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Christoph Bernstiel: "Die Zahl der linksextremistischen Gewalttaten steigt"

Verein Indymedia verbieten

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Linksextremismus ist nach wie vor eine Gefahr für unser Land, und leider ist er ein Problem, das nicht kleiner, sondern größer wird. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: 2018 haben wir 6 449 Straftaten im Phänomenbereich Linksextremismus registriert; 2019 waren es bereits 9 849. Besonders beunruhigend ist, dass insbesondere die Zahl der linksextremistischen Gewalttaten steigt. Während wir 2019 noch 423 Gewalttaten registriert haben, waren es im Jahr 2020 schon über 1 300, und besonders beunruhigend ist, dass 355 davon der Körperverletzung zuzuzählen sind.

Sprachrohr und Hauptorganisationsplattform der Linksextremisten in Deutschland ist die Internetseite Indymedia. Regelmäßig findet man dort Gewaltaufrufe, Bekennerschreiben, übelste Beleidigungen und Drohungen. Auch Feindeslisten findet man dort. Wie schnell aus solchen Feindeslisten bittere Realität werden kann, zeigt der Fall Walter Lübcke. Dennoch fällt es schwer, diese Seite eindeutig zu ächten. Im Gegensatz zu manch einer rechtsextremen Seite wird im Fall von Indymedia oft relativiert oder sogar heruntergespielt, wenn es darum geht, klar zu benennen, was diese Seite ist: eine linksextreme Plattform.

Meine Damen und Herren, so kann das nicht weitergehen. Gewalt bleibt Gewalt, und egal aus welcher Richtung sie kommt, sie muss immer konsequent verurteilt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Deshalb ist es richtig, dass das Bundesinnenministerium bereits 2017 den Vorgänger der jetzigen Indymedia-Seite – linksunten.indymedia.org – verboten hat. Die Betreiber der damaligen Seite haben dagegen beim Bundesverwaltungsgericht geklagt, und die Klage wurde erfreulicherweise im Januar 2020 abgewiesen. Das Urteil begrüße ich sehr.

Allerdings gibt es auch Menschen in diesem Haus, Abgeordnete, die das ganz anders sehen. Ich möchte die Kollegin Doris Achelwilm von der Fraktion Die Linke zitieren; sie äußerte sich in einer Pressemitteilung im Januar 2020 wie folgt:

Nüchtern betrachtet ist das Verbot ein unverhältnismäßiger Verstoß gegen die Grundrechte und ein Vorstoß autoritärer Machtpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

– Sie applaudieren auch noch. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer das Urteil von unabhängigen deutschen Gerichten als einen Vorstoß autoritärer Machtpolitik bezeichnet, der sollte seine Einstellung zur FdGO dringend überprüfen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Nun zu Ihnen, liebe AfD, zu Ihrem Antrag. Es gibt keinen Zweifel daran – das sagte ich bereits –, dass Indymedia eine linksextreme Plattform ist. Schmähungen gegenüber unserer Polizei und Drohungen sind absolut inakzeptabel. Genau aus diesem Grund beobachtet der Verfassungsschutz bereits seit 2020 die Plattform als Verdachtsfall. Der volle Instrumentenkoffer des Verfassungsschutzes steht zur Verfügung, und er kommt zum Einsatz. Was es bedeutet, ein Verdachtsfall zu sein, brauche ich Ihrer Fraktion ja nicht zu erklären.

Nun fordern Sie in Ihrem Antrag den Verbot des Vereins hinter der Seite, und Sie fordern das Abschalten der Seite. Ja, als ob das so einfach wäre: Wir schalten die Seite ab, und das Problem ist gelöst. – Manch einer hier im Haus hätte sich gewünscht, dass es 2016 nach dem Abschalten der rechtsextremen Plattform Altermedia genauso gewesen wäre; aber so ist es nun mal nicht. Linksextremisten sind längst nicht so dumm, für wie manche hier in diesem Haus sie halten. Sie haben natürlich schon Ausweichplattformen gegründet; die Server stehen im Ausland, und oft sind die Inhalte kopiert. Hinzu kommt: Wenn wir ein Verbot machen wollen, dann machen wir das und kündigen es nicht vorher an, meine Damen und Herren.

Aber den wichtigsten Grund, warum man Ihren Antrag eigentlich nicht ernst nehmen kann, liefern Sie selbst. Sie sagen auf Seite 3: „Aufgrund der Anonymität des Netzwerks bleiben die personellen Konstellationen im Dunkel.“ Konkret heißt das: Wo es keinen Verein gibt, kann man auch keinen Verein verbieten.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das hat das Verwaltungsgericht alles entschieden!)

Warum also dieser Antrag?

Generell – das muss ich sagen – liest sich Ihr Antrag leider so, als ob einer Ihrer Referenten in der Mittagspause sein Brötchenpapier genommen hat und darauf ein Best-of von Indymedia-Zitaten gekritzelt hat.

(Zurufe von der AfD: Oh!)

Das reicht vielleicht für den politischen Aschermittwoch, aber nicht für eine Debatte hier im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Und dass Sie daraus auch noch eine namentliche Abstimmung ableiten, das ist nicht nur mutig, sondern auch dreist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen keine Schaufensteranträge der AfD, um den Linksextremismus zu bekämpfen. Das macht man nämlich nicht mit Ankündigungen, sondern mit konkreten Taten, und da können Sie uns vertrauen.

(Widerspruch bei der AfD)

Sehr geehrte Kollegen der AfD, deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Alice Weidel [AfD]: Sie handeln ja gar nicht! Das ist das Problem!)