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Andreas Steier: Es gilt die Regionen zu stärken, anstatt eine neue Behörde zu schaffen

Rede zur Innovationsbrücke zwischen Hochschule und Praxis

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht lassen wir ein bisschen mehr Sachlichkeit in die Debatte einkehren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der FDP: Oh!)

Wenn wir über Transfer sprechen, dann nutzen wir ein vielgenutztes Wort, das manchmal auch als Passwort verwendet wird. Vielleicht sollten wir uns ein klein bisschen mehr darauf konzentrieren, was mit Transfer gemeint ist.

(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Buchstabieren Sie es mal!)

Da sollten wir in der Debatte vielleicht zuerst ansetzen.

Beim Transfer ist meist die Frage entscheidend, ob wissenschaftliche Erkenntnis auch einen Output bringt. Bei Transfer sprechen wir über viele Dinge: Wir sprechen über die immer wieder zitierte Zahl der Neugründungen von Start-ups, aber auch von Innovationen in bestehenden Unternehmen. Wir sprechen bei Transfer auch davon, wie Innovationen in kleine und mittelständische Unternehmen reingebracht werden. Bei Transfer geht es auch darum, dass Köpfe aus der Wissenschaft, aus der Forschung in die Unternehmen wechseln. Beim Transfer müssen wir auch darüber sprechen, wie entsprechende Patente und wissenschaftliche Publikationen gefördert werden und wie wir das alles zusammenbringen.

Transfer und Transferleistungen – das haben Sie richtig zitiert – sind bei uns im Koalitionsvertrag zentral vermerkt,

(Frank Müller-Rosentritt [FDP]: Vermerken reicht nicht!)

und die Bundesregierung steht dafür, dass wir den Transfer weiter stärken wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die entscheidende Frage ist dabei natürlich: Wie schaffen wir den Transfer?

(Zuruf des Abg. Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP])

Herr Sattelberger, eine zusätzliche Behörde, eine zusätzliche Transfergemeinschaft findet – erstens – noch keinen neuen Forscher und noch keinen neuen Unternehmer. Das heißt, man schafft nur eine zusätzliche Verwaltungseinheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Lesen Sie doch den Antrag richtig!)

Zweitens erreicht man so keine Vernetzung vor Ort. Wir müssen die Kräfte vor Ort stärken, damit weiterhin Transfer stattfinden kann. Eine Bundesbehörde stellt hier keine Lösung dar. Ich kann Ihnen sagen: Ich komme aus dem Wahlkreis Trier, und Trier ist weit entfernt von Berlin. Schon vor 2 000 Jahren wurden bei uns führende Innovationen vorangetrieben.

(Zuruf von der FDP: Oh!)

Von daher gilt es, die Regionen zu stärken, anstatt eine neue Behörde zu schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn es um Transfer geht, dann sollte man sich auch mal gewisse Innovationsindikatoren anschauen, Herr Sattelberger. Ich darf hier den BDI, das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung und auch das ZEW erwähnen, das im Dezember einen „Innovationsindikator“ vorgestellt hat. Dort heißt es – ich darf zitieren –:

Der Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft im Innovationsprozess ist in Deutschland insgesamt gut entwickelt.

(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Das sieht Frau Karliczek anders!)

Es heißt sogar weiter, dass die „Interaktionen zwischen Unternehmen und öffentlicher Forschung zu den Stärken Deutschlands“ im internationalen Vergleich zählen.

Richtig ist aber auch, dass in gewissen Bereichen die Innovationskraft nachlässt. Da gilt es, zielgenau nachzusteuern, aber nicht mit einer solchen Behörde, sondern dort, wo nachgesteuert werden muss. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen lässt die Innovationskraft nach. Das liegt zum Teil am Fachkräftemangel. Es liegt auch daran, dass in kleinen und mittelständischen Unternehmen zum Teil die Unternehmensnachfolge nicht geklärt ist. Da gilt es, zielgenau mit unseren Maßnahmen anzusetzen.

(Michael Theurer [FDP]: Bei der Rede fragt man sich, ob Sie in der Opposition sind oder wir! Sie können auch handeln!)

Es ist weiterhin so, dass wir gerade bei wirklich innovativen, neuen Produkten nachbessern müssen. Da setzt die Regierung an, da setzen wir von der Großen Koalition an, da wollen wir nachbessern.

Ein anderer Bereich, über den wir sprechen sollten, sind dynamische Innovationsprozesse gerade im digitalen Bereich. Da müssen wir nachsteuern, und das werden wir auch tun.

(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])

Und wenn man über Nachsteuern redet – Herr Röspel, vielen Dank für den Applaus –, dann muss man zuerst einmal eine neue Dynamik entwickeln.

(Michael Theurer [FDP]: Macht die SPD da mit? – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Wie steuern Sie denn nach?)

Das schaffen wir aber nicht mit einer neuen Verwaltungseinheit, sondern wir müssen dort, wo es notwendig ist, eine neue Dynamik entwickeln. Ich freue mich, dass unser Wirtschaftsminister Peter Altmaier heute Morgen die steuerliche Forschungsförderung erwähnt hat. Denn damit fördert man die kleinen und mittelständischen Unternehmen, und da setzen wir an.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da kommt Geld direkt von oben, vom Staat, auch unten beim Unternehmen an. Da sind wir dran, und das werden wir auch umsetzen.

Ich darf noch einen zweiten Punkt nennen. Wenn man über wirklich zielgenaue Förderung spricht, dann muss man auch darüber sprechen, neue, innovative Geschäftsmodelle zu fördern. In der Vergangenheit haben wir ja auch die Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen unterstützt, die neue Modelle zielgenau fördert. Das müssen wir in die Umsetzung bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wenn man über Anreizsysteme in der Wissenschaft spricht, dann muss man auch darüber sprechen, wie man sie wirklich umsetzen kann. Zurzeit sind wir in neuen Verhandlungen zum Pakt für Forschung und Innovation. Eine Messgröße ist dabei natürlich der Transfergedanke, den wir dort unterbringen wollen. Und der Transfergedanke ist bei uns natürlich je nach Forschungsinstitut bzw. Hochschule missionsspezifisch. Nur wenn wir missionsspezifisch vorgehen, können wir Ziele definieren. Und über die Definition von Zielen können wir Kriterien festlegen, die wir von Zeit zu Zeit in zyklischen Abständen immer wieder evaluieren. Dadurch können wir unsere Gelder zielgenau vor Ort verausgaben.

Natürlich muss auch eine Vernetzung mit den Forschungseinrichtungen, mit den Ländern, mit den Kommunen und auch mit den Unternehmen vor Ort stattfinden. Denn nur wenn man den Unternehmergeist vor Ort stärkt, wird es eine gute Entwicklung geben. Es ist nicht so, dass es hier in Deutschland keine Bereitschaft der Unternehmer zur Vernetzung gäbe, aber wir müssen sie auch fördern, damit sie bereit sind, ins Risiko zu gehen, neue Investitionen zu tätigen und etwas zu machen. Der Staat muss nicht etwas machen, sondern der Staat muss Macher fördern. Dann sind wir auf dem richtigen Weg. Das wollen wir in der Diskussion weiter vorantreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich darf zusammenfassen: Wir brauchen keine zusätzliche Verwaltungsstruktur – nein, wir müssen die Stärken in unserem Prozess weiter ausbauen. Wir müssen zielgenau da nachbessern, wo es nachzubessern gilt. Und vor allem müssen wir eine Vernetzung vornehmen. Dafür brauchen wir keine neue Verwaltungsstruktur. Ich freue mich schon auf die Diskussion im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)