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Dr. Stefan Kaufmann: Wir lehnen die Forderung nach einer automatischen BAföG-Anpassung ab

Rede zum Ausbau der BAföG-Förderung

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Vorwurf, lieber Kollege Gehring, wir würden die regelmäßige Modernisierung des BAföG nicht zügig genug vorantreiben, verfängt beim allerbesten Willen nicht.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Der trifft so was von zu! Aber so was von ins Schwarze!)

Die 25. BAföG-Novelle hat erst mit Beginn des Wintersemesters 2016/2017 ihre volle Wirkung entfaltet.

(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist viel zu spät!)

Wir brauchen also Zahlen für 2017. Der BAföG-Bericht, der uns nun vorliegt, bildet naturgemäß nur die Daten der Geförderten für das Jahr 2016 ab. Das heißt nun, lieber Herr Kollege Gehring, dass es heute wirklich zu früh ist, an unserer großen BAföG-Reform aus dem Jahr 2015 herumzukritisieren. Das möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

Der aktuelle BAföG-Bericht zeigt im Übrigen, dass das BAföG seine Funktion insgesamt erfüllt, wenngleich – das ist ja unbestreitbar – die Zahl der BAföG-Empfänger im Jahr 2016 gesunken ist.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Was sind die Ursachen hierfür? Es sind steigende Einkommen und eine höhere Erwerbstätigkeitsquote in der Bundesrepublik.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das ist ja total interessant!)

Es ist also per se kein schlechtes Zeichen, dass es weniger Studierende gibt, die auf BAföG-Leistungen angewiesen sind, Frau Kollegin Gohlke. Es liegt quasi in der Natur der Sache, dass eine positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland auch zu einer geringeren Zahl von Geförderten führt.

Ungeachtet dessen haben wir mit dem 25. BAföG-Änderungsgesetz dafür Sorge getragen, dass der Trend einer sinkenden Zahl von Geförderten jedenfalls abgeschwächt wurde. Das hat der Kollege Gehring auch zugestanden. Dass es in Deutschland 2017 überhaupt so viele studierende junge Menschen wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik gibt, nämlich 56 Prozent des Abiturjahrgangs, hängt ebenfalls nicht zuletzt mit der positiven Entwicklung des BAföG zusammen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotz!)

Gleichwohl sind wir der Überzeugung – und der BAföG-Bericht untermauert dies durchaus –, dass es auch in dieser Wahlperiode nach einer entsprechenden Evaluation einer Weiterentwicklung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bedarf. Unser Bekenntnis dazu findet sich bereits in unserem Wahlprogramm, spätestens aber im Papier zum Abschluss der Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD. Deshalb, lieber Kollege Gehring, hat es Ihren Antrag und die Aufforderung zu einem zügigen Bekenntnis zu einer solchen Reform nun wirklich nicht gebraucht.

(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

Ich nehme diese Debatte heute gerne zum Anlass, Ihnen noch einmal in Erinnerung zu rufen, welche zentrale Verbesserung die letzte BAföG-Reform, die wir hier beschlossen haben, gebracht hat. Wir haben mit Beginn des Jahres 2015 die volle Finanzierung der Leistungen nach dem BAföG übernommen – immerhin rund 3 Milliarden Euro pro Jahr – und die Länder damit um jährlich fast 1,2 Milliarden Euro entlastet. Das war neben der deutlichen Leistungsausweitung im BAföG der entscheidende Durchbruch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das bringt den Studis aber nichts!)

Lieber Kollege Gehring, eines überrascht mich daher in Ihrem Antrag schon: Sie beschwören hier die Gefahr, dass durch die alleinige Zuständigkeit des Bundes das BAföG nur noch verwaltet, aber nicht mehr gestaltet wird.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sieht man ja an Ihnen!)

Also ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, vermisse das Gezerre zwischen Bund und Ländern an dieser Stelle nun wirklich nicht, und ich bin froh, dass wir hier im Bundestag mit der Bundesregierung allein gestalten können; denn wir haben in den letzten Jahren hinlänglich bewiesen, dass das Thema BAföG-Modernisierung bei uns bestens aufgehoben ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gerade wir waren es in den letzten Jahren, die immer weitere BAföG-Reformen angetrieben haben.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie den BAföG-Bericht nicht gelesen?)

Es waren doch die Länder, die immer nur geschrien haben, aber selber nicht bereit waren, Geld zu geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schauen daher lieber in die Zukunft. Wir haben im Koalitionsvertrag in Sachen BAföG und auch in puncto Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden ambitionierte Ziele formuliert; das habe ich bereits angedeutet. Wir haben eine deutliche Verbesserung und einen Ausbau des BAföG verabredet. Wir wollen im Zeitraum von 2018 bis 2021 rund 1 Milliarde Euro zusätzlich aufwenden. Ziel ist es, insbesondere die förderbedürftigen Auszubildenden besser zu erreichen und zum Beispiel durch bessere Fördermöglichkeiten für das Teilzeitstudium oder längere Förderzeiten für Studierende mit Kindern mehr Familienfreundlichkeit zu schaffen. Damit wollen wir die von Ihnen geforderte Trendumkehr bis 2021 schaffen. Was wir damit auch erreichen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine weitere Stärkung der Stipendienkultur und auch der Begabtenförderung in Deutschland. Wir bekennen uns ausdrücklich auch zur Schaffung von weiterem studentischem Wohnraum.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen sich nicht bekennen, Sie sollen bauen!)

Viele dieser Themen finden sich sicherlich auch im vorliegenden Antrag wieder. Was wir aber ablehnen, lieber Kollege Gehring, liebe Kollegen von den Grünen, ist die Forderung nach einer automatischen BAföG-Anpassung.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das wäre genau das Richtige!)

Wir wollen auch in Zukunft die Bedarfssätze in regelmäßigen Abständen überprüfen, und zwar anhand der BAföG-Berichte. Einen Automatismus kann es bei diesem lernenden Gesetz nicht geben. Wir haben im Übrigen stets auch strukturelle Anpassungen vorgenommen, beispielsweise beim Thema Bologna, beispielsweise beim Thema Onlineantragstellung. Diese Gestaltungsmöglichkeiten wollen und sollten wir uns als Gesetzgeber in Zukunft nicht nehmen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wir ebenfalls ganz bewusst vermeiden, ist die Ausgestaltung des BAföG als ein Rundum-sorglos-Paket. Das war es im Übrigen auch nie. Das BAföG ist und bleibt eine an der Bedürftigkeit der Schüler und Studierenden ausgerichtete Sozialleistung. Unser bewährtes Drei-Säulen-Modell der Studienfinanzierung – neben BAföG auch Studienkredite und Stipendien – werden wir auch in dieser Legislaturperiode weiter stärken.

Dabei bleibt das Deutschlandstipendium – auch das sage ich hier ausdrücklich – ein wichtiger Bestandteil.

(Beifall der Abg. Sybille Benning [CDU/CSU])

Ich würde mir wünschen, dass dieses Instrument endlich von allen Fraktionen hier im Hause, also auch von den Grünen und den Linken, die Unterstützung erfahren würde, die es verdient. Wenn die Linken und die Grünen weniger Energie darauf verwenden würden, das Deutschlandstipendium schlechtzureden,

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das klappt ja sowieso nicht! Da braucht es gar nicht uns! Es klappt einfach nicht!)

dann würden viel mehr Studierende hiervon profitieren, und zwar unabhängig vom BAföG oder zusätzlich.

Über einen Punkt des Antrags der Grünen, nämlich die Forderung nach einer Werbekampagne, – sage ich mal, – für das BAföG, wird gewiss noch zu reden sein. Denn in der Tat stellt sich schon die Frage, warum zuletzt weniger Studierende das BAföG in Anspruch genommen haben. Ist das BAföG vielleicht nicht ausreichend bekannt?

(Lachen der Abg. Simone Barrientos [DIE LINKE])

Ist die Antragstellung vielleicht doch zu bürokratisch? Will man dem Stigma der Hilfsbedürftigkeit entgehen? Ist es vielleicht die Angst vor der Verschuldung? Verzichten anspruchsberechtigte Studierende ganz bewusst auf BAföG-Leistungen und gehen lieber arbeiten, um vielleicht Praxiserfahrungen zu sammeln und das Studium zu finanzieren? – All diese Fragen scheinen aus unserer Sicht noch nicht abschließend beantwortet zu sein.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gäbe es auch viele Antworten drauf!)

Wir werden im Gesetzgebungsverfahren darüber sicherlich noch ausführlich sprechen. Eine Werbekampagne ist dann eine mögliche Lösung, meine Damen und Herren.

Zusammengefasst: Die BAföG-Novelle wird nach einer entsprechenden sorgfältigen Evaluation kommen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das auch?)

Einige der von den Grünen genannten Punkte werden sich darin wiederfinden, andere ganz sicherlich nicht. Wir machen das, wie gewohnt, in einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren. Wir freuen uns dabei auf die wichtigen Erkenntnisse aus den BAföG-Berichten. Sie alle sind herzlich eingeladen, sich an diesem Diskussionsprozess zu beteiligen.

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU)