Skip to main content

Dr. Dietlind Tiemann: "Die Verantwortung geht in unserem Land von unten nach oben"

Rede zur Planungssicherheit für Schulen

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Und täglich grüßt das Murmeltier“! Das ist an dieser Stelle aber ein bisschen verfehlt, lieber Herr Sattelberger. Wenn ich höre, dass die FDP hier so laut nach dem Staat schreit, dann hat das schon eine besondere Bedeutung. Das macht mich nicht nur nachdenklich, sondern auch stutzig.

(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Wir rufen nach EduTechs!)

Ich komme zu dem, was Die Linke in ihrem Antrag geschrieben hat. Beinahe wöchentlich debattieren wir hier im Plenum – in den Sitzungswochen, selbstverständlich – über die Coronastrategie für Schulen und Kitas.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Leider müssen wir das tun!)

Das ist nun wirklich nichts Neues. Offen, geschlossen, teiloffen – alle Arten von Empfehlungen finden sich auch in dem heute vorliegenden Antrag wieder. Daneben ist eine Vielzahl von Vorschlägen vorhanden, wie die Viruslast gesenkt werden kann, wie die Eltern besser eingebunden werden können oder die Ausstattung verbessert werden kann. All das liegt auf dem Tisch.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: „Kann“! – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Es passiert doch nichts!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, davon gibt es schon sehr viel. Ich halte nichts davon, hier wiederholt eine kritische Überprüfung durchzuführen. Ich erinnere an unsere Debatte vor Weihnachten um Luftfilteranlagen. Die Studien, die dazu vorlagen, rechtfertigen aus Sicht des Bundes nun wirklich keine Millionen- und Milliardenausgaben. Ich will damit nicht völlig in Abrede stellen, dass sie nicht notwendig sind; aber es gehört nicht auf unseren Tisch.

Diese Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen, betrachte ich nur als schmückendes Beiwerk. Der Antrag der Linken benennt doch seinen wahren Kern in einem Satz. Ich zitiere ihn:

Die Pandemie nimmt keine Rücksicht auf bürokratische und föderale Sonderwünsche oder Kompetenzstreitigkeiten.

Ich übersetze das so: Die Linke fordert, der Bund solle die volle Verantwortung für die Coronastrategie an Schulen übernehmen. – Das ist ja wohl verfehlt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, es kann doch nicht Ihr Ernst sein, so etwas hier zum Ausdruck zu bringen, und dann auch noch in Schriftform. Die Verantwortung geht in unserem Land von unten nach oben: Die Pflicht der Kommunen, der Gemeinden, der Landkreise geht über in die Verantwortung der Länder, nämlich der Schulämter und der Ministerien. Auch das ist hier wiederholt nicht nur diskutiert, sondern auch sehr deutlich gemacht worden. Ganz bewusst mischt sich der Bund in diese Angelegenheiten nicht ein oder, wie ich heute sagen muss, begrenzt; denn immer wieder wurde gefordert, der Bund möge sich mit finanziellen Mitteln einbringen, und das haben wir, denke ich, in großem Umfang getan; ich will hier nicht alle Zahlen wiederholen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Folge wäre nicht, wie von Ihnen so schön dargestellt, eine transparente Schließung und Öffnung der Schulen oder der vielleicht reibungslose Betrieb von Lernplattformen und Cloudsystemen. Das Ergebnis wäre ganz einfach ein ausufernder Streit um Kompetenzen und Zuständigkeiten, von der Kommune bis auf die Bundesebene. Ich denke, wir alle wissen, wie die Praxis aussieht. Das wollen wir nun wirklich keinem zumuten.

Seit der letzten Föderalismusreform wird auf dem Bund in Sachen Bildung nur herumgehackt, weil er sich nicht einmischen soll oder weil er gefälligst sein Geld für die versäumten Aufgaben der Länder hergeben soll. Es ist schon schwierig, einen solchen Spagat zu machen, auch für diejenigen unter uns, die sehr sportlich sind.

Der jüngste Anlass zur Kritik steht auch im Antrag der Linken, der Stufenplan des RKI. Der Bund hat der KMK angeboten, mit dem Wissen des RKI und der nationalen Bildungsinstitute eine länderübergreifende Strategie zu entwickeln. Auch das ist schon zur Sprache gekommen. Das Ergebnis: Die Bildungsminister verbitten sich das Einmischen des Bundes. – Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Tatsachen. Und jetzt sollen wir die Kompetenzen der Länder einfach mal übergehen, und das, obwohl doch pausenlos klargestellt wird, dass wir uns raushalten sollen.

In dieser Situation hat der Bund das einzig Vernünftige gemacht – ich sage das hier noch mal – und auf eine Drei-Säulen-Strategie gesetzt: klare Kommunikation nach außen, Nutzung aller eigenen Kompetenzen zur Bewältigung der Pandemie, Gesprächsbereitschaft bei der Erhöhung von Fördergeldern. Das will wohl keiner von Ihnen in Abrede stellen. Bei uns wussten Schüler, Lehrer und Eltern immer, woran sie sind. Wir haben von Anfang an klargemacht, dass wir den sozialen Ort Schule erhalten wollen. Wir haben klargestellt, welche Regeln und Techniken zur Eindämmung der Infektion für uns Vorrang haben und welche nicht. Und wir haben von Bundesseite drei Zusatzvereinbarungen zum DigitalPakt in wenigen Monaten von der Idee über die Finanzierung bis zur Umsetzung gebracht. Auch das darf man an dieser Stelle wiederholen. Das verstehe ich unter der in Ihrem Antrag geforderten Planungssicherheit.

Unsere Strategie bleibt auch in Zukunft klar: Die Kommunen und die Länder sollen vor Ort im Benehmen mit den Elternvertretern und den Lehrerverbänden entscheiden, ob die Schulen geöffnet oder geschlossen werden. Wir alle haben hier erklärt – auch ich –, dass wir alles daransetzen werden, die Schulen offen zu halten. Aber das, was wir entscheiden, muss Sinn machen und verantwortbar sein. Das gehört nun einmal in die Hände, die vor Ort sind. Die Länder sollen weiterhin den Distanzunterricht organisieren und administrieren. Die Länder sollen feststellen, für wen der Distanzunterricht gilt und wer eine Ausnahme bekommt. Somit wissen alle Beteiligten, woran sie sind. Damit kommen wir, denke ich, gut zurecht und hoffentlich auch durch diese Krise. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)