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Ronja Kemmer: Wir wollen, dass junge Menschen die Schulen als mündige Bürger verlassen

Redebeitrag zum Lehrkräftemangel

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie hat uns in diesem Jahr sehr dramatisch vor Augen geführt, wie verwundbar wir als Gesellschaft sind. Gerade das Thema der Schulschließungen im Frühjahr hat uns stark bewegt und uns eben noch einmal ganz deutlich klargemacht, wie zentral wichtig es ist, dass wir beim Thema „digitale Bildung“ vorankommen. Als Koalition tun wir auch genau das – im Übrigen nicht erst, seit Corona auf der Tagesordnung steht. Wir haben mit dem DigitalPakt Schule viele Maßnahmen angeschoben. Wir haben weitere Maßnahmen in diesem Jahr in zahlreichen Paketen geschnürt und auf den Weg gebracht. Die Situation erfordert zielstrebiges, sie erfordert schnelles Handeln.

Aber die Situation erfordert trotzdem auch eine grundsätzliche Debatte darüber, wohin es mit der digitalen Bildung gehen soll. Wenn wir bei diesem Thema erfolgreich sein wollen, müssen wir festhalten: Es geht dabei nicht nur um Technik, es geht auch darum, dass wir die Bereitschaft an den Tag legen, Dinge neu zu denken. Und wir haben gesehen – noch einmal mit Blick auf das Thema Schnelligkeit –, dass leider in vielen Bundesländern die Umstrukturierung, die Umstellung auf den Onlineunterricht dann doch nur sehr schleppend vorangekommen ist.

Für uns als Union ist ganz klar: Wir wollen und wir werden die digitale Bildung weiter vorantreiben. Das ist aus mehreren Gründen ganz entscheidend. Es geht letztendlich um die persönliche Entwicklung von Kindern, von jungen Menschen. Wenn sich die Welt um uns herum immer mehr digitalisiert, muss sich das im Unterricht entsprechend wiederfinden. Wir wollen, dass junge Menschen die Schulen als mündige Bürger verlassen. Dafür ist ganz entscheidend, dass auch digitale Kompetenzen vermittelt werden. Es geht um die Zukunftschancen eines jeden Kindes, es geht aber auch um die Zukunftschancen von uns als Gesellschaft.

Mit dem DigitalPakt Schule haben wir als Bund ein starkes Zeichen gesetzt – mit zunächst 5 Milliarden Euro schon vor über einem Jahr und jetzt noch einmal mit anderthalb Milliarden Euro, die dazugekommen sind –, ein starkes, ein bewusstes Zeichen, dass wir hier mit anpacken, dass wir einen echten Aufbruch wollen und dass wir auch mitgestalten wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu den vielen Anträgen, die wir in der heutigen Debatte diskutieren, gäbe es viel zu sagen. Mit Blick auf viele Forderungen der FDP und auch der Grünen – Themen, über die wir in der jüngsten Vergangenheit schon oft diskutiert haben – lässt sich zusammenfassend sagen, dass das Meiste eigentlich schon in der Umsetzung ist. Deswegen will ich den Fokus an der Stelle einmal auf die Anträge der AfD richten, die vor Widersprüchen nur so strotzen – bis hin zu einzelnen, man muss schon wirklich sagen, auch verstörenden Aussagen.

Sie schreiben da zunächst einmal, dass Menschen in den Schulen darauf vorbereitet werden sollen, sich auch später in der Kommunikationswelt zurechtzufinden und handeln zu können. Das ist so weit richtig. Was dann aber umso mehr verwundert, ist, dass genau der Teil, der dafür entscheidend ist und der heute ja auch Thema ist, nämlich das Stichwort „digitale Bildung“, von Ihnen geradezu dämonisiert und verteufelt wird.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Sie machen Aussagen wie – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen; ich zitiere –, dass eine „pauschale digitale Aufrüstung“ nicht sinnvoll sei,

(Nicole Höchst [AfD]: Das ist richtig!)

und beziehen sich dann auf Studien aus dem Jahr 2014. Also, mit Verlaub, seit 2014 sind in der digitalen, aber auch in der politischen Zeitrechnung inzwischen wirklich Lichtjahre vergangen.

(Karsten Hilse [AfD]: Lichtjahre, das ist eine Entfernung!)

Ganz grundsätzlich frage ich Sie dann schon: Wie wollen Sie Eigenbestimmung und Mündigkeit von jungen Menschen, die Sie ja wollen, entsprechend vermitteln, wenn Sie digitale Kompetenzen aus den Lehrplänen streichen, wenn Sie Themen wie Medienkompetenz oder Fake News – mag ja ein Faible-Thema für Sie sein – am Ende mit, sage ich mal, Kreide und Tafel unterrichten? Also, das ist eine Mischung aus Realitätsferne auf der einen Seite und Steinzeitdenken auf der anderen Seite; das lehnen wir ganz klar ab.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Sie wollen keinen digitalen Unterricht, fordern aber dann, dass die Lehrer eigentlich viel besser auf dieses Thema vorbereitet werden sollten. Dann schreiben Sie, dass dem Onlineunterricht der Präsenzunterricht immer vorzuziehen ist und dass der nicht ersetzt werden kann. Das will aber hier auch, glaube ich, ganz grundsätzlich niemand im Haus und hat auch niemand gefordert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Warum es doch geht, ist, dass wir eine sinnvolle Ergänzung, eine Weiterentwicklung des Unterrichtes bekommen und dass wir natürlich auch in Situationen wie jetzt, in Krisen und Ausnahmesituationen, vorbereitet sind, dass im Worst Case eben nicht monatelang der Unterricht ausfällt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Solche differenzierten Ansätze sind für Sie in Ihrer Schwarz-Weiß-Denke aber vielleicht zu anspruchsvoll. Es gibt ja sowieso kaum eine Partei, die sich beim Thema Corona so diametral in Widersprüche verhakt wie die AfD.

(Widerspruch bei der AfD)

Auf der einen Seite leugnen Sie Corona geradezu oder sagen, wie heute Morgen in der Debatte, dass das alles ja gar nicht so schlimm wäre, auf der anderen Seite listen Sie just in Ihrem Antrag bei 13 Punkten 11 Punkte auf, wie wir denn in den Schulen im Präsenzunterricht besser mit Coronahygienemaßnahmen umgehen sollen. Da frage ich Sie dann doch: Ist das jetzt ein ernstzunehmendes Risiko, ja oder nein? Die Antwort bleiben Sie schuldig, und das merken auch die Menschen draußen. Diese Widersprüche können Sie einfach nicht auflösen. Deswegen lehnen wir Ihre Anträge entsprechend ab.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Maske aufsetzen, wenn Sie das so wichtig finden!)