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Dr. Dietlind Tiemann: Jetzt geht es darum, den DigitalPakt 1.0 umzusetzen

Redebeitrag zum DigitalPakt Schule

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon schön, Ihnen, liebe Kollegin Suding, hier zuzuhören, sind wir uns doch, glaube ich, alle darin einig, dass die Schulen, die Schulträger und alle, die daran beteiligt sind, von der Coronakrise so wie wir alle kalt erwischt wurden.

In Kommentarspalten der Medien gewann man ja schon den Eindruck, wir seien, was die Schulen betrifft, dem völligen Untergang geweiht. An dieser Stelle – das hat insbesondere die Kollegin Völlers, glaube ich, sehr schön hervorgehoben – haben wir großen Dank zu sagen: ein Stück weit natürlich den Schülerinnen und Schülern, weil sie ja am stärksten betroffen waren, aber natürlich auch den Lehrern, den Kräften, die in den Schulen tätig sind, aber ganz besonders auch den Eltern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE])

Das sollte man an dieser Stelle wirklich auch mal deutlich machen. Sie haben vieles geleistet, sie haben vieles ausgeglichen, bei dem man sich am Anfang überhaupt nicht vorstellen konnte, dass das möglich ist.

Aber ich denke – auch darin sind wir uns nahezu einig; hier zumindest war das aus den Worten der Kollegen schon zu hören –, dass die Coronakrise die bekannten Probleme im Bildungssystem verstärkt hat. Das ist so. Wir wissen, wo die Sorgen sind. Wir wissen, dass der DigitalPakt, insbesondere wenn es um die Erschließung der Schulen und der Bildungseinrichtungen geht, noch nicht in ausreichendem Maße umgesetzt ist. Wir wissen, dass die Ausbildung der Lehrer immer noch schleppend vorangeht, dass wir Defizite bei den Möglichkeiten der Lehrer haben, IT-Kenntnisse umzusetzen. Wir wissen natürlich auch, dass Lerninhalte noch nicht so digitalisiert sind und so zur Verfügung stehen, wie wir es brauchen würden.

Dennoch – ich glaube, das ist an dieser Stelle sehr wichtig, liebe Kollegen der FDP –: Wenn Sie hier und heute so einen Antrag stellen, dann würde man vielleicht auf den Gedanken kommen, zu sagen: Na ja, alter Wein in neuen Schläuchen hilft uns auch nicht weiter. Sie haben es ja mit dem Kultusministerium in NRW unter Beweis gestellt – wenn man etwas erreichen will, kann man es auch schaffen –: Sie sind doch nicht sehr weit gekommen. Es ist zwar schön, wenn Sie hier kluge Anträge stellen, deren Richtigkeit überhaupt nicht bestritten wird, aber es geht auch um die Umsetzung.

(Michael Theurer [FDP]: Das hat sich aber bei der Kollegin Kemmer anders angehört!)

– Nein, nein, wir haben da schon die gleiche Auffassung. Es geht einfach darum: Sie könnten ja mal unter Beweis stellen, wie es geht. Aber Sie machen es nicht, weil Sie es einfach nicht können. Sie jammern rum, dass die Anträge zu schwierig sind. Sie sagen einfach, dass da zu viele Formalitäten sind. Aber auch diese sollten Sie zwischenzeitlich kennen. Ich bin ja noch nicht so lange hier dabei, aber ich höre immer wieder, dass Sie versuchen, dem Bund das zuzuschieben, was in der Verantwortung der Länder liegt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Hört! Hört! Sehr richtig!)

Bisher wurden in Nordrhein-Westfalen erst 6,6 Millionen Euro abgerufen. Dazu kann man einfach nur sagen: Na ja, angesichts 1 Milliarde Euro, die sie haben könnten, ist da noch ein bisschen Luft nach oben. Jetzt bringt die FDP den Antrag „Weniger Bürokratie wagen – DigitalPakt Schule beschleunigen“ ein. Wenn Sie meinen, Sie könnten es besser als alle anderen, dann könnten Sie das mal unter Beweis stellen.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Frau Tiemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von den Grünen?

Dr. Dietlind Tiemann (CDU/CSU):

Natürlich.

Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, vielen Dank, Frau Kollegin. – Sie haben ja eingangs den Dank an die Schülerinnen und Schüler wiederholt, an die Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt in Corona vieles gemeistert haben. Dieser Dank ist sicher richtig und zu unterstützen. Ich glaube aber, viel mehr als einen Dank haben diese Menschen es doch verdient, dass wirklich jetzt auch die Voraussetzungen geschaffen werden, dass digitales Lernen in der Schule möglich wird. Das ist das, was Eltern, Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern wirklich hilft, nicht unbedingt die Tatsache, dass wir jetzt die ganze Zeit Dankesreden halten.

Da, glaube ich, ist es weniger produktiv, die ganze Zeit mit dem Finger aufeinander zu zeigen, wer hier wofür zuständig ist. Das interessiert diese Menschen nämlich auch alle ziemlich wenig.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Vielmehr ist doch die Frage: Warum ist der DigitalPakt zu so einer Digitalisierungsverhinderungsgeschichte für die Digitalisierung an unseren Schulen geworden?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Seit Jahren steht dieser DigitalPakt im Raum. Wir mussten bis dieses Jahr warten, bis überhaupt mal Geld fließt. Es sind wahnsinnig hohe Hürden. Meine Kollegin hat darauf hingewiesen:

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Warum haben Sie denn keine Redezeit bekommen, Frau Kollegin?)

Medienentwicklungspläne für jede Steckdose, für jeden Breitbandanschluss, den man haben möchte.

Was wollen Sie denn tun, damit dieser DigitalPakt jetzt tatsächlich auch Fahrt aufnimmt und in Anspruch genommen wird? Das ist doch hier die entscheidende Frage und nicht, wer für was genau zuständig ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Dietlind Tiemann (CDU/CSU):

Liebe Kollegin, danke für die Frage. Sie macht noch einmal deutlich, dass wir das, was wir als Bund zu tun hatten, getan haben und noch mehr. Wir haben nicht nur Geld zur Verfügung gestellt. Wir haben, um den Kommunen zu helfen, sogar das Wichtigste, das wir haben, nämlich das Grundgesetz, geändert,

(Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Ungern!)

um die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass er dann in Ländern und Kommunen umgesetzt wird. Wenn das nicht geht, könnten wir beide vielleicht mal Hilfe anbieten – ich kann gut schippen –, damit die Leitungen bis hin zu den Schulen schneller verlegt werden. Aber ich glaube, das ist nicht unsere Zuständigkeit.

(Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Herr Scheuer ist hier zuständig! – Gegenruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Nein!)

Wir haben die Rahmenbedingungen zu schaffen, und wir müssen immer wieder deutlich machen, wie die Umsetzung erfolgt.

Vielleicht komme ich noch mal ganz kurz zu dem Antrag der FDP, der wirklich nicht dazu angetan ist, von uns die Zustimmung zu bekommen. Wissen Sie, wenn Sie – ich bezeichne es mal als DigitalPakt 1.0 – hier einfach nur deutlich machen, wo noch große Schwächen sind, wenn wir jetzt noch während der Fahrt, die wir jetzt langsam begonnen haben aufzunehmen, die Änderungen durchführen, die Sie vorgeschlagen haben, dann kommen wir nicht weiter.

Auch da kann man nur sagen: Eine Verschlankung der Vorschriften haben die Länder vorzunehmen. Die Verwaltungsvereinbarung – ich danke dem Ministerium dafür noch mal ganz herzlich –, die zwischen dem Bund und den Ländern geschlossen wurde, hat 20 Seiten. Sie ist sehr differenziert und sehr aussagefähig; daran kann man sich ein Beispiel nehmen.

Den Vorschlag, ein Portal zu schaffen, das vielleicht übersichtlicher ist, oder auch das, was Sie alles vorgeschlagen haben, kann man umsetzen. Aber bitte üben Sie es vor Ort. Jetzt geht es darum, den DigitalPakt 1.0 umzusetzen und vielleicht auch schon an 2.0 zu denken. Auch da sind wir ja bei Ihnen und sehen, dass das im Folgenden notwendig ist. Aber auch da gibt es Erfahrungen: Überholen, ohne einzuholen, hat schon mal nicht funktioniert.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Den versteht hier nur noch die Hälfte, Frau Kollegin!)

Das heißt: Lassen Sie uns den DigitalPakt 1.0 umsetzen. Dann sind wir in der Situation, in der wir den Lehrerinnen und Lehrern, den Schülern und vor allen Dingen auch den Eltern zur Seite stehen.

Wissen Sie, ich war lange genug Oberbürgermeisterin. Die Stadt, aus der ich komme, hat für alle Schulen Medienkonzepte entwickelt. Diese liegen beim Land. Das Land aber sammelt. Erst wenn alle vorliegen, werden sie bestätigt, und dann wird Geld angefordert. Darüber kann man sehr unterschiedlicher Auffassung sein. Damit kommt man nicht so sehr weiter.

Aber ein Wort zu dem, was wir hier heute gesagt haben. Es war ein Schulleiter, der erklärt hat: Wissen Sie, lassen Sie uns einfach mal ein bisschen in Ruhe arbeiten. Dann kommen wir auch voran, und dann machen wir die nächsten Schritte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)