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Björn Simon: Die Plastiktüte ist seit Jahren ein Auslaufmodell

Redebeitrag zur Änderung des Verpackungsgesetzes

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit der hier vorliegenden Änderung des Verpackungsgesetzes verfolgen wir ein Ziel, das in diesem Hohen Haus nicht strittig sein dürfte – ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob das bei der AfD auch noch so ist –: der Schutz der Umwelt.

Wir wollen ein Zeichen setzen, alternativen Materialien Vorschub leisten und aufzeigen, dass der alltägliche Einsatz von Einwegkunststoffen schwerwiegende Folgen für die Natur haben kann.

(Judith Skudelny [FDP]: Geht es auch um die Tüten, die den Blauen Engel haben?)

Deswegen haben wir uns mit unserem Koalitionspartner und dem Umweltministerium in vielen und intensiven Gesprächen darauf verständigt, das Inverkehrbringen von Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern – das sind beispielsweise die Tragetaschen an der Supermarktkasse – ab dem 1. Januar 2022 zu untersagen. Darum geht es in diesem Gesetzentwurf – und nicht um mehr und nicht um weniger.

Dabei zeigt bereits ein Blick vor Ort, dass die klassische Plastiktüte schon heute kaum mehr an der Supermarktkasse erhältlich ist. Auch Bekleidungsgeschäfte und der sonstige Einzelhandel verzichten mittlerweile selbst auf die Kunststofftragetasche. Die Plastiktüte ist seit Jahren ein Auslaufmodell; so ist es nun mal.

Die statistischen Erhebungen bestätigen diese Beobachtung. Nutzte im Jahr 2016 jeder Bundesbürger über 70 Plastiktragetaschen, sind es heute nur noch rund 20 Stück im Jahr. Woran liegt das? Bereits 2016 erarbeitete der Handel zusammen mit dem BMU eine freiwillige Selbstverpflichtung, deren Ziel die Reduzierung der Anzahl an Plastiktüten in Deutschland war, und das ist ein Erfolgsmodell gewesen.

Ich möchte an dieser Stelle aber betonen, dass dieses Gesetz, das wir heute beschließen, nicht auf die geringe Wirksamkeit dieser Selbstverpflichtung zurückzuführen ist. Ganz im Gegenteil! Ich möchte dem Handel ausdrücklich dafür danken, dass er diese Vorgaben so vorbildlich sogar übererfüllt hat und schon heute kaum mehr Plastiktüten ausgegeben werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit der heutigen Ergänzung des Verpackungsgesetzes wollen wir diese erfolgreiche Selbstverpflichtung fortschreiben und die Entwicklung aber auch absichern. Dabei muss klar sein und bleiben: Ein Verbot darf immer nur die letzte Instanz sein.

Meine Damen und Herren, die Plastiktüte ist ja nicht per se eine schlechte Erfindung; das sagt ja auch keiner. Die Kunden nutzten sie viele Jahre als hygienischen und praktischen Transportartikel; für die Geschäfte war sie ein günstiger Werbeträger. Gleichzeitig ist die Plastiktüte in ihrer heutigen Form aber nicht mehr zeitgemäß. Sie steht sinnbildhaft für eine Wegwerfgesellschaft und Ressourcenverschwendung und ist schlicht in Verruf geraten. Sie ist zum Symbol für einen gedankenlosen Umgang mit unserer Umwelt geworden; so ist es nun mal. Mit dem heute zu beschließenden Verbot wollen wir ein Zeichen für die Abfallvermeidung und für die Ressourcenschonung setzen.

Ich möchte aber auch kein Geheimnis daraus machen, dass wir als Union dem Gesetzentwurf durchaus auch kritisch gegenüberstehen. Es gab unlängst ja eine Info aus dem BMU, wonach die Plastiktüten unter 1 Prozent des gesamten Verpackungsaufkommens in Deutschland ausmachen – also nicht wirklich viel. Wir hätten uns daher eine ökobilanzielle Betrachtung gewünscht, in der mögliche Alternativen und mögliche Substitute auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft worden wären, und zwar vorher.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

Unsere Forderung nach einer Ökobilanz ist mit dem heute vorliegenden Gesetz auch nicht vom Tisch. Wir stellen diese Forderung umso lauter, um weitere Produktverbote in Zukunft zu verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber an dieser Stelle kann ich dem Umweltministerium dafür danken, dass hier nun endlich Schritte unternommen werden. Denn – das möchte ich hier in aller Deutlichkeit sagen – die Plastiktüte darf keineswegs durch andere Einwegprodukte ersetzt werden; das wurde schon gesagt, und das ist auch richtig.

Wir wissen schon heute, dass die Papiertüte nicht unbedingt ökologisch sinnvoller ist, auch wenn das oft suggeriert wird – durch Material, Farbe und Werbebotschaften auf der Tüte, die genau dieses Image ja auch vermitteln sollen. Aber diese Papiertüte muss dafür zumindest zehnmal wiederverwendet werden, und wenn Feuchtigkeit ins Spiel kommt, ist diese Wiederverwendungsmöglichkeit futsch. Mehrweglösungen wie beispielsweise die feste Kunststofftragetasche aus Rezyklat, der klassische Einkaufskorb, Taschen und Rucksäcke, die man Hunderte Male wiederverwenden kann, sind hier sinnvolle und richtige Alternativen, die wir unterstützen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden den Markt ganz genau beobachten; das hat die Ministerin auch schon gesagt. Und wir schauen, durch welche Materialien die dünnwandigen Kunststofftragetaschen ersetzt werden und ob wir nachsteuern müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jede Plastiktüte, die in Deutschland nicht wiederverwendet oder nicht richtig entsorgt wird, stellt ein Umweltproblem dar. Und jede achtlos in die Umwelt geworfene Plastiktüte ist eine zu viel. Mit der Gesetzesvorlage werden wir die Plastiktüte zumindest in Deutschland zukünftig aus der Umwelt verbannen und folgen damit dem Grundsatz des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, wonach die Vermeidung des Abfalls Vorrang vor sonstigen Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung hat.

Aus vielen Gesprächen mit betroffenen Händlern und Verbänden weiß ich, dass schon heute kaum jemand neue Plastiktüten für sein Ladengeschäft erwirbt, jedoch vereinzelt noch größere Lagerbestände bestehen. Es stimmt ja auch – das wurde schon gesagt –: Diese Lagerbestände ohne Nutzen vernichten zu lassen, hieße, Millionen von Plastiktüten einfach der thermischen Verwertung zuzuführen oder sonst wie zu verwerten, wäre ökologisch, aber auch ökonomisch absoluter Unsinn. Daher bestehen wir als Union auf eine Frist bis zum 1. Januar 2022, um damit dem Handel ausreichend Zeit zu geben, die Bestände in den Lagern abzuverkaufen. Das ist kein Aufschub oder keine Verzögerungstaktik, sondern in diesem Rahmen zumindest marktwirtschaftlich sinnhaft.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir mit der heutigen Änderung des Verpackungsgesetzes ein klares Zeichen für den Umweltschutz in Deutschland setzen. Der Verzicht auf die Einweg-Kunststofftragetasche ist mehr als verträglich und gesellschaftlich akzeptiert; und darum geht es. Gleichzeitig wollen wir als CDU/CSU dieses Zeichen nicht missverstanden wissen. Für uns als Union gilt auch weiterhin der Grundsatz, dass Produktverbote nur das allerletzte Mittel sein dürfen und vorher eine faktenbasierte Untersuchung aller Umwelteinflüsse erfolgen muss. Nur so können wir auch zukünftig eine verantwortungsvolle und auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhende Politik betreiben, die auch gesellschaftlich akzeptiert wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)