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Thorsten Frei: Der Einsatz der Amerikaner, Franzosen und Briten war angemessen und notwendig

Völkerrechtswidrigkeit der Luftschläge vom 14. April 2018 gegen Syrien feststellen

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man diese Debatte verfolgt, insbesondere von links und von rechts, dann stellt man fest, dass hier ganz entscheidend Ursache und Wirkung miteinander verwechselt werden.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Aha!)

Es ist nicht nur die selektive Wahrnehmung der Wahrheit, sondern ein ganz bewusstes Verdrehen von Tatsachen; das muss man auch in aller Deutlichkeit ansprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht darum – viele Vorredner sind darauf eingegangen –, dass man klar zuordnen kann, was in Syrien passiert: nicht nur der Krieg seit 2001, nicht nur die Millionen Vertriebenen, die 500 000 Toten und ein Regime, das die eigene Bevölkerung mit Streu- und Fassbomben bombardiert, und zwar zivile Einrichtungen, Schulen, Krankenhäuser. Es ist doch nicht so, dass wir über Giftgaseinsätze fabulieren würden, sondern es ist tatsächlich so, dass es im letzten Jahr 16 nachgewiesene Einsätze von Giftgas gegeben hat. Seit der Verabschiedung der Resolution 2118 im Jahr 2013 wurde 34-mal Giftgas in Syrien eingesetzt. Das kann man auch zuordnen. Darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren, braucht man eine Antwort.

Die Grünen versuchen, eine Antwort zu geben, indem sie beispielsweise Vorschläge machen und darauf hinweisen, dass man dokumentieren, bewerten und aufarbeiten muss, dass man auch dafür sorgen muss, dass diejenigen, die dieses verursacht haben, tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was am 14. April passiert ist, war eine ganz konkrete Antwort auf den letzten dieser 34 Giftgaseinsätze, als in Duma 42 Menschen getötet, 500 Menschen verletzt wurden.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das ist nicht geklärt!)

Darüber kann man natürlich reden.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Nein!)

Nur: Es gab schon mal einen amerikanischen Präsidenten, der rote Linien gezogen hat. Und was ist passiert? Es gab weitere Dutzende Giftgaseinsätze in Syrien.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Dann ist Trump besser als Obama!)

Deshalb geht es darum, dass man Menschenleben verteidigt, wo die Möglichkeiten bestehen. Deshalb sage ich ganz offen: Ich finde, dieser Einsatz der Amerikaner, Franzosen und Briten war angemessen, erforderlich und notwendig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und er war deshalb verhältnismäßig – das will ich Ihnen auch sagen; einer meiner Vorredner ist darauf eingegangen –, weil es keine Toten gab und er örtlich und zeitlich begrenzt war. Das waren Angriffe auf Einrichtungen, Kommandozentralen, Lager, Forschungseinrichtungen. Das ist etwas völlig anderes. Damit konnten Menschenleben gerettet werden. Genau darum geht es.

Ich glaube – das will ich an dieser Stelle sagen –, dass man natürlich auch rechtsmissbräuchlich unterwegs sein kann. Hier geht es darum, auf eine ganz konkrete Anforderung ganz konkrete Antworten zu liefern. Genau das ist passiert, und das kann man nicht wegreden. Deshalb, glaube ich, ist es auch notwendig, das klar zu benennen. Auch ich weiß, dass man am Ende Realitäten beachten muss, wenn man zu nachhaltigen und stabilen Lösungen kommen will. Aber klar ist, dass das Assad-Regime dies nicht tun konnte, ohne die politische und militärische Unterstützung von Iran und Russland.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Woher wissen Sie das? Liegen Ihnen die Ergebnisse vor?)

Mehr als zehnmal hat sich Russland im Sicherheitsrat vor Assad gestellt. Assad wäre militärisch längst erledigt gewesen – er hat mehr als die Hälfte seines Militärs durch Tote und Fahnenflucht verloren –, wenn er nicht die Unterstützung von Russland und Iran gehabt hätte.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Diese klaren Verantwortlichkeiten muss man auch benennen. Das gehört zur Wahrheit dazu, und das verleugnen Sie mit Ihrer Argumentation.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen ist aus meiner Sicht vollkommen klar: Wir brauchen eine Vereinigung der bisherigen Verhandlungsprozesse. Aber wir brauchen auch klare Bedingungen, die sicherstellen, dass das Zündeln, das Provozieren in der Region ein Ende haben muss. Dafür müssen wir die Voraussetzungen schaffen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Frei, gestatten Sie noch eine Zwischenbemerkung der Kollegin Nastic von der Linken? Sie hatte sich rechtzeitig gemeldet.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja!)

Bitte sehr.

Zaklin Nastic (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Frei. Ihre sehr leidenschaftliche Rede würde ich hier gerne auch einmal zu dem völkerrechtswidrigen Angriff in Afrin im Norden Syriens mit all den Vorverurteilungen gegenüber der Türkei hören. Mir haben gerade letzte Woche Mütter, Väter, Brüder, Schwestern erzählt, wie die Türkei zusammen mit Angehörigen der Al-Nusra-Front in Afrin eingefallen ist, wie sie mit Flugzeugen brutalst ganze Dörfer bombardieren, mit Waffen und deutschen Panzern dort einfallen, Hunderte von Zivilisten ermorden, die radikale Scharia einführen. Wird Ihre Regierung dann endlich die Einhaltung des Völkerrechts auch von der Türkei einfordern und vor allen Dingen Erdogan vor den Internationalen Strafgerichtshof stellen?

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Wollen Sie entgegnen?

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Ja.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Bitte.

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Frau Kollegin Nastic, wir hatten hier im Parlament auch eine Debatte über den Einmarsch der Türkei in Afrin. Auch ich hatte die Gelegenheit, für unsere Fraktion dazu zu sprechen, und ich habe dort genau wie alle anderen Redner deutlich formuliert, dass dieser Einmarsch der Türkei in Afrin völkerrechtswidrig ist.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das sagen Sie mal Ihrer Regierung! Das sagen Sie mal Ihrer Kanzlerin!)

An dieser Feststellung gibt es nichts zu deuteln. Deswegen ist unsere Position hier auch sonnenklar.

(Beifall bei der CDU/CSU)