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Detlef Seif: "Die jüngsten Verhandlungen des Innenrates haben gezeigt, dass wir hier noch ganz, ganz dicke Bretter bohren müssen

Rede zur Europäischen Flüchtlingspolitik

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Mit den vorliegenden Anträgen fordern die Grünen und die Linken bestimmte Maßnahmen eines neuen europäischen Asylsystems.

Die Linken fordern unter anderem: Abschaffung der Grenzschutzagentur Frontex;

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Ja!)

keine Übertragung von Prüf- und Entscheidungsaufgaben auf europäische Asylagenturen; keine Prüfungen in beschleunigten Verfahren; keine freiheitsbeschränkenden Maßnahmen bei Antragstellern, die sich im Rahmen einer Vorprüfung an der EU-Außengrenze aufhalten. Demgegenüber sollen die Wünsche und Interessen der Antragsteller den Ausschlag dafür geben, welches Mitgliedsland zuständig ist. Die Linken sprechen von „free choice“, also freier Auswahl seitens der Antragsteller.

Der Antrag der Grünen ist hier schon etwas pragmatischer. Die Grünen erkennen an, dass Registrierungszentren an der EU-Außengrenze sinnvoll sind. Sie sind der Meinung, es müsse eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt werden, ebenso eine Sicherheitsüberprüfung und ein Gesundheitscheck. Allerdings sollen diese Registrierungszentren offen sein, das heißt, keine freiheitsbeschränkenden Maßnahmen erlaubt sein.

Die wichtigste Tatsache jedoch, die auch einen wesentlichen Beitrag zur Krise des Jahres 2015 geleistet hat, wird in beiden Anträgen vollständig ausgeblendet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Beide Anträge sprechen von den Schutzsuchenden, den Flüchtlingen, den Geflüchteten. Fakt ist aber, dass unser europäisches Asylsystem zurzeit von sehr vielen Menschen missbraucht wird.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal die Zahlen!)

Von den in den letzten Jahren EU-weit durchschnittlich 600 000 Antragstellern pro Jahr sind rund 400 000 nicht schutzberechtigt.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klingt wie ein AfD-Antrag!)

Das sind Daten und Fakten von Eurostat; das ist alles belegt. Wir reden von mehr als 1 Million Menschen in den letzten drei Jahren. Das kann nicht sein, und das darf nicht sein. Bitte nehmen Sie eines zur Kenntnis: Im Ergebnis nehmen wir die Kapazitäten genau den Menschen weg, die sie nötig haben, nämlich den tatsächlich Verfolgten, die unseren Schutzanspruch verdient haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, warum sollten sich denn die Menschen, die genau wissen, dass sie keinen Anspruch haben, plötzlich an Rechtsvorschriften halten? Registrierungszentren ohne freiheitsbeschränkende Maßnahmen werden nicht funktionieren. Die Menschen werden weiterwandern, und sie werden sich ihr Ziel aussuchen: einen Mitgliedstaat, der ihnen gefällt.

(Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diejenigen, die ohne einen Schutzanspruch zu uns kommen, müssen ganz früh wissen, und zwar durch eine konsequente Rechtsanwendung von Anfang an, dass ihr Vorhaben aussichtslos ist.

Zurzeit ist das anders. Bei der aktuellen Verfahrens- und Abschiebepraxis besteht trotz des fehlenden Asylanspruchs eine ganz große Bleibeperspektive. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem ist zurzeit eher ein System allgemeiner Migration, verbunden mit etwas Asyl, und das kann nicht unsere Zustimmung finden. Dieses System hat eine ganz andere Zielsetzung.

Wichtig sind: Stärkung des Grenz- und Küstenschutzes Frontex; beschleunigte Grenzverfahren mit Freiheitsbeschränkung; klare und dauerhafte Zuständigkeit eines Mitgliedstaates; Ausbau von Partnerschaften mit Herkunftsstaaten und Drittstaaten, die eine konsequente Abschiebung ermöglichen.

Die jüngsten Verhandlungen des Innenrates haben gezeigt, dass wir hier noch ganz, ganz dicke Bretter bohren müssen; aber es lohnt sich. Ich bin der Bundesregierung im Allgemeinen, aber auch Stephan Mayer, dem Parlamentarischen Staatssekretär, im Besonderen für die guten Ansätze dankbar, die auch in das Konzeptpapier eingeflossen sind. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir gehen ihn gemeinsam. Es lohnt sich für das Gemeinsame Europäische Asylsystem.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zu Moria! – Gegenruf des Abg. Christoph de Vries [CDU/CSU]: Sie diktieren jetzt aber nicht, was der Redner zu sagen hat! – Gegenruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich darf doch wohl Zwischenrufe machen!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Seif. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christian Wirth, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)