Skip to main content

Thomas Erndl: Ohne diesen Einsatz wären viele Menschen in einer noch kata­strophaleren Lage

Rede zum Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon von meinen Vorrednern gehört: Wer sich mit der Situation im Südsudan auseinandersetzt, ist geschockt. Fernab der Weltöffentlichkeit erleben wir katastrophale Zustände. Wir sprechen von Afrika, von dem Kontinent, den wir endlich als Kontinent der Chancen sehen sollten und dem wir durch fairen Handel natürlich auch Chancen bieten müssen.

Aber welche Chancen, welche Perspektiven, welche Zukunft hat eine Region, in der seit mehreren Jahrzehnten Krieg geführt wird? Welche Perspektiven hat eine Region, wenn 70 Prozent aller Kinder im Südsudan – mehr als 2 Millionen Kinder – nicht in die Schule gehen? Was soll aus einem Land werden, in dem Frauen und Kinder systematisch unterdrückt werden? Was soll aus einem Land werden, wenn nur ein Viertel der Frauen lesen und schreiben kann? Und was soll aus einem Land werden, in dem mehr als 20 Prozent aller Mädchen, die eine Schule besuchen, die Schule wegen einer Schwangerschaft vorzeitig verlassen müssen?

Sexuelle Gewalt, Vergewaltigungen und Übergriffe auf Kinder sind leider tägliches Geschehen. Jeder kann sich vorstellen, wie die Zukunft eines Landes aussieht, wenn Generationen unter solchen Bedingungen aufwachsen. Da können wir nicht einfach zuschauen. Deshalb bin ich dankbar, dass die Bundesregierung den Antrag auf Verlängerung des UNMISS-Mandats eingebracht hat.

Natürlich müssen wir uns die Fragen stellen: Was ist die Zielsetzung? Was wurde erreicht? Wie geht es weiter? Wir haben in der Debatte schon viele Fragen gehört. Leider gibt es keine befriedigenden Antworten auf all diese Fragen. Die Friedensprozesse waren bisher nicht von Erfolg gekrönt, aber es gibt Hoffnungsschimmer. Das ist, glaube ich, eine wichtige Erkenntnis, die von den Rednern der Regierung dargestellt worden ist.

Auch wenn die Zukunft ungewiss ist, wissen wir, dass ohne diesen Einsatz viele Menschen in einer noch kata­strophaleren Lage wären. Der Schutz der Zivilbevölkerung wäre nicht gegeben, humanitäre Hilfe noch schlechter möglich. Deshalb ist es richtig und notwendig, dass wir unsere Beteiligung an UNMISS unvermindert fortführen. Es freut mich, dass es dazu in diesem Hohen Hause überwiegend Zustimmung gibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, liebe Kollegin Nastic, ich weiß wirklich nicht, auf welchem Planeten Sie leben.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Ja, genau!)

Wenn Sie die humanitäre Lage kritisieren, dann müssen Sie erklären, wie Sie sie ohne sicheren Zugang verbessern wollen.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das sagen Sie seit sieben Jahren! Seit sieben Jahren!)

Ohne Sicherheit ist das auch den Organisationen, die dort humanitäre Hilfe leisten, nicht möglich. Die 28 Toten, die hier angesprochen wurden, sind doch letztendlich ein Beleg dafür, dass das ohne grundlegende Sicherheitsstrukturen nicht funktioniert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, am Beispiel von UNMISS wird auch die wichtige Rolle der Vereinten Nationen im Südsudan deutlich; sie ist hier mehrfach angesprochen worden. Gerade in Zeiten, in denen manche – auch jenseits des Atlantiks – die UNO infrage stellen, ihre Effizienz und Effektivität kritisieren, möchte ich festhalten: Wer sonst als die UNO sollte so eine Mission verantworten? Die UNO ist wichtig. Deshalb unterstützen wir diese Mission und leisten einen wichtigen Beitrag. An dieser Stelle ein großer Dank an unsere Soldatinnen und Soldaten, die hier gute Arbeit leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass es Hoffnungsschimmer gibt, ist in dieser Debatte schon dargestellt worden. Mir ist zum Schluss meiner Rede wichtig, auch das weitere Engagement Deutschlands herauszustellen. Unser Engagement umfasst in den Zuständigkeiten von Auswärtigem Amt und BMZ Maßnahmen in den Bereichen Mediation/Versöhnung, es gibt ein Rechtsstaatsprogramm, humanitäre Hilfsmaßnahmen in nicht unerheblichem Maße sowie viele Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Dies alles ist wirklich sehr wichtig, weil die Region Ostafrika weltweit mit die höchsten Zahlen an Flüchtlingen und intern Vertriebenen aufweist. Das betrifft natürlich auch uns.

Der Kontinent der Chancen darf nicht alleingelassen werden. Die Beteiligung deutscher Soldaten an UNMISS ist daher ein wichtiger Baustein. Ein weiteres Abgleiten Südsudans muss verhindert werden. Deswegen verdient die Weiterführung dieser Friedensmission unsere vollste Unterstützung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)