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Dr. Stefan Kaufmann: Wir erwarten, dass die Länder beim Nachfolgepakt mitgehen

Rede zur Hochschulfinanzierung

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach so viel Wasser im Wein, lieber Kollege Kai Gehring, bei Ihnen und auch in den Anträgen der anderen Fraktionen, möchte ich zunächst festhalten: Im Zeitraum 2007 bis 2023 wird allein der Bund insgesamt 20,2 Milliarden Euro für den Hochschulpakt bereitgestellt haben, meine Damen und Herren – 20,2 Milliarden Euro!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben damit den Ländern eine beachtliche Unterstützung geleistet, ohne die es den Hochschulen nicht möglich gewesen wäre, auf die seit Jahren stark ansteigende Zahl von Studienanfängern angemessen zu reagieren. An dieser Stelle gilt den Hochschulen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in dieser Zeit wirklich Beeindruckendes geleistet haben, ein ganz herzliches Dankeschön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben mit dem Hochschulpakt aber nicht nur Hunderttausende Studienplätze finanziert und damit etlichen jungen Menschen – auch Arbeiterkindern, lieber Kai Gehring – ein Studium ermöglicht; Berechnungen gehen von über 900 000 zusätzlichen Studienanfängern im Zeitraum 2007 bis 2015 aus. Wir haben mit dem Beginn der dritten Phase des Paktes im Jahre 2016 verstärkt auf Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung gesetzt, zum Beispiel auf die Senkung der Studienabbrecherquote.

Im Koalitionsvertrag nun haben sich CDU, CSU und SPD zudem darauf verständigt, den Hochschulpakt in Zukunft auf der Grundlage des von uns in der letzten Wahlperiode neu geschaffenen Artikel 91b des Grundgesetzes zu verstetigen und die entsprechenden Kriterien hierfür jeweils für die Laufzeit von sieben Jahren mit den Ländern und den Hochschulen auszuhandeln. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, wird den Hochschulen die Möglichkeit eröffnen, die Hochschulpaktmittel für unbefristet beschäftigtes Lehrpersonal einzusetzen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen sich also freuen, denn es bestehen Chancen auf neue Dauerstellen. Auch das sei an deine Adresse gerichtet gesagt, lieber Kai Gehring.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Meine Damen und Herren, ich darf es heute nicht versäumen, zu erwähnen, dass es die ureigene Sache der Länder ist, für eine verlässliche, für eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen zu sorgen. Gerne erinnere ich auch heute nochmals an die enorme Entlastung der Länder im Bereich der BAföG-Finanzierung, die allein jährlich 1,2 Milliarden Euro ausmacht und angesichts der wirklich sehr guten Steuereinnahmen auch der Länder viel Raum lässt, verstärkt in die Hochschulen, in eine verlässliche, in eine auskömmliche Grundausstattung zu investieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, natürlich, wir haben eine Schieflage. Der Anteil der Grundausstattung der Hochschulen an der Finanzierung schrumpft vielerorts zusehends, die Drittmittelfinanzierung nimmt zu, wobei viele Drittmittel letztlich Ausdruck einer guten Arbeit an den Hochschulen sind. Man sollte hier nicht das eine gegen das andere ausspielen, was in der Debatte immer wieder passiert.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Gleichwohl hat der Bund in den letzten Jahren ganz im Sinne einer gelebten Kooperationskultur enorm viel in den Hochschulbereich investiert. Es war ja nicht nur der Hochschulpakt nebst Qualitätspakt Lehre. Es war jetzt das Professorinnenprogramm, es war natürlich die Exzellenzinitiative bzw. die Exzellenzstrategie. Hier hat der Bund die Länder massiv unterstützt und damit deutliche Verbesserungen für die Hochschullandschaft, aber vor allem für die Studierenden, für die Forschenden und die Lehrenden erreichen können.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Christmann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen? – Gut, ja. Er erlaubt es offensichtlich.

Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Kaufmann, vielen Dank für die Möglichkeit zu einer Frage. – Weil Sie sich auf den Hochschulpakt und darauf bezogen haben, dass Sie das als Regierung jetzt verstetigen wollen, was wir grundsätzlich begrüßen, Sie aber andererseits auch auf die Verantwortung der Länder hingewiesen haben, würde ich Sie gern direkt fragen, ob Sie damit der Meinung sind, dass alle steigenden Kosten in diesem Bereich, also insbesondere die Personalkosten, dann alleine von den Ländern zu tragen sind und der Bund sich also an diesen stetig steigenden Kosten nicht beteiligen wird.

Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU):

Ich werde gleich noch etwas zu dem Thema „Dynamisierung und Anteil der Länder“ sagen. Vielleicht beantwortet sich die Frage dann damit im weiteren Verlauf der Rede. – Vielen Dank, Frau Christmann.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: „Vielleicht“!)

Die derzeit laufenden Verhandlungen bieten jedenfalls Gelegenheit, nicht nur über die Höhe der seitens des Bundes und der Länder einzusetzenden Mittel, sondern vor allem auch über die inhaltliche Ausgestaltung zu sprechen; da gehört dies natürlich dazu. Nun werden die Verhandlungen in der GWK aufseiten des Bundes zunächst durch das Haus, durch die Ministerin, durch die Staatssekretäre geführt. Wir als Parlament sitzen nicht direkt am Verhandlungstisch; aber als Haushaltsgesetzgeber sind wir unmittelbar von den Verhandlungsergebnissen betroffen. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute hier im Parlament darüber reden, wie nach unserer Auffassung die beiden Pakte in Zukunft aussehen sollen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sorgen dafür! Einen Dank an die Opposition!)

Die vorliegenden Anträge der Opposition, lieber Kai Gehring, beinhalten eine Vielzahl guter und auch weniger guter Ideen, die sich teilweise mit unseren Vorschlägen, die wir unserer Ministerin mit an den Verhandlungstisch gegeben haben, decken. Da geht es zum Beispiel um die Stärkung der dualen Hochschulen, der privaten Hochschulen, aber auch um die Berücksichtigung der Fortschritte bei der Digitalisierung, ebenso um die stärkere Beteiligung der Länder und den Wunsch nach einer Verbesserung der Betreuungsrelation, um einige Stichworte zu nennen.

Ohne jetzt wirklich Details nennen zu wollen, zähle ich zumindest einige Grundforderungen auf, die wir formulieren und die auch niemanden überraschen werden, die aber aus unserer Sicht, also aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion, für die weiteren Verhandlungen unumstößlich sind.

Erstens spricht sich meine Fraktion gegen eine Dynamisierung aus, wie wir sie, lieber Kai Gehring, beim Pakt für Forschung und Innovation kennen; denn Hochschulen sind im Gegensatz zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen nach der grundgesetzlichen Aufgabenverteilung keine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern.

(Beifall bei der CDU/CSU – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Dann haben Sie es aber ganz schlecht beantwortet! Dann ist die Misere vorprogrammiert!)

Zweitens. Wir wollen auch kein Modernisierungsprogramm initiieren, lieber Kai Gehring, weil auch der Hochschulbau einschließlich der Sanierung ausschließlich Sache der Länder ist, und das muss auch so klar sein.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso haben Sie dann das Grundgesetz geändert?)

Drittens. Wir erwarten, dass die Länder beim Nachfolgepakt mitgehen, also ihrerseits mindestens in gleicher Höhe mitfinanzieren. Das war in der Vergangenheit oft nicht der Fall. So stellte beispielsweise der Bund im Jahre 2014 knapp 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung, die Länder aber nur 1,5 Milliarden Euro. Das nannte man dann in der letzten Vereinbarung „vergleichbar“. Das wollen wir so nicht weiterführen. Wir wollen einen mindestens gleich hohen Anteil.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Weiter: Wir setzen verstärkt auf Qualität vor Quantität mit entsprechenden neuen Parametern, das heißt eine Kombination aus kapazitäts- und qualitätsbezogenen Parametern, zum Beispiel Betreuungsrelation und Digitalisierung; ich habe es angesprochen.

Des Weiteren werden wir uns selbstverständlich für eine angemessene Einbeziehung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, der dualen Hochschulen und auch der privaten Hochschulen einsetzen, da diese einen wichtigen Teil der zusätzlichen Studierenden aufnehmen.

Schließlich wollen wir einen jährlichen Fortschrittsbericht für den Deutschen Bundestag sowie am Ende der ersten Phase der Nachfolgevereinbarungen auch eine umfassende Evaluierung der Maßnahmen.

Der Wissenschaftsrat hat mit seinem Positionspapier „Hochschulbildung im Anschluss an den Hochschulpakt 2020“ einen substanziellen Vorschlag erarbeitet, der eine, wie ich meine, gute Grundlage für die laufenden Verhandlungen bietet. Meine Kollegen Tankred Schipanski und Katrin Staffler werden hierzu im Detail in ihren Reden noch weiter ausführen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich jedenfalls auf die weitere Debatte. Ich bin mir sicher, dass wir am Ende zwei kluge Nachfolgevereinbarungen zu Hochschulpakt und Qualitätspakt Lehre abschließen werden, Vereinbarungen, die Ausdruck eines gelebten kooperativen Föderalismus sind und unsere Hochschulen voranbringen, Vereinbarungen, die den Studierenden und Lehrenden im Lande zugutekommen. Dafür machen wir alle ja schließlich Politik: für die Menschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)