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Ronja Kemmer: Es sind Menschen, die entscheiden wo und wie sie Technologie einsetzen wollen

Redebeitrag zur Zukunftstechnologie Künstliche Intelligenz

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon heute profitieren wir im Alltag von zahlreichen KI-Anwendungen. Wir sind uns nur wahrscheinlich ganz oft nicht darüber bewusst, zum Beispiel, wenn wir uns im Auto navigieren lassen, wenn wir einer Musik- oder einer Nachrichtenempfehlung folgen oder auch wenn wir eine Sprachassistenz befragen.

Aber das alles ist nur der Anfang; denn KI ist eine Technologie, die unser Leben verbessern und gar Leben retten kann. Mithilfe von Algorithmen können künftig Krankheitsausbrüche früher vorhergesagt und Therapien verbessert und weiterentwickelt werden. Dabei ist für uns stets wichtig, zu differenzieren; denn Algorithmen unterstützen, aber sie entscheiden letztendlich nicht. Es sind Menschen, die entscheiden: Menschen, die Verantwortung tragen, wo und wie sie Technologie einsetzen wollen. Dafür brauchen wir gute Rahmenbedingungen, dass Technologie sich entwickeln kann, dass Innovationen vorankommen. Dafür müssen wir jetzt innerhalb der EU handlungsfähig und entscheidungsfest werden.

Das Weißbuch setzt im Bereich KI einen ersten Rahmen. Es sieht zwei wesentliche Säulen vor; ich würde das noch um eine dritte ergänzen wollen, und zwar: Exzellenz, Agilität und auch Vertrauen. Ich sage das bewusst in dieser Reihenfolge. Wir können international doch nur erfolgreich sein, wenn wir erstens die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung im Bereich KI weiter ausbauen, wenn wir zweitens den Transfer zwischen Wissenschaft und Forschung weiter vorantreiben, wenn wir drittens auch innovative Start-ups noch besser fördern und abschließend einen vertrauensbildenden Rechtsrahmen in Europa bieten.

Dafür braucht es Augenmaß. Augenmaß vor allem zwischen Freiräumen auf der einen Seite und Regulierung auf der anderen Seite. Es braucht aber vor allem auch Tempo; denn während wir in Europa noch über die richtige Strategie diskutieren, gehen andere voran, setzen – meist Unternehmen aus den USA oder China – entsprechend ihren Weg fort und bauen ihre Marktmacht aus. Und das schmälert den Vorsprung, den wir zum Beispiel im Bereich Robotik haben, es schmälert aber vor allem die Möglichkeit, auch international Standards zu setzen. Es muss doch unser Anspruch sein, dass wir auch da künftig international mitreden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen gilt es eben jetzt, beim Weißbuch Fehler der Vergangenheit, die wir vielleicht an anderen Stellen gemacht haben, nicht zu wiederholen. Wenn wir zum Beispiel über die Umsetzung der DSGVO nachdenken, die in ihrer Zielsetzung ja absolut richtig war, dann sehen wir, dass wir heute, nach einem langwierigen Prozess, unterschiedliche nationale Auslegungen haben und eben keine volle Harmonisierung zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten.

Da müssen wir bei KI deutlich praxisnäher agieren, gerade auch für Nutzerinnen und Nutzer; denn ich bezweifle wirklich zutiefst, dass wir, wenn wir einer Musikempfehlung folgen oder zu Hause vielleicht den Staubsaugerroboter anschmeißen, künftig hören wollen: Achtung, hier kommt KI zum Einsatz. Sind Sie denn überhaupt damit einverstanden? – Ich glaube nicht, dass das einen Mehrwert für uns als Verbraucher hätte.

Deswegen wollen wir als Union eben kein pauschales KI-Gesetz, wir wollen keinen Algorithmen-TÜV, und wir wollen auch keine Superaufsichtsbehörde zum Thema KI. Wir begrüßen hingegen den Ansatz der Kommission, der ganz klar sagt, dass unterschieden werden soll zwischen Hochrisiko- und Niedrigrisikosystemen auf beiden Seiten. Denn es macht eben einen Unterschied, ob wir über einen Chatbot sprechen, der einfach nur Standardfragen beantwortet, oder ob wir über einen Medizinroboter oder ein System, das künftig vielleicht auch bei Kreditvergaben mit entscheidet, diskutieren.

Die meisten Anwendungen im Bereich KI – schätzungsweise 80 bis 90 Prozent – brauchen keine neue Regulierung. Sie sind bereits durch bestehende Gesetzgebung abgedeckt. Deswegen fordern wir stattdessen im Antrag ganz klar einen schnellen und praxisnahen Check für vorhandene Gesetze, um da nachzubessern, wo es notwendig ist, zum Beispiel im Bereich Haftung, oder um Aufsichtsbehörden besser zu verzahnen, und fordern, vor allem auch Instrumente wie Normung, Standardisierung oder Gütesiegel noch besser zu nutzen.

Wir brauchen natürlich einen europäischen digitalen Binnenmarkt, gerade auch beim Thema Daten. Hier wollen wir eine innovative Datenstrategie, die auf Souveränität setzt und die am Ende sowohl Quantität als auch Qualität der Daten gewährleistet; denn nur so werden die Systeme künftig auch trainiert werden können.

Abschließend, meine Damen und Herren, braucht es bei KI, wie bei so vielen Dingen, ein gesundes Mittelmaß: weder blinde Begeisterung noch komplettes Misstrauen. Ich denke, dafür steht der Antrag auch: für eine künftige Marke „KI made in Europe“. Dafür wollen wir heute werben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)