach der Wiedervereinigung blickt das Land auf eine beispiellose Erfolgsgeschichte zurück. Ost und West sind weitgehend zusammengewachsen, die Lebensverhältnisse in beiden Landesteilen gut. Der Prozess der Einheit ist indessen nicht abgeschlossen. In der Bundestagsdebatte zum Jubiläum am Freitag warb Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus für Vielfalt und innere Einheit in Deutschland.

„Die innere Einheit muss jeden Tag neu errungen und erkämpft werden“, sagte Brinkhaus. Der Ort, wo dies geschehen müsse, sei der Deutsche Bundestag, betonte er: „Wir sind die Klammer, die dieses Land verbindet.“ Deutschlands Regionen seien vielfältig und sollten sich ihre Unterschiedlichkeit bewahren. Diese könne man aber nicht länger an „Himmelsrichtungen festmachen“. Aufgabe der Politik sei es, für gleichwertige Lebensverhältnisse überall zu sorgen.

Leistung der Ostdeutschen anerkennen

Brinkhaus dankte all jenen, die die Wiedervereinigung möglich gemacht haben: den mutigen Freiheitskämpfern in der DDR, den Nachbarländern Polen, Ungarn und Tschechien, George Bush und Michail Gorbatschow sowie nicht zuletzt Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble. Er bedankte sich auch bei den „vergessenen Helden“ der Wiedervereinigung, deren Alltag nach 1990 geprägt war von Mühen, Zweifeln und Rückschlägen, vom Verlust der eigenen Biografie. Ausdrücklich entschuldigte er sich dafür, „dass wir das im Westen zu lange nicht gesehen haben, was die Menschen dort geleistet haben“.
Die Einheit gibt laut Brinkhaus nicht nur Anlass zur Dankbarkeit, sie ist auch eine Verpflichtung: eine Verpflichtung, für Europa einzustehen und diejenigen zu unterstützen, die heute für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit kämpfen – etwa in Hongkong und Belarus. 

Herausfordernde Transformationen

Die CDU-Abgeordnete Yvonne Magwas aus dem Vogtland, die die DDR nur als Kind erlebt hat, erinnerte sich in ihrer Rede an „herausfordernde Transformationen“, die die Menschen in Ostdeutschland beim Übergang von einer abgewirtschafteten Planwirtschaft in eine Martkwirtschaft durchzustehen hatten. Magwas, die die Debatte für die Unionsfraktion eröffnete, sagte: „Viele Träume platzten.“ Dabei verwies sie auf Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne und Existenzängste, unter denen zahlreiche Menschen litten. Es habe diese oft Mut gekostet, sich und ihr Berufsleben neu zu erfinden. 

Yvonne MagwasBild: CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag/Michael Wittig

Blick nach vorne richten

Nach 30 Jahren Einheit warb Magwas aber dafür, den Blick nach vorne zu richten. Es gehe nicht um „Schlussstrich oder Vergessen“, sondern darum, das Leben in Einheit, in Freiheit, in einer gut funktionierenden Demokratie zu gestalten. Die Politik müsse dafür arbeiten, gute Rahmenbedingungen für Umwelt, Forschung oder Arbeitsplätze zu schaffen und starke Regionen zu entwickeln. „Den Mut, den die Menschen 1989/90 hatten, braucht es heute wieder“, sagte sie. Man müsse für Veränderungen aufgeschlosen sein und für eine gute gesamtdeutsche Zukunft arbeiten. 
Zukunft liegt in Innovationen

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt dabei auf Innovationen in Ost- und Westdeutschland. Die Zukunft liege in der Digitalisierung, in Künstlicher Intelligenz, in autonomem Fahren oder in einer klimaneutralen Wasserstoffstrategie, sagte er. Dabei würdigte Altmaier die Tatsache, dass in den neuen Ländern ein starker Mittelstand entstanden sei sowie wirtschaftlich starke Gegenden, die auch Westdeutschland zum Vorbild gereichten. Gleichzeitig gebe es immer noch Regionen mit Nachholbedarf. Auch dort müsse den Menschen eine Perspektive geboten werden. 
„Die Einheit ist kein Zustand, sondern ein fortlaufender Prozess“, sagte die CDU-Abgeordnete Heike Brehmer. Gerade die Corona-Pandemie habe aber gezeigt, dass Deutschland eine gut funktionierende, vielfältige und krisenfeste Einheit sei. 

Kaum noch Unterschiede spürbar

Auch Wolfgang Schäuble sieht in Deutschland kaum noch Unterschiede zwischen Ost und West. In einem Interview für die CDU/CSU-Fraktion anlässlich des Jubiläums sagte er, in den 30 Jahren seit der Wiedervereinigung sei man „gut vorangekommen“, was das Zusammenwachsen beider Landesteile angehe. Verschiedenheiten seien allenfalls regional begrenzt spürbar. Insgesamt sei Deutschland „sehr vielfältig, sehr unterschiedlich“ geworden. 
Ob jemand sich als Ost- oder Westdeutscher fühle, spiele vielleicht noch für die Generation eine Rolle, die 40 Jahre in geteilten Welten gelebt habe: „Da werden die Folgen der Teilung irgendwo bleiben.“ Für junge Menschen, die im vereinigten Deutschland aufgewachsen seien, gelte das nicht: „Da können sie nichts mit anfangen.“ Insofern blickt der Bundestagspräsident optimistisch in die Zukunft: „Nein, ich fürchte keine Spaltung.“

Hohe Lebensqualität in beiden Landesteilen

Nach dem Mitte September veröffentlichten Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2020 heißt es: „30 Jahre nach der Wiedervereinigung präsentiert sich die Bundesrepublik als ein erfolgreiches Land, welches seinen Bürgerinnen und Bürgern im Vergleich zu vielen anderen Staaten eine insgesamt hohe Lebensqualität bietet.“ Innerhalb Deutschlands sei die Angleichung der Lebensverhältnisse weit vorangekommen, auch wenn teilweise noch erhebliche regionale Disparitäten in den Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten, bei der Ausstattung mit Infrastrukturen und Angeboten der Daseinsvorsorge bestünden.