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Thomas Erndl: "Ein Angriff auf die Demokratie"

Rede in der Aktuellen Stunde | Strategien zur Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die schockierenden Ereignisse vom vergangenen Mittwoch waren nicht nur ein Sturm auf das Kapitol, sie waren ein Angriff auf die Demokratie, ein Angriff auf die Werte, die auch wir teilen. Es war ein Angriff, der von einem Präsidenten der USA angestachelt wurde, der den Wesenskern der Demokratie nicht verstanden hat: faire Wahlen und das Akzeptieren einer Niederlage. Das Verhalten Trumps ist abscheulich, und es ist vor allem gefährlich – gefährlich, weil es zeigt, dass nichts in Stein gemeißelt ist, auch nicht der demokratische Grundkonsens und der Respekt vor den demokratischen Institutionen, nicht in den USA und auch nicht bei uns.

Die Chaoten vom vergangenen Mittwoch sprachen selbst von einer Revolution und einem Umsturz, den sie erreichen wollten. Das führt uns vor Augen: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind nicht einfach gegeben. Wir müssen sie verteidigen, wir müssen für sie kämpfen. Demokratien müssen wehrhaft sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb ist die entscheidende Frage unserer Zeit: Wie kann die Demokratie im digitalen Zeitalter bestehen? Denn uns muss klar sein: Die größte Herausforderung ist die digitale Parallelwelt, sind Informationsblasen, in denen Politik diffamiert, Fakten geleugnet und ein Klima der Wut erzeugt werden. Das ist der Nährboden für Verschwörungstheoretiker, Querdenker, Reichsbürger und Extremisten aller Art. Und, wie wir es oft hören: Das ist alles nicht weit weg. Auch hier auf der rechten Seite wird ja immer noch geglaubt, dass Trump die Wahl ordnungsgemäß gewonnen hat, meine Damen und Herren.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Woher wollen Sie wissen, was wir glauben?)

Für die Zukunft sind drei Punkte ganz entscheidend.

Erstens müssen wir noch konsequenter gegen Hass und Hetze im Netz vorgehen. Wir brauchen auch im Internet feste Regeln, und die müssen demokratisch legitimierte Parlamente festlegen. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz sind wir in Deutschland schon jetzt Vorreiter bei der Entfernung krimineller Inhalte.

(Lachen der Abg. Joana Cotar [AfD])

Das brauchen wir jetzt in ganz Europa. Und deshalb ist es wichtig, dass wir hier den Digital Services Act und den Digital Markets Act voranbringen. Wir müssen hier weltweit Standards setzen – unsere Standards, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, tolle Standards haben Sie! – Weiterer Zuruf von der AfD: Meinen Sie damit Markus Söder?)

Wir als CSU fordern darüber hinaus, dass im Verfassungsschutzbericht ein eigenes Kapitel für gezielte Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen eingerichtet wird. Dann können wir besser gegen die vorgehen, die unter dem Deckmantel ihrer Freiheitsrechte in Wahrheit unsere Demokratie angreifen wollen.

Zweitens ist es notwendig, dass wir die internationale Dimension von Desinformation stärker im Blick haben. Es gibt staatliche Akteure, die gezielt Sand in unser demokratisches Getriebe streuen wollen. Sie versuchen, die Meinungsbildung unserer Öffentlichkeit zu beeinflussen. Sie wollen Stimmungen erzeugen und Zweifel an westlichen Demokratien säen.

Wir müssen zum einen die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft ausbauen und vor allem das Bewusstsein für solch gefährliche Einflussnahmen schärfen. Zum anderen müssen wir unser Land vor solchen Aktivitäten noch besser schützen, Desinformationskampagnen schneller entlarven, Maßnahmen gegen deren Verbreitung ergreifen und dann vor allem auch Fake-Accounts gezielt vom Netz nehmen. Dafür brauchen wir ein noch besseres Lagebild. Ich bin der Meinung, dass wir die dazu notwendigen Werkzeuge auf europäischer Ebene gemeinsam weiterentwickeln sollten.

Drittens müssen wir als Demokraten klare Kante gegenüber den Feinden der Demokratie zeigen: keine Annäherung, keine Zusammenarbeit! Denn das bringt Unheil. Der Republikanischen Partei ist genau das mit der Tea-Party-Bewegung passiert und nun mit den Verschwörungstheoretikern der QAnon-Bewegung. Diesen Fehler werden wir nicht machen.

Meine Damen und Herren, der Westen muss immer für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einstehen. Das können wir nach außen nur glaubwürdig vertreten, wenn wir diese Werte auch im Inneren leben. Auf jeden Einzelnen kommt es an, um den Antidemokraten, den Lügnern und den Hetzern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dann wird unsere Demokratie immer stärker sein; davon bin ich überzeugt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])