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Nikolas Löbel: "Wir stehen zu unserer internationalen Verpflichtung"

UN-Verbot von Atomwaffen beitreten

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hänsel, da haben Sie gerade aber wirklich ein Feuerwerk der internationalen Verantwortungslosigkeit abgefeuert. Eins muss ich Ihnen schon sagen: Wenn Sie sich als gewählter Vertreter dieses Hauses hierhinstellen und sagen, wir würden hier nicht die Flagge des Friedens, sondern die Flagge des Unrechts hissen, dann ist das etwas, was ich aus der Mitte dieses Hauses zurückweisen muss.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wollen nukleare Abrüstung; das eint uns. Aber wer nukleare Abrüstung will – das hat der Kollege Kiesewetter vorhin wunderbar erklärt –, der muss den Weg der nuklearen Teilhabe gehen, um gemeinsam mit den Atommächten dieser Welt eine internationale Sicherheitsarchitektur zu erhalten, die auch ohne Atomwaffen dauerhaften Frieden sichern kann.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn!)

Im Bündnis mit unseren NATO-Partnern ist die nukleare Teilhabe eben bisher einer der Grundpfeiler unserer strategischen Sicherheitsarchitektur. Ja, auf deutschem Boden befinden sich Atomwaffen, und, ja, sie sind auch ein Teil der Garantie für unsere Sicherheit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen wir die nukleare Teilhabe infrage oder gar in Abrede – genau das wäre das Ergebnis des von Ihnen geforderten Beitritts zum AVV –, nehmen wir uns selbst aus der Diskussion und aus der Planung unserer eigenen Sicherheit in der Zukunft. Wer sich selbst aus der Debatte herausnimmt, der darf sich nicht wundern, wenn am Ende gegen seine Interessen und damit gegen die Sicherheitsinteressen der Menschen in diesem Land entschieden wird.

Genau das meine ich, wenn ich sage: Wer nukleare Abrüstung will, der muss den Weg der nuklearen Teilhabe gehen.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die meisten haben gar keine nukleare Teilhabe!)

Wir als Union handeln sicherheitspolitisch verlässlich, und deshalb werden wir uns weiter klar dem Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag entgegenstellen. Denn wir stehen zur NATO. Wir stehen zu unserer internationalen Verpflichtung. Wir stehen für Frieden und für Sicherheit ein – eben nicht nur auf dem Papier.

Die Frage ist ja: Was bedeutet dieser Atomwaffenverbotsvertrag eigentlich im Kern? Ich finde, die „Tagesschau“ hat das vor einigen Wochen in einem Beitrag wunderbar beschrieben, indem sie die Überschrift wählte: „Symbolisches UN-Abkommen“. Damit ist der Vertrag perfekt zusammengefasst.

Der Atomwaffenverbotsvertrag wurde ohne die bestimmenden Atommächte verhandelt und beschlossen. Er enthält keine Verifikation und Kontrollmechanismen und wird international nicht von den Staaten getragen, die im Fokus der nuklearen Abrüstungsbemühungen stehen.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Artikel 3 des Vertrags! Lesen hilft!)

Das Gleichnis des Blinden, der über die Farbenlehre spricht, spare ich mir an dieser Stelle lieber.

Ungeklärt ist außerdem die Frage des Einflusses des Vertrages auf den NVV, auf den Nichtverbreitungsvertrag; das wurde schon mehrfach erwähnt. Eine Schwächung des NVV ist auf alle Fälle nicht in unserem Sinne.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hä? – Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Wie oft wollt ihr das Märchen noch wiederholen?)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Bekommen Sie jetzt bitte keinen Herzinfarkt hier!

(Henning Otte [CDU/CSU]: Mein Gott! Schreihals!)

Nikolas Löbel (CDU/CSU):

Wir führen die Debatte ordentlich zu Ende. Aber das macht eben auch den politischen Unterschied, ob man sachlich in der Mitte diskutiert oder ob andere eine Debatte emotional anheizen. Das ist das Einzige, was Sie mit dieser Debatte heute überhaupt erreichen wollen.

Hier ist unsere Position zu dem Thema ganz klar: Nur mit einem starken transnationalen und transatlantischen Partner und gemeinsam im Dialog mit Russland können wir hier weitere Schritte erzielen. Das erste Telefonat zwischen dem neuen US-Präsidenten Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat uns da ja etwas Hoffnung gegeben; denn sie sind schnell zu einer Einigung zur Fortsetzung des New-START-Vertrages gekommen.

Ein Werkzeug zur Deckelung von nuklearen Arsenalen steht also kurz vor seiner fünfjährigen Verlängerung. Diese Verlängerung gibt uns ein neues Zeitfenster, und dieses Zeitfenster müssen wir nutzen, auch als Deutschland, um uns weiter engagiert und konstruktiv in diese Debatte einzubringen.

Der Beitritt zum AVV wäre dabei das falsche Signal. Wir würden damit unsere internationalen Partner brüskieren, unsere Verhandlungsposition schwächen, und wir würden uns einfach nur selbst moralisch über die anderen stellen, ohne in der Sache auch nur irgendetwas zu verändern. Das ist nicht unser Weg einer Politik der Verantwortung aus der Mitte. Deswegen lehnen wir diesen Antrag heute ab.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Der Antrag kommt beim nächsten Mal! Das ist eine Aktuelle Stunde! – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Aber danke!)