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Elisabeth Motschmann: Gutscheinlösung stabilisiert insbesondere die kleineren Kultur- und Konzertveranstalter

Rede zu Hilfe für Veranstalter, Kultur und Medien

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein ganz großer Dank: Wirtschaftspolitiker, Justiz und Verbraucherschützer haben mit den Kulturpolitikern gemeinsam diese Lösung mit den Gutscheinen gefunden, und das ist gut so. Danke!

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verbraucherschützer?)

Im Kulturbereich – auch das will ich ausdrücklich sagen – war es Monika Grütters, die an der Spitze all die vielen Hilfsmöglichkeiten für Kulturschaffende erkämpft hat, und das bereitet ihr inzwischen schlaflose Nächte.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Dafür sieht sie aber noch gut aus!)

Dass sie nicht kämpft, liebe Frau Rößner, das stimmt nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Lösung mit den Gutscheinen, die wir gefunden haben, stabilisiert die vielen Veranstalter, insbesondere – und das liegt mir am Herzen – die kleineren Kultur- und Konzertveranstalter. Wir rechnen übrigens inzwischen – ich habe vorhin noch mal mit dem Chef des Verbandes der Veranstalter gesprochen – mit 160 000 ausgefallenen Veranstaltungen, und wir reden über einen Schaden von 4 Milliarden Euro. Das muss man erst einmal verkraften.

Bis Ende 2021 können nun diese Konzerte oder Veranstaltungen – wo auch immer – nachgeholt werden. Erst wenn das nicht klappt, müssen die bereits gekauften Karten zurückerstattet werden. Das setzt allerdings voraus – und das ist wichtig –, dass auch diejenigen, die auf der Bühne stehen, in dieser schwierigen Zeit über die Runden kommen. Es ist gut, dass die Künstlerinnen und Künstler in den Coronahilfspaketen berücksichtigt wurden. Das ist alles keine Selbstverständlichkeit – und doch so wichtig.

In staatlichen Kulturinstitutionen greift das Instrument der Kurzarbeit. Davon träumen manche selbstständigen Künstler. Für die Solo-Selbstständigen haben wir ein Sozialschutzpaket auf den Weg gebracht; auch das hilft. Aber: Das ganz große Problem ist für uns, dass nur ein kleiner Teil aus der Kulturszene von dem Programm der Solo-Selbstständigen profitiert. Künstler haben in der Regel keine Betriebskosten. Künstler haben großes Talent. Die wenigsten haben aber Probenräume, Studios oder Mitarbeiter, und Reisekosten haben sie aktuell erst recht nicht.

Das hat dramatische Folgen. Ich will Ihnen eine Folge nennen: Viele freie Orchester sind ohne ihre selbstständigen Musiker ernsthaft bedroht. Ich rede von der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, vom Freiburger Barockorchester, vom Ensemble Modern in Frankfurt, vom Mahler Chamber Orchestra. Ihr kennt sie alle: Botschafter in der Welt! Ihren Musikern und vielen anderen Künstlern bleibt zurzeit nur der erleichterte Zugang zur Grundsicherung. Keine Bühnen, kein Auftritt, keine Gagen: Das bedeutet 100 Prozent Einnahmeausfall, und das mindestens bis zum 31. August, wahrscheinlich sogar länger. Wir sprechen hier von Existenzen vieler Musiker, Schauspieler, Sänger, Filmschaffender, Bühnentechniker und Kreativer.

Natürlich freuen wir uns über die Programme der einzelnen Bundesländer, die zusätzlich aufgesetzt wurden. Ich appelliere aber an die Kultusministerkonferenz: Einheitliche Hilfe statt Förderflickenteppich! Bayern ist ein gutes Beispiel: Hier gibt es zusätzlich für die Künstler monatlich 1 000 Euro für drei Monate.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Baden-Württemberg!)

Großartig! Ihr könnt von Bayern lernen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)

– Das ist natürlich richtig.

(Zuruf von der LINKEN: Nee, nee, nee!)

ARD und ZDF haben Liquiditätshilfen für Filmproduzenten bereitgestellt. Aber da geht noch mehr im Hinblick auf Ausfallhonorare. Übrigens könnten Ausfallhonorare im Zusammenhang mit den vielen Kirchenkonzerten – darüber hat noch niemand geredet – von den Kirchen bezahlt werden. Da wäre die Kirchensteuer gut aufgehoben.

(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Alle Maßnahmen und Programme – ich höre gleich auf, Herr Präsident – müssen wir weiter überprüfen und nachschärfen. Das hat die Staatsministerin versprochen, und das tut sie auch. Unsere lebendige Kulturlandschaft müssen wir erhalten. Die Kreativität unserer Künstler erfordert jetzt politische Kreativität. Kultur ist ein entscheidender Standortfaktor. In dieser Zeit des Kulturverzichts, unter dem wir alle leiden, wird deutlich, wie systemrelevant die Kultur in unserem Land ist.

Vielen Dank.