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Roderich Kiesewetter: Die Chance der Bildungspartnerschaften muss genutzt werden

Haushaltsgesetz 2018 - Auswärtiges Amt

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte zeigt, dass wir uns nicht nur mit blanken Zahlen beschäftigen. Vielmehr geht es um eine Frage grundsätzlicher Haltung; das wurde in der Debatte auch deutlich. In einer Zeit, wo die Europäische Union zunehmend durch die Überbetonung regionaler und nationaler Unterschiede unter Druck gerät, ist die Frage, wie sich unser Land hier positioniert. Stellen wir uns auf die Seite derjenigen, die für die Festung Europa stehen, die für Abschottung stehen, und gegen das, was uns über Jahrzehnte ausgezeichnet hat, Solidarität und Miteinander? Oder aber versuchen wir mit aller Kraft die internationale werteorientierte Ordnung zu erhalten? Die Kollegen Wadephul, Nouripour und auch Graf Lambsdorff haben beeindruckend darauf hingewiesen.

Ich möchte hier zwei Dinge herausstellen, die mir am Herzen liegen. In dieser Debatte spüren wir ja geradezu, dass das, was wir in Europa über Jahrzehnte geleistet haben, in erster Linie auch für Deutschland ein Vorteil war: die Römischen Verträge, die Westorientierung, die Lebenserfahrungen von Adenauer, de Gaulle und de Gasperi, die bereits vor dem Ersten Weltkrieg politische Verantwortung trugen und dann über die Jahrzehnte, in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg, berufen waren, eine europäische Ordnung aufzubauen, die Vertrauen in den Mittelpunkt gestellt hat. Da spielt es eine Rolle, dass die Vergemeinschaftung kriegswichtiger Güter wie Kohle und Stahl, insbesondere die Aufsicht darüber, wie auch die Integration von Millionen Vertriebener und von Flüchtlingen in Deutschland in den 1950er-Jahren geleistet wurden.

Es war die CDU/CSU, die über Jahrzehnte den europäischen Gedanken der Einigung über die deutsche Einheit in den Vordergrund gestellt hat und daran geglaubt hat, als andere die DDR längst behandeln wollten wie Österreich oder die Schweiz. Dann ergab sich über die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa die große Chance, über die Frage der Menschenrechte den Schlüssel dafür zu finden, wie wir die Gesellschaften, die unter der Sowjetunion litten, aufschließen konnten. Mit dem Abschluss der KSZE und den Freiheitsbewegungen in Europa gab es auch ein Hoffnungsversprechen. Dieses Hoffnungsversprechen zeitigte sich in der Charta von Paris, wo Souveränität und territoriale Unversehrtheit und zudem die Chance auf freie Bündniswahl garantiert wurden. Diese Ordnung geriet zunehmend unter Druck.

Wir als Deutsche sollten deshalb – das macht dieser Haushalt eindrucksvoll klar – eindeutig dafür werben, dass Europa, wie es heute besteht, das Freiheitsversprechen der KSZE-Grundakte umgesetzt und die Charta von Paris verwirklicht hat. Das ist das eigentliche Verdienst der letzten Jahrzehnte.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie erhalten wir diese Ordnung? Diese Ordnung erhalten wir nicht durch Abschottung oder, wie wir es vorhin hören mussten, durch irgendwelche Marineoperationen im Mittelmeer; vielmehr erhalten wir diese Ordnung, indem wir gerade in afrikanischen Staaten – Katja Leikert hat angesprochen, was aufgrund der Demografie dort auf uns zukommen wird – außer mit entwicklungspolitischen Projekten auch mit Bildungsprojekten arbeiten. Zu nutzen ist die Chance von Bildungspartnerschaften und auch von Rückführungen hier ausgebildeter Menschen. Dazu gehört auch, dass wir uns in den Bereichen, die in Afrika in Not und Sorge sind, engagieren.

Die Bundesrepublik Deutschland ist einer der Treiber internationaler Diplomatie. Ich spreche den Minsker Prozess an, in dem wir uns gegen die Aufrüstung der Ukraine durchgesetzt haben und für einen diplomatischen Prozess eingetreten sind. Ich spreche den Genfer Prozess für Frieden in Syrien an. Ich spreche auch an, was wir im nördlichen Afrika leisten und was wir in den E3+3-Verhandlungen beim Nuklearabkommen mit dem Iran eingebracht haben. Das alles reicht aber nicht mehr.

Alois Karl hat es vorhin angesprochen: Die Mittel für Krisenprävention sind deutlich erhöht worden, um über 10 Prozent, auf über 350 Millionen Euro. Unsere künftige Aufgabe muss es sein, Krisenvorsorge zu treffen und in Europa dafür zu werben, dass wir nicht zum Spielball aufstrebender Mächte werden, sondern dass wir Recht und Gesetz vertreten und dass wir auch bereit sind, das gegenüber unseren amerikanischen Verbündeten deutlich zu machen. Hierzu gehört übrigens auch das 2-Prozent-Ziel – wo manche lispeln und „Aufrüstung“ sagen; aber es ist „Ausrüstung“ gemeint –

(Widerspruch bei der LINKEN)

und eine klare Lastenteilung. Es geht darum, wie wir den Amerikanern bedeuten, dass wir in der Lage sind, unsere Verantwortung in unserer Region wahrzunehmen. Dazu dient das 2-Prozent-Ziel. Es ist ein Baustein der Vorsorge.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da ich nicht dazu neige, zu überziehen, ist einfach mein Schlussappell: Lasst uns die Frage der militärischen Unterstützung zusammenbinden in Entwicklungszusammenarbeit und diplomatischen Anstrengungen. Nur so machen wir europäische Außen- und Sicherheitspolitik glaubwürdig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)