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Katrin Staffler: Wir wollen die MINT-Bildung noch sehr viel mehr stärken

Redebeitrag zur Förderung der MINT-Bildung

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Haben Sie schon mal ein Hühnerei seziert, also ganz vorsichtig ein Loch in die Schale gemacht, die beiden Häute, die Membrane, aufgeschnitten, geöffnet, die Konsistenz des Eiweiß in den verschiedenen Schichten untersucht und festgestellt, dass der Dotter gar nicht einfach nur in dem Ei schwimmt, sondern an zwei Schnüren in der Mitte des Eis aufgehängt ist, und am Schluss noch die Keimscheibe gesucht, aus der der spätere Embryo entsteht? Das ist unglaublich faszinierend, kann ich Ihnen sagen.

Wenn Sie sich jetzt fragen, was das mit unserer heutigen Debatte zu tun hat, kann ich Ihnen sagen: Sehr viel sogar, weil genau solche Experimente, die in der 8. Klasse eine unglaublich gute Biolehrerin mit uns gemacht hat, bei mir dieses Feuer für die Naturwissenschaften geweckt haben. Sie waren mehr oder weniger schuld daran, dass ich später Biochemie studiert habe.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Dabei war mein Weg nicht durch Familie oder Freunde, durch mein Elternhaus vorgezeichnet; ganz im Gegenteil: Es war genau diese eine Bioreferendarin, die ich in der 8. Klasse hatte, die mit so spannenden Versuchen wie dem mit dem Hühnerei und vor allem durch eine unglaubliche persönliche Begeisterung für diese Themen das Interesse am Erforschen, am Entdecken geweckt hat. Plötzlich, von einem Jahr aufs nächste, gab es in meiner Klasse eine ganze Reihe junger Mädels, die unbedingt Biolehrerin, Biologin, Lebensmittelchemikerin, alles Mögliche werden wollten. Und viele von denen sind es später dann auch geworden.

Was will ich damit sagen? Freude und Begeisterung für die MINT-Fächer sind ansteckend, gerade bei jungen Frauen. Ich habe das selber erlebt, und ich bin fest davon überzeugt, dass MINT-Bildung sehr wohl Interesse an diesen Fächern hervorrufen kann und es nicht bloß stärkt, wenn ich das an die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion gerichtet sagen darf.

Um Begeisterung für MINT-Fächer und -Berufe weiterzugeben, braucht es Vorbilder. Das muss nicht unbedingt eine erfolgreiche Wissenschaftlerin sein, die jeden Tag im Fernsehen ist. Für mich sind das gerade diese Alltagspersonen, die die Begeisterung für ein MINT-Fach weitergeben können, die helfen, mögliche Berührungsängste abzubauen und zu überwinden, die vor den Schülerinnen und Schülern stehen und sagen: „Lasst euch nicht durch Vorurteile oder Hürden entmutigen, sondern überwindet die Hürden, entkräftet sie!“, die ihnen vermitteln, dass die Berufsaussichten in einem MINT-Beruf sehr gut und die Arbeitsfelder unglaublich vielfältig sind. Technologien „Made in Germany“ wären ohne MINT-Bildung gar nicht möglich.

Wie viele andere Kolleginnen und Kollegen habe natürlich auch ich mir daheim, vor Ort ein Bild davon gemacht, wie unglaublich vielfältig diese MINT-Angebote sind. Ich habe dieses Jahr mit tollen Schülerinnen und Schülern, die mit unglaublicher Begeisterung ans Werk gingen, im Schülerforschungszentrum im MINT-Campus Dachau optische Geräte gebaut; das war eine ganz spannende Erfahrung. Ich glaube, beim „Tag der kleinen Forscher“ waren wir alle schon einmal bei uns vor Ort und haben uns gefreut, wie die kleinen Kinder die Welt um sich herum erforschen. Das beste Beispiel für mich ist immer die Robotik-AG in einem Gymnasium in meinem Wahlkreis: Junge Mädels und Jungs gewinnen mit den Robotern, die sie bauen, einen Preis nach dem anderen und stellen dabei sogar Studierende von renommierten Technischen Universitäten in den Schatten. – Das sind tolle Beispiele, die zeigen, wie umfangreich, wie vielfältig, wie spannend MINT-Bildung sein kann, und vor allem – auch das möchte ich sagen –, wie wichtig und wie notwendig sie ist.

Die Kolleginnen aus der Unionsfraktion haben in ihren Beiträgen schon dargelegt, dass in den letzten Jahren im Bereich der MINT-Bildung unglaublich viel passiert ist. Als Unionsfraktion bekennen wir uns natürlich dazu, dass wir die MINT-Bildung weiter fördern wollen. Aber wir wollen sie eben nicht nur weiter fördern, ganz im Gegenteil: Wir wollen sie noch sehr viel mehr stärken. Der MINT-Aktionsplan enthält, wie ich finde, viele richtige Maßnahmen, die jetzt umgesetzt werden, die aber – das vergessen die lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition gerne immer mal wieder – auch erst ihre Wirkung entfalten müssen. Das sollte man bedenken, bevor man anfängt, über die Maßnahmen zu meckern.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Zehn Jahre zu spät!)

Sie merken, dass es mir als Biochemikerin unglaublich wichtig ist, dass wir gerade bei den jungen Frauen die Begeisterung für Naturwissenschaften wecken, dass wir die jungen Menschen darin bestärken, ihren Forschergeist zu entwickeln.

Deswegen möchte ich zum Schluss sagen: Es ist völlig egal, ob ihr euch eine Physikerin wie Marie Curie, die beiden aktuellen Nobelpreisträgerinnen, über die wir heute hier viel gehört haben, die Chefforscherinnen bei CureVac und BioNTech, die an Coronaimpfstoffen arbeiten, oder eben die Biolehrerin in der Schule zum Vorbild nehmt. Aber, liebe Mädchen da draußen: Es hat sie in der Vergangenheit gegeben, es gibt sie nach wie vor, und es wird sie auch in der Zukunft geben, diese faszinierenden Frauen, die unglaublich erfolgreich in ihrer Arbeit waren und sind und die mit ihrer Forschung unsere Zukunft gestalten. Das könnt ihr auch. Macht was draus!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)